Engerling (Band)
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Engerling ist eine Berliner Bluesrockband. Sie war neben Freygang, Monokel, Diestelmann oder Jürgen Kerth fester Bestandteil der DDR-Bluesszene. Gegründet wurde sie 1975 von Wolfram Bodag in Ost-Berlin als Engerling Blues Band.
Eine „reine“ Bluesband waren die Engerlinge nie. Zu den Höhepunkten der Bandgeschichte gehören das Konzert „30 Jahre Engerling“ am 16. April 2005 im Kesselhaus und die gemeinsamen Auftritte mit dem US-Amerikaner Mitch Ryder.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Aktuelle Besetzung
- Wolfram Boddi Bodag (Keyboards, Gesang)
- Heiner Witte (Gitarre)
- Manne Pokrandt (Bassgitarre)
- Hannes Schulze (Schlagzeug)
[Bearbeiten] Geschichte
Engerling wurde 1975 als Amateurband von Wolfram Bodag in Ost-Berlin gegründet. Sie begann in folgender Besetzung:
- Wolfram Bodag (Gesang, Keyboards, Mundharmonika)
- Rainer Lollo Lojewski (Schlagzeug)
- Heiner Witte (Gitarre)
- Erhard Klauschenz (Bassgitarre)
- Reiner Greger (Violine, Gesang)
- Peter Brandl (Mundharmonika, Gesang)
Alle Mitglieder spielten vor Gründung der Band in verschiedenen anderen Amateurbands wie mobil, medoc und Pardon. Während Wolfram Bodag und Heiner Witte eine Ausbildung an der Musikschule in Berlin-Friedrichshain absolvierten, waren alle anderen Bandmitglieder Autodidakten. Der Bandname Engerling wurde ohne tieferen Bezug gewählt und entspricht eher dem urwüchsigen Charakter der Band. Diesem Stil ist die Band bis heute treu geblieben. Sie ist alles andere als eine „Star“-Band. Sie kam von Anfang an ohne aufwendige Bühnenshow und Promotion aus und tat wenig dieses Image zu verändern. Sicherlich ist das ein Grund dafür, dass ihre Titel kaum in Hitparaden zu finden waren. Ein begeistertertes Publikum unter der DDR-Jugend hatten die „Engerlinge“ dennoch. Nach dem Ausstieg von Erhard Klauschenz aus der Band übernahm Mischa Arnold den Bass. Fortan wechselte die Bandbesetzung um Wolfram Bodag und Heiner Witte mehrfach.
1977 erschienen mit den Singles Da hilft kein Jammern/Der Zug oder Die weiße Ziege und Schwester Bessies Boogie/Mama Wilson die ersten Plattenaufnahmen bei Amiga (VEB Deutsche Schallplatten Berlin). 1979 folgte dann die erste Langspielplatte, die sich über 100.000 Mal verkaufte.
[Bearbeiten] Charakteristik
Von Beginn an hat sich Engerling dem Blues verschrieben. Doch Blues bedeutet für die Band kein starres Schema, sondern lebendiges Musizieren unter Nutzung bewährter Bluestraditionen und der Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Blues- und Rockpersönlichkeiten. Ihre musikalische Konzeption bedeutet: geradlinige, urwüchsige Blues- und Boogiemusik. Dieser Engerling-Stil ist in der Musik und den Texten deutlich zu spüren. Besonders typisch dafür ist, das aus der Anfangszeit stammende, fiktive Gespräch mit der Mutter des 1970 ums Leben gekommenen Alan Wilson, der als Mitbegründer der US-amerikanischen Bluesrockband Canned Heat gilt (Mama Wilson). Die Auseinandersetzung der Band mit aktuellen Strömungen der Blues- und Rockmusik kommt bei Liveauftritten, beispielsweise Engerling spielt Stones, zum Ausdruck.
Der Song Aint nobody white can sing the blues von Mitch Ryder ist seit Jahren fester Bestandteil des Engerling-Repertoires. Die Band begleitete Mitch Ryder von 1994 bis 2006 auf seinen Tourneen durch Deutschland, der Schweiz, Österreich, Belgien, Frankreich und Spanien und war an CD-Produktionen des US-Amerikaners beteiligt.
[Bearbeiten] Wolfram Bodag
Wolfram Boddi Bodag ist der Kopf der Band. Er ist Komponist, Textautor, Musiker und Sänger. Geboren wurde er am 3. Mai 1950 in Bad Freienwalde bei Berlin. Im Gegensatz zu einigen Musikern, die den Blues erst entdeckten, als er „in“ war, hat sich Wolfram Bodag schon frühzeitig dem Blues verschrieben. Bereits als 16-jähriger spielte er bei den Blues Fashion. Zwischenzeitlich wandte er sich jedoch dem Radsport zu. Diese Neigung verarbeitete er später in den Engerling-Songs Sechs Tage auf dem Rad, Tommy Simpson oder Radlers Leid. Erst während der Ableistung seines Wehrdienstes fand er zur Musik zurück und schloss sich im Anschluss daran der Band mobil an.
Gemeinsam mit Rainer Lojewski gründete er später die Bluesband Pardon, die jedoch bereits 1973 wieder zerbrach. Ende 1974 sammelte Wolfram Bodag Gleichgesinnte um sich und gründete 1975 die Engerling Blues Band.
Neben der Musik hinterlassen vor allem Bodags Texte einen besonderen, tiefen Eindruck beim Zuhörer. Wolfram Bodag greift auf Selbsterlebtes und -gehörtes aus seiner Umgebung zurück und verarbeitet diese Eindrücke symbolhaft in dichterischer Form. Beispielhaft dafür ist der Blues vom Roten Hahn aus den Anfangszeiten von Engerling. Realer Anlass war ein Brand im Ost-Berliner Erich-Franz-Klub, dem Domizil der Bluesszene. Bodag beschreibt den Wiederaufbau, die Solidarität der Bluesmusiker und berichtet über reale, aber auch fiktive Konzerte (von Willie Dixon und John Lee Hooker), deren Einnahmen zum Wiederaufbau beitragen:
- Hier habt ihr die Moneten. Legt sie gut an, fangt an aufzubaun, und laßt euch nicht noch mal vom Roten Hahn dort unterm Dach den alten Blues versau'n.
In Titeln wie Legoland und Zinker verarbeitet Wolfram Bodag in ähnlicher Weise seine Wende- bzw. Nachwendeeindrücke:
- Wir sind nicht die Sieger. Doch wir waren gut. Fast war'n wir Überflieger. Wenn ich dran denke, dann packt mich die Wut.
[Bearbeiten] Diskografie
[Bearbeiten] Engerling
[Bearbeiten] Singles
- Da hilft kein Jammern/Der Zug oder Die weiße Ziege (1977)
- Schwester Bessies Boogie/Mama Wilson (1977)
- Knüppel aus dem Sack/Nachtliedchen (1980)
[Bearbeiten] LPs
- Engerling Blues (1978)
- Tagtraum (1981)
[Bearbeiten] CDs
- So oder so (1989/1997)
- Legoland
- Amiga Doppelpack (1994)
- Engerling live (1994)
- KOMM VOR (1997)
- Engerling spielt Stones (1989)
- 25 Jahre Engerling (2000)
- Die Original-Alben (2005)
[Bearbeiten] Mitch Ryder & Engerling
[Bearbeiten] CDs
- RITE OF PASSAGE (1994)
- THE OLD MAN SPRINGS A BONER (live 2002)
- A DARK CAUCASIAN BLUE (2004)
- THE ACQUITTED IDIOT (2006)
[Bearbeiten] DVD und Video
- Live in Berlin Franzclub (1994)
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Wieland Ziegenrücker, In: Melodie & Rhythmus. Berlin 1979,9, S.?. ISSN 0025-9004
- Bernd Esche, In: Melodie & Rhythmus. Berlin 1979,10, S.?. ISSN 0025-9004
- Michael Rauhut, Thomas Kochan: Bye, Bye, Lübben City. Bluesfreaks, Tramps und Hippies in der DDR. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-602-X