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Irmgard Keun

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Irmgard Keun (* 6. Februar 1905 in Berlin; † 5. Mai 1982 in Köln) war eine deutsche Schriftstellerin.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Biografie

Irmgard Keun wurde am 6. Februar 1905 in Berlin-Charlottenburg geboren. Mit den Eltern, dem Kaufmann Eduard Keun und Elsa Charlotte Keun, geborene Haese, und dem 1910 geborenen Bruder Gerd verbrachte sie ihre Kindheit zunächst in Berlin, bis die Familie 1913 nach Köln übersiedelte. Nach dem Abschluss einer evangelischen Mädchenschule 1921 zunächst Besuch einer Handelsschule im Harz, anschließend Privatunterricht in Steno und Schreibmaschine in einer Berlitz School. Danach berufstätig als Stenotypistin. Von 1925-27 besuchte Keun die Schauspielschule in Köln. Es folgten Engagements u.a. in Greifswald und Hamburg, allerdings mit mäßigem Erfolg. Aus diesem Grund beendete sie 1929 ihre Schauspielkarriere und begann - ermutigt von Alfred Döblin - zu schreiben. 1932 heiratete sie den Autor und Regisseur Johannes Tralow (Scheidung 1937). Ihr erster Roman, Gilgi - eine von uns, machte Irmgard Keun 1931 über Nacht berühmt, auch Das kunstseidene Mädchen (1932) wurde sofort zum Verkaufserfolg. Gefördert wurde sie von Döblin und Kurt Tucholsky, mit dem sich allerdings eine Kontroverse entwickelte, nachdem Plagiatsvorwürfe gegen Das kunstseidene Mädchen laut geworden waren. Dieser Vorwurf wurde jedoch später vom Kläger selbst zurückgezogen.

1933/34 werden ihre Bücher beschlagnahmt und verboten. Ihr Aufnahmeantrag in die Reichsschrifttumskammer wurde 1936 endgültig abgelehnt. Keun ging ins Exil (1936-1940), zunächst nach Ostende in Belgien und später nach Holland. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Romane: Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften (1936), Nach Mitternacht (1937), D-Zug dritter Klasse (1938) und Kind aller Länder (1938). Zu ihrem Freundeskreis gehörten in diesen Jahren unter anderen Egon Erwin Kisch, Hermann Kesten, Stefan Zweig, Ernst Toller, Ernst Weiß und Heinrich Mann. Von 1936 bis 1938 hatte sie eine Liebesbeziehung mit Joseph Roth, die sich zunächst positiv auf ihre literarische Tätigkeit auswirkte. Sie arbeitete gemeinsam mit Roth, und unternahm mit ihm Reisen (Paris, Wilna, Lemberg, Warschau, Wien, Salzburg, Brüssel und Amsterdam). 1938 trennte sich Keun von Roth. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in den Niederlanden und geschützt durch Falschmeldungen über ihren Selbstmord kehrte sie 1940 nach Deutschland zurück und lebte dort bis 1945 in der Illegalität.

Nach dem Krieg versuchte Keun, verloren gegangene Kontakte wiederherzustellen, traf sich mit Döblin und begann einen jahrelangen Briefwechsel mit Hermann Kesten. Sie arbeitete als Journalistin und schrieb kleinere Texte für Hörfunk, Kabarett und Feuilletons, konnte jedoch literarisch nicht wieder Fuß fassen. Ihr Roman Ferdinand, der Mann mit dem freundlichen Herzen (1950) fand nur wenig Beachtung, auch die Bücher aus der Emigrationszeit erwiesen sich als unverkäuflich. 1951 wurde die Tochter Martina geboren, den Vater hielt Keun geheim. Ab Mitte der 1950er Jahre Freundschaft mit Heinrich Böll, mit dem sie gemeinsam einen fiktiven "Briefwechsel für die Nachwelt" publizieren wollte. Das Projekt scheiterte, da sich kein Verleger finden ließ. Ab den sechziger Jahren blieben Veröffentlichungen aus, Keun litt an Alkoholismus und verarmte. 1966 folgten schließlich Entmündigung und Einweisung in die psychiatrische Abteilung des Landeskrankenhauses Bonn, wo sie bis 1972 blieb. Danach lebte sie zurückgezogen in Bonn, und ab 1977 in einer kleinen Wohnung in der Kölner Trajanstraße. Eine Lesung in Köln und ein Porträt im "Stern" sorgten dann unerwartet für eine Wiederentdeckung von Keuns Büchern. Durch Neuauflagen verbesserte sich ab 1979 ihre finanzielle Lage. 1982 starb sie an Lungenkrebs und wurde auf dem Kölner Melaten-Friedhof beigesetzt.

Wikipedia:Quellenangaben
Quellenangaben
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Ins Reich des Phantastischen gehört Keuns letztes Projekt: Ihre Autobiografie Kein Anschluß unter dieser Nummer [sic], die sie nach dem wieder erwachten öffentlichen Interesse immer wieder ankündigte und aus der sie am Telefon seitenweise vorlas. In ihrem Nachlass fand sich davon keine Zeile. Damit schließt sich ein Kreis von Selbstinszenierungen und falschen Angaben zur Biografie, die typisch waren für Irmgard Keun: Als ihr erster Roman Gilgi erschien, machte sie sich fünf Jahre jünger, um so alt zu sein wie ihre Protagonistin. Die Keun-Biografin Hiltrud Häntschel schreibt deshalb: "Irmgard Keun hatte zur Wahrheit ihrer Lebensumstände ein ganz spezielles Verhältnis: mal aufrichtig, mal leichtsinnig, mal erfinderisch aus Sehnsucht nach Erfolg, mal phantasievoll aus Lust, unehrlich aus Not, mal verschwiegen aus Schonung."

[Bearbeiten] Zu Keuns Werk

Irmgard Keuns Schriftstellerkarriere begann mit Romanen, die satirisch und gesellschaftskritisch das Leben junger Frauen in der Endphase der Weimarer Republik schildern. Im Mittelpunkt steht ihr Bemühen um Selbstständigkeit, die Notwendigkeit, für sich selbst zu sorgen, sich nicht unterkriegen zu lassen, sondern zu überleben. Keuns Heldinnen geben sich selbstbewußt, sind schlagfertig, haben Realitätssinn und Ansprüche auf ein glückliches Leben. Was fehlt ist neben der ökonomischen auch die emotionale Eigenständigkeit. Sie bleiben abhängig von dem Geld und der Zuwendung von Männern. Irmgard Keun wurde zur wichtigen Vertreterin der "Neuen Sachlichkeit". Mit ihrem assoziativen, witzig-aggressiven Stil orientierte sie sich an der gesprochenen Sprache und am Vorbild des Kinos: "Aber ich will schreiben wie Film, denn so ist mein Leben und wird es noch mehr sein.", heißt es im Kunstseidenen Mädchen.

Tucholsky notierte 1932 nach dem Erscheinen von Gilgi, eine von uns über Irmgard Keun: "Eine schreibende Frau mit Humor, sieh mal an!" Er lobte Keuns "beste Kleinmädchen-Ironie" und meinte: "Hier ist ein Talent (...) aus dieser Frau kann einmal etwas werden."

Die Bestsellerauflagen, der naive Charme der Frauenfiguren und das von der Autorin gepflegte Image von der frischen und frechen jungen Frau, die "eine von uns" ist, ließen Keuns Bücher als reine Unterhaltung erscheinen. Erst später erkannten Kritiker die literarische Bedeutung. Zu ihrem 100. Geburtstag hieß es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: "Was die Keun aus der schon nicht mehr ganz Neuen Sachlichkeit machte, das war eine artistische Popliteratur: eine rasante Melange aus Schlager und Schreibmaschine, aus innerem Monolog, zarten Lyrismen und genau gehörter Umgangssprache, aus Werbeplakaten und Revuenummern."

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten standen Gilgi und Das kunstseidene Mädchen als "Asphaltliteratur mit antideutscher Tendenz" auf der schwarzen Liste. In ihren späteren Werken setzte sich Keun mit dem Nationalsozialismus und dem Leben im Exil auseinander, vor allem in dem Roman Nach Mitternacht. Sie beschreibt darin den Alltag in Nazi-Deutschland und zeichnet ein pessimistisches Bild von der Vergeblichkeit des Widerstandes des Einzelnen gegen die Diktatur.

Ende der 1970er Jahre wurde Irmgard Keun nach langen Jahren des Vergessens wiederentdeckt - insbesondere von der feministischen Literaturkritik.

Das kunstseidene Mädchen wurde 2003 das erste Buch für die Stadt in Köln.

[Bearbeiten] Auszeichnungen/Ehrungen/Preise

[Bearbeiten] Werke

  • Gilgi - eine von uns (1931), Roman
  • Das kunstseidene Mädchen (1932), Roman, originalgetreuer Neudruck bei Claassen 2005, ISBN 3546003799 (Rezension)
  • Das Mädchen, mit dem die Kinder nicht verkehren durften (1936), Jugendroman
  • Nach Mitternacht (1937), Roman
  • D-Zug dritter Klasse (1938), Roman
  • Kind aller Länder (1938)
  • Bilder und Gedichte aus der Emigration (1947)
  • Nur noch Frauen... (1949)
  • Ich lebe in einem wilden Wirbel. Briefe an Arnold Strauss, 1933-1947 (1988)
  • Ferdinand, der Mann mit dem freundlichen Herzen (1950), Roman
  • Scherzartikel (1951)
  • Wenn wir alle gut wären (1954), Erzählungen
  • Blühende Neurosen (1962)

[Bearbeiten] Dramatisierungen

[Bearbeiten] Bühnenfassungen

  • Das kunstseidene Mädchen. Buch: Gottfried Greiffenhagen. Regie: Volker Kühn, Darstellerin: Katherina Lange. Renaissance-Theater Berlin, seit 2003
  • Nach Mitternacht. Buch: Yaak Karsunke für die Städtischen Bühnen Osnabrück, 1982
  • Nach Mitternacht. Buch: Yaak Karsunke. Regie: Goswin Moniac, Darsteller: Monika Müller, Jörg Schröder. Frankfurt, 1988
  • Ein Engel in Berlin. Buch: Sandra Jankowski, Frank Klaffke. Ein Theaterstück nach Motiven von Irmgard Keun, inszeniert am Theater Sturmvogel, Reutlingen.

[Bearbeiten] Verfilmungen

[Bearbeiten] Bücher über Irmgard Keun

  • Heike Beutel und Anna Barbara Hagin (Hrsg.): Irmgard Keun. Zeitzeugen, Bilder und Dokumente erzählen. Emons, Köln 1995, ISBN 3-924491-48-8
  • Ingrid Marchlewitz: Irmgard Keun. Leben und Werk. Königshausen & Neumann, Würzburg 1999, ISBN 3-8260-1621-1
  • Hiltrud Häntzschel: Irmgard Keun. Rowohlt, 2001 ISBN 3499504529
  • Stefanie Arend und Ariane Martin (Hrsgg.): Irmgard Keun 1905/2005. Deutungen und Dokumente. Bielefeld (Aisthesis Vlg.) 2005, ISBN 3-89528-478-5
  • Liane Schüller: Vom Ernst der Zerstreuung. Schreibende Frauen am Ende der Weimarer Republik: Marieluise Fleißer, Irmgard Keun und Gabriele Tergit. Bielefeld (Aisthesis) 2005, ISBN 3-89528-506-4

[Bearbeiten] Weblinks


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