Weisheit
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Als Weisheit wird allgemein eine auf Lebenserfahrung und Einsicht beruhende innere Reife und kluge Überlegenheit im geistigen Sinne bezeichnet. Sie verbindet verschiedene Wissensbereiche, was im Gegensatz zu den Fachwissensbereichen steht (mit ihrem Aspekt der Intelligenz).
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[Bearbeiten] Antike
Sie zählt zu den von Platon so genannten vier Kardinaltugenden. Umgangssprachlich wird Weisheit auch als Kurztitel des Buchs der Weisheit bzw. der Weisheit Salomos, eines deuterokanonischen bzw. apokryphen Buch des Alten Testaments, gebraucht.
Eine Auskunft zur Weisheit erteilte die Pythia des Orakels von Delphi einem Freund des Sokrates, der wissen wollte, wer denn der weiseste Mann in ganz Hellas sei: "Sokrates!", antwortete das Orakel. Der berief sich nämlich in seinem Prozess vor dem Athener Volksgericht vor 2300 Jahren geschickt auf die 'Dunkelheit' der pythischen Sprüche und schloss daraus, niemand wisse etwas, er aber sei wohl der Einzige, der dies von sich selber wisse: "Ich weiß, dass ich nichts weiß."
[Bearbeiten] Philosophische Betrachtungen
Sie ist eher als ein Ziel zu definieren, das wir suchen sollen. Sie fragt nach dem (letzten) Grund, nach dem Sinn. Wissen und Weisheit sind verwandt, ohne dass die Summe allen Wissens Weisheit ergibt, denn die hängt als eine Tugend mit den anderen Tugenden eng zusammen. Weisheit ist Wissen um wesentliche Wahrheiten sowie dementsprechend zu leben (Wahrhaftigkeit). Viel (Halb)Wissen verschüttet oft Weisheit, die Unerforschbares und Ruhe, sowie ein Maßhalten einschließt. So ist es weise, eher wenig zu reden. Weisheit ist demnach Wissen ohne Wissen. Sie ist nicht speicherbar oder programmierbar. Weisheit entsteht durch Liebe zur Welt und bringt das Gute hervor.
[Bearbeiten] Salomons Begriff der Weisheit
Die Bibel sagt:
- Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Erkenntnis.
- Die Toren verachten Weisheit und Zucht. (Sprüche Salomos 1, 7)
:Die Weisheit ruft:
- Bei mir wohnt die Klugheit
- Und ich suche Wissen durch Nachdenken.
- Ich liebe den Ewigen, hasse das Böse.
- Bei mir ist Rat und Wissen,
- Einsicht ist meine Stärke.
- Die mich lieben, liebe ich,
- die mich suchen, finden mich. (Sprüche Salomos 8, 1-15)
[Bearbeiten] Definition des Hl. Augustinus
Denn Weisheit ist letztlich nichts anderes als das Maß unseres Geistes, wodurch dieser im Gleichgewicht gehalten wird, damit er weder ins Übermaß ausschweife, noch in die Unzulänglichkeit falle. Verschwendung, Machtgier, Hochmut und ähnliches, womit ungefestigte und hilflose Menschen glauben, sich Lust und Macht verschaffen zu können, lassen ihn maßlos aufblähen. Habgier, Furcht, Trauer, Neid und anderes, was ins Unglück führt – wie die Unglücklichen selbst gestehen – engen ihn ein. Hat der Geist jedoch Weisheit gefunden, hält dann den Blick fest auf sie gerichtet... dann brauchte er weder Unmaß, noch Mangel, noch Unglück zu fürchten. Dann hat er sein Maß, nämlich die Weisheit und ist immer glücklich.
aus: Augustinus: Über das Glück 4,35
[Bearbeiten] Weisheit in Buddhismus und Hinduismus
Buddhismus bezeichnet Weisheit mit dem Begriff Sunyata (sanskrit): die Erkenntnis, daß alle erscheinenden Phänomene leer von einem eigenständigen ihnen innewohnenden Sein sind. Die Realisation von Sunyata in der Wahrnehmung von Phänomenen und Selbst ist daher eine grundlegende Erfahrung bei der Erlangung der Erleuchtung. Im Hinduismus heißen Weisheit und Wissen Vidya (sanskrit). Es geht zuletzt auch im Yoga darum, den Dualismus aufzulösen, zunächst die Gedanken zu stoppen, im Moment zu sein, wobei die Yoga-Asanas eine jahrtausendealte Unterstützung sind, die auch heutzutage sehr viele Buddhisten ergänzend praktizieren.
Meditation ist eine entscheidende Hilfsmethode, die genau wie Weisheit erfolgt. Beide sind unerzwingbar, aber einzuüben. (Wird meist mit Schlaf verglichen, für den man auch nur gute Bedingungen schaffen kann).
[Bearbeiten] Konfuzianismus und Daoismus
Auch im Konfuzianismus und im Daoismus sowie in der chinesischen Philosophie hat die Weisheit einen großen Stellenwert. Im Konfuzianismus und in der chinesischen Philosophie ist sie, ähnlich wie die Menschlichkeit, die Ehrfurcht und die Umgangsformen, eine der Kardinaltugenden. Daher betont der Konfuzianismus die Bedeutung der Erziehung, des Lernens und der Bildung. Der Daoismus legt Wert auf ein Leben in Harmonie mit der Natur und dem Kosmos (siehe auch: Yin und Yang, Wu wei).
[Bearbeiten] Bücher und Weisheit
Wissensfluten, typischerweise Hauptmerkmal des Buchmarkts, sind unweise. Sogar der Dalai Lama rezitiert immer wieder dieselben alten Weisheiten. "Lesen heilt", stand über antiken Bibliotheken. Journalistische Nachrichtenwerte, "bad news is good news", Sensationen... bedienen oft niedere Sinne, denen weise Texte und sei es in Redundanz, gerade entgegen wirken sollen. Wiederholungen der (religiösen) Weisheiten, auch Kalligrafie und Malen, musizieren... sind meditativer als zu viele Worte. Die diesjährigen Buchmessen in Leipzig und Frankfurt am Main mit dem Gastland Indien bedienen wohl eher Bollywood und Informationsfluten, als dass sie auf alte Weisheiten verweisen. Dabei ist Yoga als die verbreitetste körpereinbeziehende Weisheit zugleich gesundheitspolitisch ein Thema: allerdings lassen sich die Wirkungen nicht umfassend erforschen, sie sind kein Wissen, höchstens sogenanntes Erfahrungswissen, so besehen weise.
[Bearbeiten] Wissenswertes
Der Ausdruck Binsenweisheit stammt aus dem 19. Jahrhundert und geht auf den lateinischen Ausspruch nodum in scirpo quaeraere (= einen Knoten an der Binse suchen) zurück. An der Binse (damals noch als Schilfrohr verstanden) sind die Knoten nämlich sehr leicht zu finden, gar zu ertasten und dies stellt also eine eigentlich nicht vorhandene Schwierigkeit dar. Es kann aber auch so gedeutet werden, dass jemand sogar am knotenlosen Stängel der Binse einen Knoten sucht, also wenn jemand an einer simplen Feststellung versucht, herumzudeuten oder etwas hinein zu interpretieren, und dies als Weisheit verkauft. (Was gerade den Sozialwissenschaften leicht passiert: sie haben dieselben Themen wie alte, oft unrezipierte Weisheiten. Auch Sprichwörter zerreden bisweilen weniger.)
[Bearbeiten] Zitate
- Die Ewigkeit zu erkennen: das ist Weisheit. (Laotse)
- Nenne keinen weise, ehe er nicht bewiesen hat, dass er eine Sache von wenigstens acht Seiten her beurteilen kann. (Konfuzius)
- Ein Dummer kann mehr fragen, als 10 Weise beantworten können (Volksmund)
- Weise sind alle die, die sowohl die Notwendigkeit als auch die Grenzen allen Wissens erkennen, und die verstehen, dass Liebe größer als Wissen ist. (unbekannt)
- Wer andere kennt, ist klug. Wer sich selber kennt, ist weise. (Laotse)
- Viel Denken, nicht viel Wissen soll man pflegen. (Demokrit)
- Wenn es Dir gelingt, über Dich selbst Gericht zu sitzen, dann bist Du ein wirklicher Weiser. (Antoine de Saint-Exupéry)
- Man findet tausend Gelehrte, bis man auf einen weisen Mann stößt. (Friedrich Maximilian Klinger)
- Der Weise hält sich im Hintergrund, doch in Wirklichkeit steht er vorn. (Laotse)
- Gesunder Menschenverstand in ungewöhnlichem Maße ist das, was die Welt Weisheit nennt. (Samuel Taylor Coleridge)
- Wahrlich, keiner ist weise, der nicht das Dunkel kennt. (Hermann Hesse)
- Intelligenz erlaubt die Weisheit zu verstehen und Weisheit erlaubt die Intelligenz zu verstehen. (unbekannt)
- Weisheit ist die Einsicht in die Grenzen des Wissens. (unbekannt)
- Weisheit bedeutet keine Angst und keine Absicht haben. (unbekannt)
- Weisheit ist relativ zum Bewusstseinszustand. (Lorenzo)
- So war der König Salomo größer an Reichtum und Weisheit als alle Könige auf Erden. Und alle Welt suchte das Angesicht Salomos, um seine Weisheit zu hören, die ihm Gott ins Herz gegeben hatte. (1. Kö 10,23+24; Schlachter-Bibel (Ausgabe 2000))
- Sprüche 9,10: Der Weisheit Anfang ist die Furcht des HERRN. Luther-Bibel
- Die Furcht Jahwes ist der Weisheit Anfang; und die Erkenntnis des Heiligen ist Verstand. (Sprüche 9,10; Elberfelder Bibel (Ausgabe 1871))
- Der Zimmermann bearbeitet das Holz. Der Schütze krümmt den Bogen. Der Weise formt sich selbst. (Buddha)
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Monografien
- Raimon Panikkar: Einführung in die Weisheit. Freiburg: Herder-Spektrum Band 5256. ISBN 3-451-05256-3. Neuauflagen. (Überarbeitete Ausgabe von "Der Weisheit eine Wohnung bereiten", Kösel 1991)
- Josef Pieper: Suche nach der Weisheit: 4 Vorlesungen. Mit einem Nachwort von T. S. Eliot. St.-Benno-Verlag, Leipzig 1987, ISBN 3-7462-0153-5
[Bearbeiten] Zeitschriftenartikel
- GEO 03|März 2006, S. 144 ff.: Teil 1: Die philosophischen Wurzeln der Weisheit
[Bearbeiten] Siehe auch
Wiktionary: Weisheit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
- Buch der Weisheit
- Gerontologie - W. ist Forschungsthema in der wissenschaftlichen Alternskunde
- Sekundärtugend
[Bearbeiten] Weblinks
- Eintrag (englisch) in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (inkl. Literaturangaben)
- Lebensweisheiten verschiedener Persönlichkeiten
- Weisheit ist nicht mehr zeitgemäß
- Menschenwürde braucht Weisheit
[Bearbeiten] Videos
- Manfred Spitzer: Weise im Alter. RealVideo aus der BR-alpha-Reihe Geist und Gehirn. (ca. 15 Minuten)