Atomisierung
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Atomisierung (von gr. átomon "Unteilbares", "kleinstes Teilchen") ist die Zerlegung eines Ganzen in unverbundene Einzelteile.
In der Soziologie bezeichnet Atomisierung das in modernen Gesellschaften beobachtbare Zurücktreten langfristiger Bindungen in Ehe und Familie, Freundeskreis, Nachbarschaft /Dorfgemeinschaft, Berufsstand, Verein und kulturellem Milieu zugunsten einer mobilen, jederzeit verfügbaren Lebensform des Einzelnen. Dem vermeintlichen Freiheitsgewinn steht dabei subjektiv ein Verlust an Geborgenheit und Sinnerfahrung gegenüber.
Kapitalismuskritiker sehen in dieser Entwicklung die genaue Entsprechung zur Forderung des Marktes nach uneingeschränkter Austauschbarkeit und Verrechenbarkeit der einzelnen Handelsgüter.
Andererseits ist gerade die Werbung oft erfolgreich bei dem Bestreben, langfristige Bindungen ("Treue") des Verbrauchers zu einem Produkt, einer Marke zu erzeugen.
Bei der Medienwirkungsforschung über Fernsehserien stießen die Wissenschaftler und Journalisten auf das Phänomen, dass bestimmte zur Identifizierung einladende "Serienhelden" von einer großen Anzahl von Zuschauern regelrecht in die eigene, z.T. nicht (mehr) vorhandene Familie als dauerhafte Mitglieder "adoptiert" worden waren. Das führte gelegentlich zu massenweisem Einsenden von handgestrickten Wollsocken für innerhalb des Soap opera-Verlaufs erkältete Darsteller, weil diese Figuren als reale Menschen phantasiert wurden. Psychologen führen diesen partiellen Realitätsverlust auf die Lebensbedingungen der (groß-)städtischen Anonymität und der teilweise mediumkonsumbedingten Vereinzelung und Vereinsamung nicht nur älterer Menschen zurück.
[Bearbeiten] Literatur
- David Riesman: "Die einsame Masse". 195x
- Herbert Marcuse: "Der eindimensionale Mensch". 196x
- Richard Sennett: "Der flexible Mensch". 1998
Siehe auch: Entfremdung, Dispersität, Massenmedium