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Werke für Laute (Bach) - Wikipedia

Werke für Laute (Bach)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Obwohl das Lautenwerk von Johann Sebastian Bach mit sieben Werken für Laute Solo sehr überschaubar ist, nimmt es in der Welt der Lautenkompositionen und entsprechend in der des heutigen Gitarrenrepertoires einen übergeordneten Platz ein. Als berühmtestes Stück ist sicherlich die Bourrée aus der Suite in e-Moll BWV 996 zu nennen, aber auch die Fugenkompositionen zählen zum Pflichtrepertoire der anspruchsvollen Gitarrenliteratur.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Entstehung

Die Entstehungszeit der Werke ist, wie teilweise auch die Echtheit der Autorschaften, nicht eindeutig zu klären. Eine wichtige Anregung für Bachs Lautenwerke mag seine Bekanntschaft mit dem damals im deutschen Sprachraum berühmtesten Lautenisten Silvius Leopold Weiss gewesen sein. Thomas Kohlhase geht in seiner Dissertation über Bachs Lautenwerke von einem Zeitraum der Entstehung der Werke von etwa 30 Jahren aus, der sich von Bachs Weimarer Zeit bis etwa 1740 erstreckt. Ein Problem stellt die barocke Aufführungspraxis dar, die mit der Besetzung sehr frei umging. So war es nicht unüblich, Stücke ohne Besetzungsangaben zu schreiben, was die heutige Zuordnung zu den ursprünglich gemeinten Instrumenten erschwert. (siehe Aufführungspraxis und Notation)

[Bearbeiten] Suiten

[Bearbeiten] Suite g-Moll BWV 995

Die Suite g-Moll BWV 995 ist eine auf zwischen 1727 und 1731 datierbare Bearbeitung der Suite Nr. 5 für Violoncello solo c-Moll BWV 1011. Das Datum der Übertragung ist laut Konrad Ragossnig nicht bekannt, es gibt sogar Gründe, die Lautenversion als die Ursprüngliche zu sehen, da sie satztechnisch reifer und für Laute besser geeignet scheint. Für Kohlhase ist allerdings an der Priorität der Cellosuite nicht zu zweifeln, die er auf um 1720 datiert.

Charakteristisch für die gesamte Suite ist der erste Satz, ein Präludium mit einem anschließenden Presto in Fugenform, der als typischer Einleitungssatz für eine barocke Suite, wie sie zu Bachs Zeit üblich war, steht und an die französische Ouvertüre erinnert.

Laut Klier hat Bach die Suite bewusst im französischem Stil geschrieben. Fraglich ist die Widmung für Monsieur Schouster, die Kohlhase in Verbindung mit dem Lautenisten Schuster bringt, der nachweislich zwischen 1741 und 1784 in Dresden gewirkt hat. Die zeitliche Verschiebung deckt sich demnach mit der Vermutung, dass die Widmung nachträglich hinzugefügt wurde. Schulze stellt eine Indizienkette auf – die zwar hypothetisch ist, aber nicht abwegig erscheint – nach der der Widmungsträger der Leipziger Verleger Jacob Schuster sei, für den Bach eine zur Veröffentlichung bestimmte Transkription anfertigte. Zeitlich würde sich diese Annahme mit der Kohlhases decken, Schulze geht von dem Entstehungsjahr 1730 aus.

[Bearbeiten] Suite e-Moll BWV 996

Kohlhase setzt die Suite e-Moll BWV 996 als älteste voraus und datiert sie auf vor 1717: „Ein terminus post quem“ ergibt sich aus einem Stilvergleich mit frühen Bachschen Klavier- und Orgelstücken. Nach Ragossnig sind zwei Abschriften erhalten: Eine von Johann Gottfried Walther (1684-1748) um 1715 angefertigte handschriftliche Übertragung im Doppelsystem (Sopran- und Bassschlüssel) und einer nicht zuzuordnenden Abschrift aus einem Sammelband, der heute im Besitz der Bibliothèque Royal de Belgique in Brüssel ist.

[Bearbeiten] Suite c-Moll BWV 997

Als eines der späteren Werke Bachs wird die Suite c-Moll BWV 997 vermutet. Ein Autograph von Bach ist nicht erhalten, als mutmaßliche Entstehungszeit gilt die Zeit zwischen 1738 und 1741, in der eine Niederschrift von Johann Friedrich Agricola entstanden ist.

In einigen frühen Abschriften fehlen der zweite und der fünfte Satz der Suite, die Fuge und das der Gigue angeschlossene Double. Diese sind aber heute eindeutig als Bachsche Schöpfung anerkannt. Die Frage nach der Besetzung der Suite ist ungleich schwerer und bis heute nicht eindeutig zu klären.

Bis auf eine Tabulaturbearbeitung sind alle überlieferten Abschriften in Klavierpartitur geschrieben, die aber aufgrund der Stimmführung auch keine Eindeutigkeit zugunsten des Klaviers rechtfertigen.

Auffällig ist in der Fuge die ungewöhnliche Führung der Mittelstimmen. Kohlhase schließt: Bei ihrer vorwiegend linearen und schrittweisen Bewegung erscheinen Sept-, Dezim-, Undezim- und Duodezimsprünge klanglich störend und satztechnisch mangelhaft. Spätestens hier wird klar, dass die Notierung des oberen Systems nicht wörtlich gemeint sein kann. Wenn man den Violinenschlüssel nämlich als oktavierten Violinschlüssel liest, wird der Satz stimmig und ausgeglichen. Aus einem Dezim- wird folglich ein Terzanschluss, aus dem Sept- ein Sekundanschluss, usw. Beide denkbaren Fassungen sprechen jedoch aufgrund der Spielbarkeit gegen das Klavier. Die oktavierte Fassung lässt die Suite für Laute spielbar und satztechnisch ausgeglichen erscheinen. Sowohl die zeitgenössischen Tabulaturbearbeitungen, als auch die heutigen Ausgaben richten sich nach dieser Lesart, es herrscht allerdings immer noch Unklarheit über die Gründe dieser eigenwilligen Notation. Geht man jedoch von der Tatsache aus, dass das heutige Notationssystem der Gitarre ebenfalls einen oktavierten Violinschlüssel voraussetzt, könnte man Bach unterstellen, dass er sich dieses System selber entwickelt hat und trotz Klavierpartitur dem Lautenisten im Violinschlüssel ein neues System präsentiert.

Gänzlich Verwirrung verursacht jedoch die Tatsache, dass das Double offensichtlich nicht diesem Prinzip untersteht. Kohlhase ist sich der Widersprüche und Ungereimtheiten bewusst, und geht hypothetisch davon aus, dass es sich bei der Suite c-Moll um eine Suite für ein Lautenklavier gehandelt haben könnte. Da die Entwicklung des Lautenklaviers genau in die Entstehungszeit der Lautensuite fällt, wäre es möglich, dass die Suite als Lautensuite mit vier Sätzen konzipiert war, zu denen dann ein fünfter Satz trat, sozusagen ad libitum, falls das Stück auf dem Lautenklavier ausgeführt würde.

Weiterhin ist auffällig, dass es sich bei dem 2. Satz um eine für Bach seltene da capo- Fuge handelt.

[Bearbeiten] Suite E-Dur BWV 1006a

Auch die Suite E-Dur BWV 1006a ist eine Bearbeitung einer früheren Solosuite, der 3. Violinpartita E-Dur BWV 1006, die um 1720 entstand. Die Transkription erschien jedoch ohne Angabe eines Instrumentes, weshalb lange Zeit Uneinigkeit über die Besetzung herrschte. Der Tonumfang entspricht eher dem der Laute, auch wenn die damals übliche Stimmung das Werk für Laute sehr unbequem erscheinen lässt. Philipp Spitta lässt in einem Brief an den damaligen Besitzer des Autographs kein Zweifel daran, dass er das Werk für Klavier eingerichtet sieht. Da Bach aber für einige seiner Suiten Scordaturen voraussetzt, ist dies auch für die E-Dur Suite denkbar. Kohlhase geht aufgrund der untypischen Charakteristika in Sachen Tonumfang, Satz und Figurenwerk von einer eindeutigen Hinweisung auf ein Zupfinstrument aus, das er als Laute bestimmt. Die Bearbeitung wird auf zwischen 1735 und 1740 datiert. Obwohl sie keine Widmung trägt, ist anzunehmen, dass sie für einen der beiden berühmten Lautinisten Silvius Leopold Weiss oder Johann Kropffgans transkribiert wurde, die beide nachweislich 1739 in Bachs Haus musiziert haben.

[Bearbeiten] Präludien und Fugen

Bachs Werk zählt unangefochten zum Kunstvollsten, was jemals für Laute komponiert wurde und ist als richtungsweisend in der Ausschöpfung der polyphonen Möglichkeiten auf der Laute anzusehen. Als einer der Höhepunkte zählt hier sicherlich die Fuge c-Moll aus der Partita BWV 997. Die absteigende Melodie mit dem ersten Kontrapunkt wird ab T. 56 in der Bassstimme gegen eine chromatisch ansteigende Bassbewegung gesetzt, während die Mittelstimme in einer Sechzehntelbewegung den Satz harmonisch „füllt“. Ähnliche dreistimmige Sätze sind auch für die Laute, mit Sicherheit aber für die sechssaitige Gitarre nicht mehr komponiert bzw. eingerichtet worden.

[Bearbeiten] Präludium, Fuge, Allegro Es-Dur BWV 998

Dies gilt auch für die Fuge in Bachs letztem überliefertem Lautenwerk. Präludium, Fuge, Allegro Es-Dur BWV 998 ist in Originalschrift Bachs erhalten, die allerdings nicht datiert ist. Wasserzeichen des Papiers und Handschrift Bachs lassen jedoch auf eine Entstehung nach 1740 schließen. Obwohl dem Stück die Besetzungsangabe >pour la Luth. ó Cembal< voran steht, geht Kohlhase aufgrund der satztechnischen Anlage und des Tonumfangs von einer Primärkomposition für die Laute aus. Die Notation ist, wie alle original überlieferten Handschriften Bachs, die der Laute zugerechnet werden, im Doppelsystem mit Violin- und Bassschlüssel.

[Bearbeiten] Präludium c-Moll BWV 999

Als entstehungsgeschichtlich zweite Komposition gilt das Präludium c-Moll BWV 999, das auf die Köthener Zeit um 1720 datiert wird. Auch dieses Werk ist als zeitgenössische Abschrift im Doppelsystem erhalten. Kohlhase gibt an, dass das Werk aus Überlieferungsgründen zwar in der Echtheit angezweifelt werden könnte, nicht aber vom Stil her. In der Tat ist eine Parallele vor allem zum Präludium C-Dur aus dem ersten Teil des Wohltemperierten Klaviers unverkennbar.

[Bearbeiten] Fuge g-Moll BWV 1000

Von der Fuge g-Moll BWV 1000 ist nur eine Tabulaturabschrift von Johann Christian Weyrauch überliefert, die um 1730 angefertigt wurde. Sie geht zurück auf den zweiten Satz der Sonate für Violine solo g-Moll BWV 1001, die nach 1720 entstanden ist. Eine genaue Datierung der Bachschen Bearbeitung ist nicht möglich. Selbst ob es sich bei der Bearbeitung um das Werk Bachs oder des Intavolators Weyrauch handelt ist nicht mit Sicherheit zu belegen. Von der originalen Soloviolinsonate ist weiterhin eine Bearbeitung für Orgel (BWV 539,2) erhalten, die allerdings auch nicht gesichert auf Bach zurück geht. Während der Orgelfassung eher mittelmäßige Qualität attestiert wird, ist die Bearbeitung für Laute höheren Niveaus und wird in der neueren Forschung gemeinhin als Werk Bachs gesehen.

[Bearbeiten] Aufführungspraxis und Notation

Die Einrichtung des Bachschen Lautenwerkes für Gitarre erfordert öfters Oktavierungen in der Stimmführung, bzw. die Transponierungen kompletter Suiten. Lediglich die Suiten e-Moll BWV 996 sowie E-Dur BWV 1006a sind in Originaltonart auf die Gitarre übertragbar. Die Suiten g-Moll BWV 995, c-Moll BWV 997 sowie die Fuge g-Moll BWV 1000 werden üblicherweise nach a-Moll, Präludium, Fuge, Allegro Es-Dur BWV 998 nach D-Dur und das Präludium c-Moll BWV 999 nach d-Moll transponiert.

Der deutsche Gitarrist Ansgar Krause allerdings, hat es sich zur Aufgabe gemacht die Lautenwerke (BWV 995-998) in den Originaltonarten auf der Gitarre einzuspielen. Seine Bearbeitungen und Transkriptionen sind auch im Verlag Breitkopf & Härtel erschienen.

Es ist davon auszugehen, dass Bachs Art der Notation im Doppelsystem und damit der Abkehr von der Tabulatur einen Teil zum generellen Wandel der Lautenliteratur beigetragen hat.

[Bearbeiten] Die Bach-Renaissance im 19. und 20. Jahrhundert

Seit der Bach-Renaissance des 19. und 20. Jahrhunderts sind seine Stücke nicht mehr aus dem Konzertleben wegzudenken. Im Zuge der historischen Aufführungspraxis ist sein Lautenwerk zwar auch auf Nachbauten von Originallauten, besonders aber eingerichtet für Gitarre, zu einem festen Bestandteil des Gitarrenrepertoires geworden. Auch andere Werke Bachs wurden für Gitarre transkribiert und gehören heute ähnlich wie die Lautenkompositionen zum Standardrepertoire. Hervorzuheben sind hier die Bearbeitungen der Cello-Suiten z.B. von John W. Duarte und Andrés Segovia sowie der Violinpartiten, von der vor allem die Bearbeitung der Ciaccona aus der zweiten Violinpartita in d-Moll BWV 1004 erwähnt werden muss.

[Bearbeiten] Siehe auch

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