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Jeschiwa

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Jeschiwa (hebräisch: ישיבה, pl. Jeschiwot oder Jeschiwos; alternative Schreibweisen Yeshiva oder Yeshivah) ist eine Talmudhochschule, an der sich meist männliche Schüler dem Tora-Studium, und insbesondere dem Talmud-Studium widmen.

Man unterscheidet zwei Abschlussebenen: Jeschiwa gedola (wörtl. große Jeschiwa) sowie Jeschiwa ketana (wörtl. kleine Jeschiwa). In den USA wird der höhere Abschluss auch nach dem aramäischen Begriff Metivta oder Mesivta genannt. Eine Jeschiwa für verheiratete männliche Studenten nennt man Kollel („Versammlung“).

Traditionell wurden Frauen zum Tora-Studium nicht zugelassen, es gibt seit einigen Jahren allerdings die Möglichkeit, an modern-orthodoxen jüdischen Einrichtungen einen Jeschiwa-Abschluss zu erlangen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Vor 1800

Nach jüdischer Tradition hatte der Rabbi jeder Gemeinde das Recht, eine eigene Schülerschaft in einem Beit Midrasch („Lehrhaus“) genannten Gebäude, das sich in der Regel in der Nähe der Synagoge befand, zu unterrichten. Ihr Auskommen wurde aus dem Steueraufkommen der Gemeinde bestritten. Nach einigen Jahren konnten die Schüler entweder nach Ablegen der Smicha selbst eine Rabbinerstelle antreten oder sich einem weltlichen Beruf widmen.

Die Mischna erwähnt das Gesetz, dass sich ein Ort nur „Stadt“ nennen darf, wenn er wenigstens zehn Männern (Batlanim), der Mindestzahl für gemeinsames Beten, das Studium der Tora ermöglicht (Mischna: Traktat Megilla). Ebenfalls wurde jedes Rabbinatsgericht (Beit Din) von einer Schülerschaft, die der dreifachen Zahl der Richter selbst entsprach, begleitet (Mischna, Traktat Sanhedrin). Dies zeigt die historische Bedeutung der klassischen Jeschiwa.

Wie im Talmud vorgeschrieben, widmete sich jeder Erwachsene in der Regel zwei Monate vor der Ernte (Elul und Adar) dem Studium der Tora.

[Bearbeiten] Chaim Volozhin

Organisierte Torahstudien wurden vor allem von Rabbi Chaim Volozhin, einem Schüler des Gaons von Wilna, entwickelt. Seiner Ansicht nach genügte die bisherige Form des Studiums nicht den Bedürfnissen nach einem intensiveren Studium.

Mit Unterstützung des Lehrers, Reb Chaim, versammelte sich eine Vielzahl interessierter Schüler und begann Ende des 18. Jahrhunderts eine Jeschiwa im heute weißrussischen Volozhin in der Woblast Minsk. Obwohl diese Einrichtung 60 Jahre später von der russischen Regierung geschlossen wurde, eröffneten einige weitere in anderen Städten, die bekanntesten Ponovezh, Mir, Brisk und Telz (jiddische Namen). Viele heutige Schulen in den USA und Israel sehen sich als deren Nachfolger und tragen den jeweiligen Namen.

[Bearbeiten] Formen der Jeschiwot

Es gibt vier Formen der Jeschiwot:

  1. Jeschiwa Ketana („kleine Jeschiwa“) – auch Cheder genannt, nur grundlegend und ohne säkulare Inhalte
  2. Yeshiva High School – auch Mesivta oder Mechina, vereint jüdisch-orthodoxe Erziehung mit einem säkularen High-School-Abschluss (entspricht in etwa dem deutschen Abitur). Dieser duale Lehrplan stammt ursprünglich von der "Manhattan Talmudical Academy of Yeshiva University" (auch bekannt als Marsha Stern Talmudical Academy) aus dem Jahre 1916.
  3. Beit Midrasch – ein weiterführender Studiengang für jene, die die High School abgeschlossen haben, Ausbildungsdauer ein bis mehrere Jahre.
  4. Kollel – Jeschiwa für verheiratete Erwachsene, aus dem 19. Jahrhundert Europas.

Man unterscheidet zwischen der amerikanischen und der israelischen Jeschiwa.

Der amerikanische Jeschiwastudent absolviert die Jeschiwa ktana normalerweise vor Ort, danach die Yeshiva High School vor Ort oder häufiger mit anderen Schülern in einer Art Internat. Dieses wird oft gefolgt von 2-4 Jahren in einem Beit Midrasch, dann 2-5 Jahren in Israel, danach kehrt er zurück und absolviert eine amerikanische Jeschiwa, nach der Hochzeit oft gefolgt vom Kollel.

[Bearbeiten] Bekannte Jeschiwot

Die zur Zeit größten Jeschiwot sind:

[Bearbeiten] USA

Es existieren zahlreiche andere, darunter verschiedene chassidische Jeschiwot.

[Bearbeiten] Israel

  • Mir-Jeschiwa (Jerusalem); Charedi
  • Brisk-Jeschiwa (Jerusalem); Charedi
  • Brisk-Jeschiwa (Bnei Berak, Vorort von Tel Aviv-Jaffa); Charedi
  • Ponevezh-Jeschiwa (Bnei Berak); Charedi
  • Chewron-Jeschiwa (Jerusalem, zuvor in Hebron); Charedi
  • Tomchei Tmimim Lubawitsch (Kefar Chabad); Lubawitsch
  • Toras Emes (Jerusalem); Lubawitsch
  • Lakewood East, die israelische Zweigstelle der Lakewood Yeshiva, offiziell "Bais Medrash Govoha D'America B'Eretz Yisrael" (Jerusalem); Charedi
  • Jeschiwat Ateret Kohanim; zionistisch, Hesder, hebräisch
  • Jeschiwat Har Etzion (Gusch Etzion); zionistisch, Hesder, englisch und hebräisch
  • Merkaz-haRaw-Jeschiwa (Jerusalem); zionistisch, hebräisch
  • Machon Meir (Jerusalem); zionistisch, multiligual
  • Beit-El-Jeschiwa (Bet El); zionistisch
  • Jeschiwat haKotel; zionistisch, hebräisch mit shiur auf Englisch
  • Jeschiwat Kerem beJawne; religiös-zionistisch, hebräisch und englisch

Die bekanntesten auch für die englischsprachigen Juden zugänglichen sind:

  • Mayanot-Jeschiwa
  • Yeshivas Ohr Somayach
  • Yeshivas Aish HaTorah
  • Yeshivas Ohr David
  • Yeshivas Midrash Shmuel
  • Yeshivas Toras Moshe
  • Yeshivas Shaarei Chaim
  • Yeshivas Toras Simcha (auch Toras Simcha College für Talmudforschung)
  • Yeshivas Bais Yisroel
  • Yeshivas Netiv Aryeh
  • Yeshivas Ohr Yerushalayim
  • Yeshivat Reishit Yerushalayim (in Bet Shemesh)
  • Yeshivas Mercaz HaTorah

Es gibt viele Hesder-Jeschiwot, die das Studium mit dem Wehrdienst verbinden; verschiedene chassidische; und dutzende andere.

[Bearbeiten] England

  • Gateshead Yeshiva (größte europäische)
  • Sha'arei Torah Yeshiva (in Manchester)
  • Sunderland Yeshiva (nach Gateshead umgezogen)
  • Manchester Yeshiva

[Bearbeiten] Schweiz

[Bearbeiten] Akademisches Jahr

Das Jahr teilt man in drei Smanim (etwa: „Semester“).

Elul-Sman beginnt im hebräischen Monat Elul und geht bis zu Jom Kippur (sechs Wochen).

Winter-Sman beginnt nach dem Sukkot (Laubhüttenfest) und geht bis zum Pessachfest (sechs Monate).

Das Sommersemester beginnt nach Pessach und geht bis zur Mitte des Tammus oder dem Beginn des jüdischen Monats Aw (drei Monate).

[Bearbeiten] Typischer Stundenplan

  • 7:00 - Auf Wunsch Seder (Studium)
  • 7:30 - Schacharit (Morgengebet)
  • 8:30 - Jüdisches Gesetz
  • 9:00 - Frühstück
  • 9:30 - Morgendliche Talmudstudien (erster Seder)
  • 12:30 - Schi'ur („Vorlesung“)
  • 13:30 - Mittagessen
  • 14:45 - Mincha (Nachmittagsgebet)
  • 15:00 - Mussar (Jüdische Ethik)
  • 15:30 - Talmudstudien (zweiter Seder)
  • 19:00 - Abendessen
  • 20:00 - Nacht-Seder - Wiederholung der Vorlesungen, Studium nach Wunsch
  • 21:25 - Mussar (Jüdische Ethik)
  • 21:45 - Ma'ariw (Abendgebet)
  • 22:00 - Auf Wunsch Seder

Dieser Studium gilt normalerweise von sonntags bis donnerstags mit einem extralangen "Seder" bis 01:00 Uhr nachts. Freitags normalerweise wenigstens ein Seder morgens, nachmittags frei. Samstags gilt ein spezieller Sabbat-Stundenplan.

Das Studium erfolgt in der Regel gemeinsam mit einem Studienpartner (Chawruta, aramäisch für "Freund"), oder in einem Sch'iur.

[Bearbeiten] Talmudstudien

In der typischen Jeschiwa liegt das Hauptaugenmerk auf Studie und Analyse des Talmuds. Das Studium des Talmud während eines Sman, erfolgt nach der be'ijun, mit Schwerpunkt auf den klassischen Quellen, sowie mit Schwerpunkt auf der bekijut, einem allgemeinen Wissen über den Talmud.

[Bearbeiten] Jüdische Gesetze

Im Allgemeinen verbringt der Schüler einige Zeit mit dem Studium der Halacha, der jüdischen Gesetze. Der meiststudierte Text ist die Mischna Berura, verfasst von Rabbi Jisra'el Me'ir Kagan.

[Bearbeiten] Ethik

Wichtige Texte

  • Mesillat Jescharim von Rabbi Mosche Chaim Luzzatto.
  • Orchot Zaddikim („Pfad der Gerechten“)
  • Pflichten des Herzens von Bahya ibn Paquda.
  • Maalot HaMiddot („Nutzen von gutem Charakter“)
  • Mischnat R' Aharon
  • Michtaw meElijahu, von Rabbi Eliyahu Eliezer Dessler.

Chassidismus: Tanja und Likkutej Tora, beide von Rabbi Schneor Salman von Ljadi.

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