Reichsstände
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Die Reichsstände des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation waren diejenigen Personen und Korporationen, die Sitz und Stimme im Reichstag besaßen.
Dies waren in der Frühen Neuzeit mehr als 300 geistliche und weltliche Fürsten sowie Freie Reichsstädte, Grafen und Ritterorden. Die Reichsstandschaft konnte durch den Kaiser auch solchen Personen verliehen werden, die über kein Territorium verfügten (Personalisten). Ab dem Jahre 1654 war zum Erwerb der Reichsstandschaft der Besitz eines reichsunmittelbaren Territoriums, also Lehen, die direkt vom römisch-deutschen Kaiser vergeben wurden, erforderlich. Außerdem war die Einwilligung des betreffenden Kollegiums des Reichstages und die Zustimmung des Kaisers notwendig. Alle Reichsstände waren in der Reichsmatrikel verzeichnet.
Zu den Geistlichen Reichsständen gehörten
- die drei geistlichen Kurfürsten: die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier
- andere hohe Vertreter der Geistlichkeit, die über ein eigenes weltliches Territorium herrschten (z.B. Fürstbischöfe, Fürstäbte bzw. Prälaten)
- die Hochmeister der Ritterorden (Deutscher Orden, Johanniter)
Zu den weltlichen Reichsständen gehörten
- die vier, später sechs weltlichen Kurfürsten: die Kurpfalzgrafen, die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg, der König von Böhmen; ab 1648 die Kurfürsten von Bayern, ab 1692/1708 auch die von Hannover
- Reichsfürsten und Grafen
- und die Freien Reichsstädte
Seit 1489 waren die Stände im Reichstag des Heiligen Römischen Reiches in drei Kollegien gegliedert. Man unterschied das Kurfürstenkollegium/den Kurfürstenrat, das Reichsstädtekollegium und den Reichsfürstenrat. Die Grafen waren dem Reichsfürstenrat zugeordnet. Für einen Reichsabschied war die Zustimmung aller drei Kollegien erforderlich. Die Reichsritter versuchten mehrfach vergeblich für sich eine korporative Reichsstandschaft zu erlangen.
Die Kurfürsten, Fürsten und Fürstbischöfe verfügten im Reichstag jeweils über eine eigene Stimme, die so genannte Virilstimme (von lat. vir für Mann). Die Grafen waren dagegen in vier Kollegien zusammengeschlossen, in die westfälische, die wetterauische, die fränkische und die schwäbische Grafenbank, die jeweils nur eine gemeinsame Kuriatstimme hatten. Auch die Freien Reichsstädte bildeten zwei Kollegien, die Rheinische und die Schwäbische Bank.
Die Reichsstände waren dem Kaiser reichssteuerpflichtig und mussten Truppenkontingente zur Reichsarmee stellen. Alle Reichsstände waren zur persönlichen Teilnahme an den Reichstagen (die Entsendung eines Vertreters war möglich) verpflichtet. Im Gegenzug konnte kein allgemeines Reichsgesetz ohne Verabschiedung durch die Reichstände erlassen werden. Sie konnten über die Erklärung des Reichskrieges und über den Abschluss von Verträgen zwischen dem Reich und anderen Staaten sowie über die Errichtung neuer Fürstentümer beschließen.
Siehe auch: Stände
[Bearbeiten] Literatur
- Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien und reichsunmittelbaren Geschlechter vom Mittelalter bis zur Gegenwart. C.H. Beck, München 1999 (6. Auflage), ISBN 3-406-44333-8
- G. Oestreich und E. Holzer: 'Übersicht über die Reichsstände'. in Bruno Gebhardt: Handbuch der Deutschen Geschichte. 9. Auflage, Bd. 2. Ernst Ketler Verlag, Stuttgart. 1973. S. 769-784.