Diskussion:Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe
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In diesem Wikipedia-Eintrag heißt es, die Kirchen sähen sich in ihrer Praxis vom Bundesverfassungsgericht bestärkt.
Es ist zwar richtig, dass die Kirchen auf zwei einschlägige Urteile des BVerfG verweisen. Tatsächlich widerspricht das gegenwärtige Verfahren allerdings den Vorgaben des BVerfG.
1986 hat das BVerfG klargestellt, dass die Kirchen grundsätzlich Kirchgeld erheben dürfen. (Nur diese Entscheidung ist in dem Artikel erwähnt.) Auf die konkrete Ausgestaltung ist es dabei nicht eingegangen. 1965 hat es vorgeschlagen, bei Kirchenmitgliedern ohne eigenes Einkommen könne der "Lebensführungsaufwand" Grundlage der Besteuerung sein. In dem selben Urteil hat das BVerfG mehrfach und eindeutig darauf hingewiesen, dass die Besteuerung nur an Merkmalen des Kirchenmitgliedes anknüpfen darf.
Das besondere Kirchgeld bei glaubensverschiedener Ehe verletzt diesen Grundsatz. Ob das besondere Kirchgeld erhoben wird, hängt zunächst einmal davon ab, ob der Ehepartner Mitglied einer anderen steuererhebenden Religionsgemeinschaft ist oder nicht. Die gegenwärtige Regelung dürfte damit verfassungswidrig sein, denn sie hängt von einem Merkmal des Ehepartners ab.
(Das BVerfG hatte vermutlich eine Regelung im Sinn, bei der das Kirchgeld unabhängig von der Religionszugehörigkeit des Ehepartners erhoben wird.)
Ich schlage deshalb vor, die Formulierung "Es hat in seinem Beschluß vom 23.10. 1986 (NJW 1987, 943) diesen Besteuerungsmodus für verfassungskonform erklärt." zu streichen. Das BVerfG hat sich mit dem konkreten Modus, wie er derzeit praktiziert wird, nicht auseinandergesetzt. Es hat nur allgemein die Erhebung von Kirchgeld abgesegnet, ohne(!) auf die konkreten Details einzugehen
Weiter schlage ich vor, den unmittelbar folgenden Satz zu ändern oder zu streichen: "Demnach besteht im Rahmen der Unterhaltsverpflichtung entsprechend dem Zivilrecht innerhalb einer Ehegemeinschaft auch die Verpflichtung, Mittel für die Kirchensteuer zur Verfügung zu stellen."
Zunächst einmal geht die hier behauptete Verpflichtung nicht auf das angeführte Urteil von 1986 zurück. Ich vermute, gemeint ist die Entscheidung von 1965. Darin merkt das BVerfG aber lediglich an:
"Es könnte unbillig erscheinen, wenn ein einer steuerberechtigten Kirche angehörender Ehegatte, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sich durch die Ehe erhöht hat, weil sein -- der Kirche nicht angehörender -- Ehegatte ein hohes Einkommen bezieht, mangels eigenen Einkommens im Sinne des Einkommensteuergesetzes kirchensteuerfrei bliebe."
Aus dieser Anmerkung lässt sich aber keine "Verpflichtung, Mittel für die Kirchensteuer zur Verfügung zu stellen", ableiten, wie es in dem Artikel dargestellt wird. Das müsste dann anders begründet werden.
Weiter schlage ich vor, die beiden einschlägigen Entscheidungen des BVerfG entweder am Ende des Artikels oder direkt im Text zu verlinken, hier die URLs: [1] [2]
Da ich bei Wikipedia bisher höchstens Rechtschreibfehler korrigiert habe, habe ich diese Vorschläge bei Diskussion eingestellt, weil ich nicht gleich kontrovers in dem Artikel "herumpfuschen" wollte.
Insgesamt halte ich den Artikel - insbesondere in Anbetracht des potenziell kontroversen Themas - für sehr ausgewogen und informativ!
Gruß, Matthias
- Hallo Matthias, diese Ergänzungen erscheinen mir sehr wertvoll, da sie für einen juristischen Laien zumindest einen ersten verständlichen Anknüpfpunkt darstellen, den mitunter überzogen erscheinenden Forderungen der Kirchen nicht nachzukommen respektive Einspruch gegen diese zu erheben. Momentan erweckt der Artikel doch den Eindruck, mit dem besonderen Kirchgeld sei alles in bester Ordnung und alles juristisch wasserdicht abgesegnet. Ich möchte Dich deshalb ermutigen, den Artikel entsprechend Deiner Vorschläge zu ergänzen und zu berichtigen. Vor allem der Hinweis, daß das gegenwärtige Einzugsverfahren dem zur Begründung herangezogenen Urteil widerspricht halte ich für ungemein wichtig. --HarryB 16:38, 20. Apr 2006 (CEST)
- Hallo Matthias, ich habe vor einiger Zeit diesen Artikel eingestellt, freue mich über Dein Urteil über den Artikel als ganzen. Du hast offensichtlich detaillierte Kenntnis zu der Rechtmäßigkeit dieser Art der Besteuerung. Durch Deine angezeigten Korrekturen kann er nur gewinnen.
- Gruß Pecunius