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Rot-Grün-Sehschwäche

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Rot-Grün-Sehschwache sehen hier ausschließlich eine 17, Normalsichtige können neben der 17 eine 47 erkennen
Rot-Grün-Sehschwache sehen hier ausschließlich eine 17, Normalsichtige können neben der 17 eine 47 erkennen
Auflösung für Betroffene die im Test keine 47 erkennen können: Rot-Grün-Sehschwache sehen die blau markierten Felder im Originalbild über dieser Auflösung in der selben Farbe wie den Hintergrund. Für Normalsichtige stechen die gelb und blau markierten Felder deutlich hervor
Auflösung für Betroffene die im Test keine 47 erkennen können: Rot-Grün-Sehschwache sehen die blau markierten Felder im Originalbild über dieser Auflösung in der selben Farbe wie den Hintergrund. Für Normalsichtige stechen die gelb und blau markierten Felder deutlich hervor

Die Begriffe Rot-Grün-Sehschwäche und Rot-Grün-Blindheit sind die wissenschaftlichen Fachtermini für über 99% der Farbfehlsichtigkeiten, die umgangssprachlich als Farbenblindheit bezeichnet werden. Die Betroffenen können hierbei die Farben Rot und Grün schlechter als Normalsichtige unterscheiden. Hervorgerufen wird diese Behinderung durch Veränderungen der Aminosäuresequenz in den Sehpigment-Proteinen (Opsin) der entsprechenden Zapfen der Netzhaut, die aus der Veränderung der Gensequenz des entsprechenden Opsins resultiert.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Ursachen

Es existieren bei jedem Menschen jeweils ein Gen für das Rotrezeptor-Opsin und drei identische Gene für das grünempfindliche Opsin. Alle liegen nah beieinander auf dem X-Chromosom. Durch Fehler beim Crossing-over kommt es vor allem zu falschen Genkombinationen, die sich phänotypisch durch verschobene Absorptions-Empfindlichkeitsmaxima in den entsprechenden Zapfen-Typen äußern, meist bei den Grün-Rezeptoren, da sich diese direkt an einer Crossing over-Stelle des X-Chromosoms befinden. Fehlt das Gen für eines dieser Opsine komplett, spricht man von einer Rot- oder Grünblindheit (Protanopie/Deuteranopie).

Die Rot/Grün-Sehschwäche oder -Blindheit ist immer angeboren und verstärkt oder vermindert sich nicht im Laufe der Zeit. Von ihr sind ca. 8 % aller Männer und ca. 0,8% der Frauen betroffen, sie ist damit deutlich häufiger als eine Gelb-Blau-Sehschwäche oder die vollständige Farbenblindheit.

Protanopie ist der Fachausdruck für Rot-Blindheit (Rot-Zapfen fehlt), Protanomalie für Rotsehschwäche (Rot-Zapfen degeneriert), Deuteranopie für Grün-Blindheit (Grün-Zapfen fehlt), Deuteranomalie für Grünschwäche, die häufigste Art der umgangssprachlich genannten Farbenblindheit. Blauzapfenmonochromasie stellt einen Sonderfall der Rot-Grün-Blindheit dar, hier fehlen Rot- und Grünzapfen völlig, nur der Blauzapfen ist vorhanden.

[Bearbeiten] Weitergabe der Rot/Grün-Sehschwäche oder -Blindheit

Wie bereits erwähnt wird die Sehschwäche durch die Erbinformationen weitergeben. Dass sie bei Männern fast zwanzig mal so häufig auftritt wie bei Frauen, ist dadurch zu erklären, dass die Fähigkeit zum Unterscheiden dieser Farben durch das 23. Chromosom (X-Chromosom genannt) weitergegeben wird und dass es sich bei dem Defekt um ein rezessives Merkmal handelt. Chromosomen liegen jeweils paarweise vor, und wenn ein Merkmal auf beiden Chromosomen unterschiedlich ausgeprägt ist, so wird das dominante Merkmal das rezessive Merkmal überdecken, letzteres tritt also nicht in Erscheinung.

Nun entscheidet das 23. Chromosom beim Menschen aber auch über das Geschlecht. Die Frau besitzt im Normalfall zwei X-Chromosomen, der Mann dagegen im Normalfall nur ein X-Chromosom, das zweite wird wegen seiner Form Y-Chromosom genannt. Hat also eine Frau ein X-Chromosom, das die Erbinformation, die das Unterscheiden der Farben ermöglicht, nicht enthält, so wird ihr durch das zweite X-Chromosom diese Fähigkeit trotzdem ermöglicht, da es wie gesagt den Defekt überdeckt. Damit eine Frau unter der Rot-Grün-Farbschwäche leidet, müssen beide X-Chromosomen den Defekt aufweisen. Beim Mann ist jedoch kein zweites X-Chromosom vorhanden, das den Defekt überdecken könnte.

Durch die Verbindung mit dem das Geschlecht bestimmenden X- bzw. Y-Chromosom ergibt sich eine fast einzigartige Möglichkeit, die Weitergabe des Defekts bzw. die Weitergabe von Merkmalen von Eltern an ihre Kinder im allgemeinen sichtbar zu machen. Vater und Mutter geben jeweils eines von beiden Chromosomenpaaren an ihr Kind weiter. Da das 23. Chromosom über das Geschlecht entscheidet, entscheidet quasi der Vater über das Geschlecht des Kindes. Gibt er sein Y-Chromosom weiter, wird das Kind ein Mann, da er ja von der Mutter ein X-Chromosom bekommt. Gibt der Vater das X-Chromosom weiter, erhält das Kind zwei X-Chromosomen und wird damit eine Frau. Dadurch ergeben sich folgende Regeln, die immer eintreten (von Mutationen einmal abgesehen, die aber sehr unwahrscheinlich sind):

  • Haben weder Vater noch Mutter die Rot-Grün-Sehschwäche, wird sie auch keine ihrer Töchter haben. Falls die Mutter jedoch mischerbige Merkmalsträgerin ist, besteht für ihre Söhne eine 50 %ige Wahrscheinlichkeit für eine Rot/Grün-Sehschwäche.
  • Hat der Vater die Rot-Grün-Sehschwäche, die Mutter hingegen zwei X-Chromosomen ohne den Defekt, wird kein Kind an der Sehschwäche leiden. Alle Töchter haben jedoch ein X-Chromosom mit Defekt, die jedoch vom zweiten X-Chromosom überdeckt werden. Daher ergeben sich die unter dem folgenden Punkt genannten Folgen für die Enkel.
  • Hat der Vater keine Rot-Grün-Sehschwäche, die Mutter hingegen jeweils ein X-Chromosom mit defektem und korrektem Gen, so besteht für alle Söhne eine Chance von 50%, dass sie vom Defekt verschont bleiben. Für die Töchter besteht ebenfalls eine Chance von 50%, dass sie nicht Träger des Defekts werden. Bei ihnen kann die Schwäche jedoch nicht auftreten, erst bei den Enkeln.
  • Leidet die Mutter an der Sehschwäche, sind beide X-Chromosomen mit dem Defekt versehen. Folglich haben alle Söhne den Defekt und alle Töchter sind Träger des Merkmals. Ob die Sehschwäche bei ihnen auch auftritt, hängt davon ab, ob der Vater ebenfalls daran leidet.

[Bearbeiten] Rot/Grün-Sehschwäche im Alltag

Die Sehschwäche wird von den Betroffenen im Allgemeinen als nicht besonders hinderlich angesehen. Zahllose Experimente – mit musterinduzierten Flimmerfarben zum Beispiel – sprechen ferner dafür, dass Farbfehlsichtige – von der geringeren Farbunterscheidungsfähigkeit in den Bereichen ihrer Störung abgesehen – wohl den gleichen ästhetischen Eindruck von Farben (Farbkreis, Farbästhetik) entwickeln, wie normalsichtige Personen (vergl. hierzu auch Tetrachromaten). Allerdings dürfen einige Berufe wie Bus- und Taxifahrer, Pilot oder Polizist nicht ausgeübt werden, der Beruf LKW-Fahrer darf jedoch nach einer Augenärztlichen Untersuchung ausgeübt werden. Die Angewohnheit der Spielehersteller, häufig die Farben rot/grün für Spielsteine zu verwenden, macht die Unterscheidung für Betroffene schwerer.

Auch bei Publikationen, insbesondere im gegenüber den Printmedien farbreicher gestalteten Web (siehe auch barrierefreies Internet), wird diese Hürde oft nicht bedacht. Ein in einem Text mit schwarzen Buchstaben hervorgehobenes rotes (oft dunkelrotes) Wort wird von den Betroffenen nicht als Hervorhebung erkannt. Eine Hervorhebung in blau dagegen ist meistenfalls gut zu erkennen.

Da im Alltag auch viele Mischfarben existieren, treten oft auch bei der Unterscheidung von Farben, die auf den ersten Blick kein rot oder grün enthalten, Probleme auf. So zum Beispiel bei Blautönen, denen grün oder rot beigemischt ist.

Allerdings kann es auch zu Problemen beim Autofahren in der Nacht kommen. Dies liegt daran, dass sich in der Nacht die roten Ampeln für Personen mit einer starken Rotschwäche nur auf kurze Distanzen problemlos identifizieren lassen. Personen mit Grünschwäche können z.T. Straßenlampen farblich nicht von roten oder grünen Ampeln unterscheiden. Zusätzlich sind Bremslicht, Rücklicht und Blinker farblich nicht unterscheidbar. Des Weiteren sticht rot nicht unbedingt als Signalfarbe hervor.

Studien haben belegt, dass Farbfehlsichtige eine größere Anzahl von Khakitönen unterscheiden können als Normalsichtige. Dieses Phänomen wird beim Militär genutzt, da Farbfehlsichtige sich nicht so leicht von Tarnfarben täuschen lassen und daher einen etwa getarnten Soldaten im Wald besser erspähen können als Normalsichtige. Dies liegt zum einen am oben genannten Phänomen, zum anderen daran, dass Farbfehlsichtige im Laufe ihres Lebens gelernt haben, sich eher auf Formen und Konturen zu konzentrieren als auf Farben.

Es wird auch vermutet, dass neben der Fehlfunktion der Zapfen es auch eine geringere Anzahl von Zapfen insgesamt auf der Netzhaut gibt. Dadurch würden Farbfehlsichtige mehr Stäbchen (für Hell-Dunkel-Sehen zuständig) besitzen, was erklären würde, warum Farbfehlsichtige sich oft in der Dunkelheit besser orientieren können als Normalsichtige, da sie eine höhere Sensibilität für Helligkeit besitzen.

Die Ausprägung einer Rot-Grün-Sehschwäche kann mit Farbtafeln und genauer durch einen Farnsworth-Test oder mit einem Anomaloskop festgestellt werden.

[Bearbeiten] Simulation der Rot-Grün-Sehschwäche für Trichromaten

Die Rot-Grün-Sehschwäche lässt sich für Farbsichtige simulieren, indem der rote und grüne Farbkanal eines digitalen Bildes zu einem gelben Kanal zusammengefasst werden, bei dem rot und grün die gleiche Helligkeit aufweisen. In der folgenden Übersicht sind einige Beispiele hierfür und zur Simulation der Achromasie, bei der gar keine Farben erkannt werden können, die entsprechenden Graustufenbilder hinzugefügt.

Motiv Trichromatisches Bild Dichromatisches Bild ohne Rot-Grün-Unterscheidung Achromatisches Bild in Graustufen
Pseudoisochromatische Farbtafel
Obststand
Mosaikfenster
Regenbogen

[Bearbeiten] Siehe auch


[Bearbeiten] Weblinks

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