Ester
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Ester bilden eine Stoffgruppe organischer Verbindungen, die formal oder tatsächlich durch die Reaktion einer Säure und eines Alkohols unter Abspaltung von Wasser (eine Kondensationsreaktion) entstehen. Es gibt Ester von organischen Säuren (z. B. Carbonsäuren, Sulfonsäuren) und solche von anorganischen Säuren (z. B. Phosphorsäure, Borsäure).
Etymologisch leitet sich die Bezeichnung Ester von Essig-Äther ab, ein historischer Name für das Ethylacetat. Im Gegensatz zu Essigsäure ist Ethylacetat nur wenig mit Wasser mischbar und seine Dämpfe wirken betäubend, ähnlich denen von "Äther" (Diethylether). Diese Ähnlichkeit sollte sich im Namen Essigäther (ein Äther-artiger Stoff aus Essig) widerspiegeln.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Carbonsäureester
Ihre funktionelle Gruppe ist die Estergruppe -COOR.
[Bearbeiten] Nomenklatur und Strukturerklärung
Der abgebildete Ester heißt Essigsäureethylester oder Ethylacetat. Der systematische Name dieses Esters ist Ethylethanoat und wird nach dem Prinzip "Rest des Alkohols (= Ethyl) + Grundkörper der Säure (= Ethan) + oat" gebildet. In der folgenden Tabelle werden einige Ester der Essigsäure dargestellt. Neben dieser Säure gibt es eine Vielzahl weiterer Carbonsäuren, aus denen Ester aufgebaut sein können. -> Wachse können aus einer langkettigen Säure, wie Palmitinsäure und langkettigen Alkoholen aufgebaut sein.
Ein Sonderfall der Ester sind die -> Lactone. Hier befinden sich der Alkohol- und Säureteil zur Bildung des Esters in einem einzigen Molekül. Neben den bisher beschriebenen Monoestern sind besonders die Ester des Alkohols Glycerin wichtig, der über drei -OH Gruppen verfügt. Mit den natürlichen Fettsäuren bildet Glycerin die -> Fette und Öle wie z.B. das Sonnenblumenöl. Trägt der Alkohol zwei -OH Gruppen und die Carbonsäure zwei -COOH Gruppen, können diese eine lange Kette bilden, bei denen die Säure und der Alkohol sich abwechseln. Man nennt diese Polymere -> Polyester. Bekanntes Beispiel für einen solchen Kunststoff ist das PET. Andere Polymere, wie z.B. Zellulose, die viele -OH Gruppen tragen, lassen sich durch Acetate zu Celluloseacetaten umsetzen. Das Material hat nun veränderte physikalischen Eigenschaften und kann unter anderem als Textilfaser verwendet werden.
Säure | Alkohol | Ester |
---|---|---|
einfache Carbonsäureester am Beispiel der Essigsäure | ||
Essigsäure |
Methanol |
Essigsäuremethylester |
Ethanol |
Essigsäureethylester | |
Butanol |
Essigsäurebutylester | |
Lactone: innere Carbonsäureester | ||
4-Hydroxybutansäure |
γ-Butyrolacton | |
Fette und Öle | ||
als Beispiel: Hexansäure (allg.: -> Fettsäuren) |
Glycerin |
Triglyceride |
Polyester: z.B. PET | ||
Terephthalsäure |
Glycol |
Polyethylenterephthalat |
[Bearbeiten] Physikalische Eigenschaften
Carbonsäureester weisen durch ihre sauerstoffhaltige funktionelle Gruppe eine gewisse Polarität auf. Da ihnen der Wasserstoff einer Carbonsäure fehlt, reagieren sie neutral, also nicht als Säure. Ihre Siedepunkte liegen im Vergleich zu freien Alkoholen oder Carbonsäuren von vergleichbarer molarer Masse wesentlich niedriger.
Die jeweilige, meist geringe Wasserlöslichkeit von Estern ist auf Wechselwirkung des polaren Carbonyl-Sauerstoffs im Ester mit dem polaren Wasserstoff im Wasser zurückzuführen, welche eine Wasserstoffbrücke bilden. Dieser Effekt ist vor allem bei niederen Alkansäurealkylestern merklich, mit steigender Molekülgröße wird die Wasserlöslichkeit geringer, da die Wirkung des polaren Sauerstoffs im Verhältnis zu den unpolaren Alkylresten immer weniger Wirkung zeigt. Die meisten Ester sind also hydrophob. Ein Ester mit kleiner Molekülgröße ist der in der obigen Tabelle gezeigte Essigsäuremethylester. In einem Liter Wasser lösen sich 250 g dieses Esters. Der etwas größere Essigsäureethylester hat nur noch eine Löslichheit von 80 g/l. Essigsäurebutylester ist bereits fast unlöslich in Wasser.
[Bearbeiten] Reaktionen
[Bearbeiten] Synthese
Aus Alkohol und Carbonsäure (verbessert durch Säure als Katalysator und den Abtransport des entstehenden Wassers aus dem Reaktionsgemisch durch azeotrope Destillation oder Einsatz eines Molekularsiebs) entsteht durch -> Veresterung ein Carbonsäureester.
Neben der Umsetzung der Carbonsäure führen auch Reaktionen der entsprechenden Carbonsäureanhydride und Carbonsäurechloride zu Estern. Eine weitere, technisch bedeutende Reaktion ist die Umesterung, der Austausch eines Alkohols im Ester gegen einen anderen. Dies wird beispielsweise eingesetzt, um aus Rapsöl (Glycerinester von langkettigen Fettsäuren) Biodiesel (Rapsölmethylester) herzustellen.
[Bearbeiten] Esterspaltung
Ester können gespalten werden. Dabei entstehen Alkohol und Carbonsäure. Für die Reaktion werden meist Basen eingesetzt. Die Reaktion nennt man -> Verseifung. Sie ermöglichen eine quantitative (= vollständige) Esterspaltung, da einersetis die Reaktion nach einem Additions-Eliminierungs-Mechanismus verläuft, aber auch als Spaltprodukte ein Alkohol und das sehr stabile Carboxylat-Ion entstehen.
Die oben unter Synthese genannte -> Veresterung ist eine Gleichgewichtsreaktion. Diese Reaktion kann deswegen auch als saure Esterspaltung aufgefasst werden. Dabei werden Ester hydrolysiert, also durch Wasser gespalten. Die Reaktion wird durch den Einsatz einer starken Säure als Katalysator erleichtert.
[Bearbeiten] Säureteil versus Alkoholteil
Wie abgebildet, stammt bei der (oft üblichen) Bildung des Esters aus Carbonsäure und Alkohol der blau dargestellte Teil des Esters aus dem Alkohol (hier: Ethanol) und der rot dargestellte Teil aus der Carbonsäure (hier: Essigsäure). Eine Ausnahme ist die Bildung der Ester aus Salzen der Carbonsäure (Carboxylaten) und Alkylierungsmitteln; hierbei stammt der im Bild blau dargestellte Sauerstoff aus der Carbonsäure.
Bei der Spaltung von Estern (sowohl sauer als auch basisch katalysierbar) enthält der dabei gebildete Alkohol den im Bild blau dargestellten Sauerstoff. Auch hier gibt es eine Ausnahme, nämlich die sauer katalysierte Spaltung von Estern tertiärer Alkohole, bei denen aus dem Alkohol-Teil ein Alken gebildet wird (E1-Reaktion).
Der Verbleib des o. g. Sauerstoffatoms bei Esterbildung bzw. -spaltung ist durch Markierungsexperimente belegbar; somit können auch die betreffenden mechanistischen Schritte bewiesen werden.
[Bearbeiten] Phosphorsäureester
→Phosphorsäureester sind Ester der ortho-Phosphorsäure, die formal oder tatsächlich durch die Reaktion der Säure und Alkoholen unter Abspaltung von Wasser entstehen. Nukleinsäuren sind (als Teil ihrer Struktur) Ester der Phosphorsäure mit der Alkoholfunktion von Zuckern (z. B. Ribose oder Desoxyribose). Unter den Estern der Phosphorsäure und ihren Derivaten sind Verbindungen als potente Insektengifte bekannt (z. B. E605). Unter den Derivaten finden sich auch hochtoxische Chemische Kampfstoffe, wie beispielsweise Sarin, Tabun und Soman.
[Bearbeiten] Schwefelsäureester
Schwefelsäureester sind Ester der Schwefelsäure. Sie sind in der Natur breit vertreten. (Beispiel: Carrageen; Bestandteil der Hirnsubstanz, die sog. Sulfatide). Alkylsulfate, häufig bezeichnet als Fettalkoholsulfate finden Verwendung in kosmetischen Produkten als anionische Tenside. (Beispiel: Natriumlaurylsulfat). Dimethylsulfat und Diethylsulfat sind kraftvolle Reagenzien in der Chemie, um Methyl- oder Ethylgruppen auf andere Moleküle zu übertragen, sind aber karzinogen.
[Bearbeiten] Besondere Ester
Es gibt sogar Ester von Säuren, die als freie Säuren instabil sind und nur als Derivate existieren können (z. B. Orthokohlensäureester). Auf der anderen Seite kommt es auch vor, dass die Alkoholkomponente eines Esters als freie Verbindung nicht existiert, da sie sich umlagern würde, und nur durch die Esterverbindung mit einer Säure stabilisiert wird (z. B. Vinylacetat).
[Bearbeiten] Beispiele für Ester einiger weiterer Säuren
- Sulfonsäureester, die sogenannten Sulfonate
- Glycerintrinitrat (Sprengstoff Nitroglycerin)
- Borsäuremethylester (Nachweis von Bor durch grüne Flammenfärbung)
- Kieselsäureester
[Bearbeiten] Verwendung und Vorkommen
- Bienenwachs besteht hauptsächlich aus Estern des Myrcylalkohols (C30H61OH) z.B. Palmitinsäuremyricylester (CH3 − (CH2)14 − (CO)O − (CH2)13 − CH3).
- Weiterhin sind Fette Ester aus Glycerol und Fettsäuren.
- Ester können auch als Aromastoffe wirken. Man nennt sie auch Fruchtester. Ethansäure-2-butylester (CH3COOC4H9) z.B. riecht nach Apfel, Ethansäure-2-methyl-1-propylester (CH3COOCOOC3H7) nach Banane, Ethansäure-2-hexylester (CH3COOC6H13) nach Erdbeere.
- Aus dem Celluloseester Cellulosenitrat (RCO − NO2) stellt man heute Tischtennisbälle her.
- Ein weiterer Kunststoffester ist PET (PolyEthylenTerephtalat), welches zur Herstellung von Lebensmittelverpackungen benutzt wird. Weiterhin ist Polyester weithin bekannt.
- Ester finden aber auch in Weichmachern Verwendung. Ein Beispiel hierfür wären Ester der Alkylsulfonsäure Mesamoll und der Phthalsäureester Diethylhexylphthalat (C24H38O4) Weichmacher für PVC.
- Ferner finden Ester in der Medizin Verwendung: Ethylnitrit (CH3 − CH2 − O − N = O) ist ein harntreibendes und fiebersenkendes Mittel. Amylnitrit ((CH3)2CHCH2CH2 − O − N = O) wirkt krampflösend bei Asthma und bei epileptischen Anfällen.
- Ester kann man aber auch als Insektizid verwenden, z.B. Phosphorsäureester. Dazu gehören Parathion (C10H14NO5PS) und Dichlorvos (C4H7Cl2O4P).
- Schwefelsäureester, genauer Fettalkoholsulfate, wie z.B. Natriumlaurylsulfat werden als Tenside in Kosmetika verwendet.
- Als Sprengstoff kann Glycerintrinitrat (O2NO − H2C − CH(ONO2) − CH2 − ONO2) verwendet werden.
- Manche militärische Kampfstoffe sind Ester. Tabun (Dimethylphosphoramidocyansäureethylester) (C5H11N2O2P2), Soman Methylphosphonofluoric acid) (C7H16FO2P), Sarin (Methylfluorphosphonsäureisopropylester) (CH3P(O)(F)OCH(CH3)2) sind solche Ester.
- Phorbolester sind im Saft von Wolfsmilchgewächsen enthalten und können neben ausgeprägten Hautverätzungen und Gastroenteritiden auch maligne Tumore auslösen. Die karzinogene, also krebsfördernde Wirkung scheint durch Stimulation der Proteinkinase C zustande zu kommen, die das Wachstumsverhalten der Krebszellen modifiziert.