Glykolwein-Skandal
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Glykolwein-Skandal sorgte im Jahr 1985 für eine Erschütterung der gesamten Weinwelt, als bekannt wurde, dass einige österreichische Winzer ihrem Wein verbotenerweise Diethylenglykol beimischten.
Es kam zum Skandal, als ein Winzer auffällig große Mengen von Frostschutzmittel steuerlich geltend machen wollte und man bei der Behörde Nachforschungen anstellte. Vor allem in Österreich und auch in Deutschland wurde von einzelnen Winzern gepanschter "Qualitätswein" produziert. Als Süßungsmittel und Geschmacksverstärker verwendeten sie Diethylenglykol (glycos = griech. süß), das sonst als Feuchthaltemittel dient. Der Wein schmeckte dadurch viel süßer, aber auch ätherischer, was den Aromastoffen sehr zu Gute kam. Gleichzeitig wurden aber auch die Zucker-Tests (Wein-Doping) nicht beeinflusst, mit denen die Winzerverbände kontrollieren, ob aus den Trauben des jeweiligen Jahres bei bekanntem Zuckergehalt auch eine Alkohol/Zucker-Proportion überhaupt ohne das Hinzufügen von Zucker/Säure/Weinbrand möglich ist. Das Nach-Säuern/Zucker/Spritten ist bei Qualitätswein verboten. Im Burgenland wurden vier Weinbauern festgenommen, wobei zwei in Gerichtsverfahren zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Doch den meisten Glykolwein produzierten die Winzer am Wagram, wo auch einer der Hauptbeteiligten, der Chemiker Otto Nadrasky, beratend zur Seite stand. Karl Grill, der Inhaber der Firma Gebrüder Grill, nahm sich nach seiner Verurteilung das Leben. Als Nebeneffekt dieses Skandals kam heraus, dass renommierte deutsche Wein-Abfüller aus Rheinland-Pfalz im großen Stil deutschen Wein mit österreichischem (Glykol-)Wein verpanscht haben. Auf der "Giftliste" stehen 75 deutsche Weine, darunter auch Weine der Weinkellerei Pieroth.
Diethylenglykol ist wesentlich weniger toxisch, als das in Kühlerfrostschutzmittel verwendete Monoethylenglykol. In der im Wein nachgewiesenen Konzentration kann Diethylenglykol Leber, Niere und Gehirn langfristig kaum schädigen. Ein gesunder Mensch wäre selbst bei reichlichem Weingenuss nicht unmittelbar vergiftet worden, so die Verteidigung; beim Herstellen von Weinbrand reichert sich Glykol jedoch in der Branntweinfraktion an, bis unmittelbar toxische Konzentrationen erreicht werden.
[Bearbeiten] Folgen
Die Tatsache der Weinpanscherei wurde in den österreichischen Medien sehr stark skandalisiert. In der Folge kam der österreichische Weinexport fast zum Erliegen. Millionen von Flaschen mussten vom Markt genommen werden. Es wurden beispielsweise in Belgien alle österreichischen Weine verboten und in Deutschland vier Millionen Liter Wein beschlagnahmt.
Das Wort "Glykol" wurde 1985 zum Wort des Jahres.
Der Glykolwein-Skandal sorgte dafür, dass sich Weingesetze und Qualitätsdenken völlig veränderten, und führte in Österreich zu einem der strengsten Weingesetze der Welt. Jeder Wein wird seither streng kontrolliert und jede Flasche muss mit einer staatlichen Banderole gekennzeichnet werden.
Im Schock des Weinskandals wurden zahlreiche Image-Kampagnen gestartet; gleichzeitig bewirkte der Weinskandal einen großen Qualitätsschub für den österreichischen Weinbau, so dass Österreich heute zu einer der führenden Nationen der Qualitätsweinproduktion wurde, was bei den verschiedensten Weinmessen weltweit durch Auszeichnungen laufend bestätigt wird.