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Werner von Siemens - Wikipedia

Werner von Siemens

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ernst Werner Siemens, ab 1888 von Siemens, (* 13. Dezember 1816 in Lenthe bei Hannover; † 6. Dezember 1892 in Berlin) war ein deutscher Erfinder, Begründer der Elektrotechnik und Industrieller (Gründung der heutigen Siemens AG).

Werner von Siemens
Werner von Siemens

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Ausbildung

Siemens entstammte einem alten Goslarer Stadtgeschlecht (1384 urkundlich erwähnt) und wurde 1816 als viertes Kind des Gutspächters Christian Ferdinand Siemens (1787-1840) und dessen Ehefrau Eleonore Henriette Deichmann (1792-1839) geboren. Nach dem Umzug im Jahre 1823 ins Lübecker Gebiet, wo sein Vater die Domäne Menzendorf übernahm, blieb seinen Eltern der wirtschaftliche Erfolg versagt. Siemens wurde anfangs von der Großmutter und dem Vater unterrichtet, besuchte ein Jahr die Bürgerschule in Schönberg, bekam drei Jahre Unterricht von einem Hauslehrer und besuchte schließlich für drei Jahre das Katharineum zu Lübeck. Er verließ das Gymnasium 1834 aber vorzeitig ohne formalen Abschluss. Er wollte gerne einen praktisch-wissenschaftlichen Beruf ergreifen, doch erlaubte die wirtschaftliche Situation der Eltern kein Studium. Nach dem Tod der Mutter im Juli 1839 und des Vaters im Januar 1840 musste Werner als ältester Sohn die Vaterstelle für seine Geschwister übernehmen.

Werner Siemens als Seconde-Lieutenant der preußischen Artillerie 1842
Werner Siemens als Seconde-Lieutenant der preußischen Artillerie 1842

Auf den Rat eines Lehrers bewarb er sich beim Ingenieurcorps der preußischen Armee in Berlin, wurde jedoch abgewiesen; daraufhin bewarb er sich bei der Artillerie in Magdeburg und wurde angenommen. Im Herbst 1835 wurde Siemens als Offizieranwärter für drei Jahre an die Berliner Artillerie- und Ingenieurschule kommandiert. Hier bekam er eine umfassende Ausbildung auf naturwissenschaftlichen Gebieten, wie Mathematik, Physik, Chemie und Ballistik und hörte nebenher Vorlesungen an der Berliner Universität. Diese Ausbildung beendete er 1838 als Artillerie-Leutnant.

Leutnant Werner Siemens tat Dienst in Magdeburg und anschließend in der Garnison Wittenberg, wo er wegen der Teilnahme als Sekundant bei einem Duell zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt wurde. Seine Zelle in der Zitadelle Magdeburg hat er zum Labor umgestaltet und dabei ein Verfahren zur elektrischen Galvanisierung (insbesondere Versilberung) entwickelt. Er wurde jedoch bald begnadigt und 1842 zur Artilleriewerkstatt in Berlin versetzt.

Berliner Zeit

Er blieb beim Militär bis Juni 1849 und versuchte nebenher mit Erfindungen zusätzlich Geld zu verdienen, wobei seine Arbeit zunächst auf praktische und schnell verwertbare Dinge gerichtet war. So entwickelte er einen neuen Regler für Dampfmaschinen, eine Presse zur Herstellung von Kunststein und ein Druckverfahren. Die Idee einer Lauf-Flieg-Maschine, worüber er mit seinem Bruder Wilhelm korrespondierte, wurde aber nicht in Angriff genommen.

Als aufstrebender Unternehmer heiratete er am 1. Oktober 1852 in Königsberg Mathilde Drumann (1824-1865), Tochter des Universitätsprofessors Dr. phil. Wilhelm Drumann und der Sophie Mehliß. Aus dieser Ehe stammen zwei Töchter und zwei Söhne (Wilhelm und Arnold. Mathilde verstarb am 1. Juli 1865. Am 13. Juli 1869 heiratete Siemens in zweiter Ehe seine entfernte Cousine Antonie Siemens, die Tochter des Professors der Technologie Carl Siemens, Professor an der Landwirtschaftlichen Akademie bei Stuttgart, später in den württembergischen persönlichen Adelsstand erhoben, und der Ottilie Denzel. Aus dieser Ehe ging Sohn Carl-Friedrich (1872-1941) hervor.

Am 17. Februar 1887 erwirbt Siemens das ca. 600 ha große Gut Biesdorf inklusive Schloss und überträgt es 1889 seinem Sohn Wilhelm.

Am 6. Dezember 1892 erlag Werner von Siemens in Berlin einer Lungenentzündung.

Wirken

Elektrotechnik

Im Jahr 1842 gelang es Werner Siemens, einen Teelöffel aus Neusilber mit Hilfe des aus Batterien stammenden Gleichstromes mit einem Überzug wahlweise aus Silber oder Gold zu versehen, womit er zum Begründer der Galvanotechnik wurde. Für dieses Verfahren bekam er ein Patent, das er an einen Juwelier verkaufte. Mit dem Erlös aus diesem Geschäft schickte er seinen damals 18jährigen Bruder Wilhelm nach England, das zu dieser Zeit in der Technik und Industrialisierung viel weiter fortgeschritten war als das in viele Teilstaaten zersplitterte Deutschland.

Ende 1846 entwickelte er den elektrischen Zeigertelegraphen mit Selbstunterbrechung. Im Jahr darauf erfand er ein Verfahren, um Drähte mit einer nahtlosen Umhüllung aus Guttapercha zu versehen. Dieses Verfahren bildet bis heute die Grundlage zur Herstellung isolierter Leitungen und elektrischer Kabel.

1857 entwickelte Siemens die Ozonröhre, die elektrisch erzeugtes Ozon zur Reinigung von Trinkwasser verwendet.

1857 Formulierung des Gegenstromprinzipes. Siehe auch Gegenstrom.

1866 entdeckte er fünf Jahre nach dem Ungar Ányos Jedlik als zweiter das dynamoelektrische Prinzip und baute eine erste Dynamomaschine. Werner von Siemens war allerdings der erste, der der Selbsterregung eine große Bedeutung für die Erzeugung elektrischer Energie voraus zu sagen glaubte. Die moderne Technik der Stromerzeugung ging andere Wege: Dort wird das Prinzip der Fremderregung angewandt. Der dänischen Eisenbahningenieur Søren Hjorth (1801-1870) erhielt bereits 1854 ein Patent für eine Maschine, die Dauer- und Elektromagnete enthielt. Sie nutzte die Selbsterregung. Siemens glaubte fest an den Siegeszug der elektrischen Energie, der mit der Dynamomaschine möglich erschien. Aber es gab noch zu wenig praktikable Anwendungen, um der neuen Technologie zum Durchbruch zu verhelfen.

Der Unternehmer Werner von Siemens

Am 12. Oktober 1847 gründete er – noch immer im Hauptberuf Offizier – mit dem Mechaniker Johann Georg Halske in Berlin die Telegraphenbau-Anstalt von Siemens & Halske. Das notwendige Kapital zur Firmengründung kam von Siemens' Vetter Johann Georg Siemens, der wohlhabende Justizrat und spätere Mitbegründer der Deutschen Bank. Er investierte mehr als 6000 Taler als Startkapital gegen eine 20-prozentige Gewinnbeteiligung über sechs Jahre.

Die Verbindung von Siemens und Halske war wohl ein seltener Glücksfall in der Technikgeschichte, denn sie ergänzten sich auf nahezu ideale Weise. Siemens hatte das Wissen, die Ideen und experimentierte gerne, Halske konstruierte die unendlich vielen Kleinigkeiten die notwendig waren, um aus Ideen praktisch nutzbare Geräte zu machen.

1848 erhielt das junge Unternehmen einen politisch wichtigen Auftrag – die Telegraphenleitung von Berlin nach Frankfurt am Main, denn dort tagte die deutsche Nationalversammlung. Die Leitung wurde noch im Winter 1848/49 mit Geräten und Kabeln von Siemens & Halske gebaut. Dass die Nationalversammlung König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die Kaiserwürde antragen wollte, wusste dieser schon eine Stunde nach der Abstimmung, eine Woche bevor die Kaiserdeputation in Berlin ankam.

Damit wurde Siemens & Halske auf einen Schlag bekannt und weitere Aufträge zum Bau von Telegraphenverbindungen in Preußen und den deutschen Staaten folgten. Siemens versuchte früh auch auf außerdeutschen Märkten Fuß zu fassen, zumal er mit der preußischen Telegraphenverwaltung bald in Streit geriet und von dieser über viele Jahre keine Aufträge mehr erhielt. Er betraute seinen Bruder Wilhelm mit der Leitung einer ersten Auslandsniederlassung in London. Auch in Russland bemühte er sich um Aufträge. Ein erster Erfolg war 1852 der Auftrag zur Errichtung von Telegraphenverbindungen von Warschau nach St. Petersburg und von St. Petersburg nach Moskau. 1853 schickte Siemens seinen Bruder Carl nach St. Petersburg, um den Bau zu überwachen. Dabei bewährte sich Carl schnell als fähiger Unternehmer und weitere Aufträge für das russische Telegraphennetz folgten. 1855 wurde das russische Geschäft unter Leitung Carls in eine Zweigniederlassung umgewandelt und etablierte sich als wichtige Stütze von Siemens & Halske. Aufträge kamen auch aus England, wo eine eigene Kabelfabrik errichtet wurde.

Es gab auch Rückschläge, beispielsweise scheiterte 1864 die Verlegung eines Seekabels von Cartagena nach Oran, was dem Unternehmen empfindliche Verluste bescherte. Halske, der risikoreiche Unternehmungen hasste, verlangte, sich von der verlustreichen Niederlassung in London zu trennen. Siemens wollte den Bruder nicht im Stich lassen, gliederte die Londoner Niederlassung aus Siemens & Halske aus und gründete 1865 mit Wilhelm und Carl in London die Siemens Brothers & Co. Aber die Meinungsverschiedenheiten zwischen Halske und den Siemens-Brüdern blieben bestehen und führten Ende 1867 nach zwanzig Jahren zum Rückzug von Halske aus der Firma. Die Brüder Wilhelm und Carl wurden nach dem Ausscheiden Halskes die einzigen Teilhaber ihres Bruders Werner: Siemens & Halske wurde zum Familienunternehmen der Siemens-Brüder.

1870 ging nach dreijähriger Bauzeit die Indo-Europäische Telegraphenlinie von London über Teheran nach Kalkutta mit einer Länge von über 11.000 Kilometern in Betrieb.

Elektrolokomotive auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879
Elektrolokomotive auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879
  • 1879 die erste elektrische Eisenbahn und die erste elektrische Straßenbeleuchtung (in Berlin)
  • 1880 der erste elektrische Aufzug (in Mannheim)
  • 1881 die erste elektrische Straßenbahn (in Berlin-Lichterfelde)

Soziales Engagement

Siemens machte sich schon früh Gedanken um das Schicksal seiner Leute. Die normale Entlohnung erschien ihm nicht ausreichend: Mir würde das Geld wie glühendes Eisen in der Hand brennen, wenn ich den treuen Gehülfen nicht den erwarteten Anteil gäbe. Neben altruistischen Motiven veranlassten ihn auch firmentaktische Beweggründe zu einem solchen Vorgehen, wie er in einem Brief an seinen Bruder Carl schrieb: Es wäre auch nicht klug von uns, sie leer ausgehen zu lassen im Augenblicke großer neuer Unternehmungen.

Leitende Mitarbeiter hatten schon seit Mitte der 1850er Jahre Verträge, die ihnen erfolgsabhängige Tantiemen zusicherten, rangniedrigere Mitarbeiter bekamen – nicht vertraglich festgelegte – Prämien. Ab Mitte der 1860er zahlte Siemens & Halske eine so genannte Inventurprämie an alle Arbeiter und Angestellten, eine frühe Form des Leistungsanreizes und ein Vorläufer der heutigen Erfolgsbeteiligung. Dies alles waren Maßnahmen, um qualifizierte Mitarbeiter an Siemens & Halske zu binden und einen festen Arbeiterstamm zu bilden.

1872 gründete Siemens die Pensions-, Witwen- und Waisenkasse, an der sich auch Halske, der dem Unternehmen schon nicht mehr angehörte, beteiligte. Eine weitere sozialpolitsche Maßnahme war die 1873 erfolgte Einführung des 9-Stunden-Arbeitstags.

Ehrungen

Siemens-Statue in Berlin-Charlottenburg
Siemens-Statue in Berlin-Charlottenburg
Grabmal Werner von Siemens' auf dem Berliner Südwestkirchhof Stahnsdorf
Grabmal Werner von Siemens' auf dem Berliner Südwestkirchhof Stahnsdorf

1860 wurde Werner Siemens von der Universität Berlin die Würde eines Ehrendoktors verliehen. Auf der Weltausstellung in Paris 1867, wo Siemens seinen nach dem dynamoelektrischen Prinzip arbeitenden Generator ausstellte, wurde er mit dem Orden der Französischen Ehrenlegion ausgezeichnet. In Anerkennung seiner Leistungen wurde Werner Siemens 1874 als Mitglied in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1880 wurde er zum Geheimen Regierungsrat ernannt und 1886 wurde ihm der Orden Pour le Mérite für Kunst und Wissenschaften verliehen.

In Anerkennung seiner Verdienste um Wissenschaft und Gesellschaft wurde Siemens durch Kaiser Friedrich III. 1888 in den Adelsstand erhoben. Die SI-Einheit des elektrischen Leitwerts wurde nach ihm benannt. Zu seinen Lebzeiten wurde jedoch ein bestimmter elektrischer Widerstand als "1 Siemens" oder "Siemens-Einheit (SE)" bezeichnet, nämlich der Widerstand einer Quecksilbersäule bestimmter Abmessungen bei 0 °C; dieses Widerstands-Normal hatte Siemens entwickelt. 1 SE = 0,944 Ohm.

Denkmäler und Büsten

  • 1892 Marmorbüste von Bildhauer Adolf von Hildebrand, Siemens-Villa Berlin-Charlottenburg
  • 1893 Büste von H. Schenkam Institut für Chemie und Elektrotechnik der TH Stuttgart
  • 1893 Marmorbüste von Ludwig Brunow zur Gedächtnisfeier in der Philharmonie Berlin, später im Haus Werner von Siemens in Berlin-Lankwitz (verschollen)
  • 1893 Bronzebüste von Ludwig Brunow für die Weltausstellung Philadelphia (verschollen)
  • 1896 Kopfskulptur am Gewölbe der Oberbaumbrücke in Berlin von Johannes Boese
  • 1896 Büste an der Fassade der Urania in Berlin, später in Lankwitz (verschollen)
  • 1898 Bronzedenkmal auf der Potsdamer Brücke Berlin von Julius Moser (eingeschmolzen)
  • 1898 Gedenktafel in Lenthe
  • 1899 Bronzerelief im Siemens-Archiv von Adolf von Hildebrand
  • 1899 Marmorrelief für Gedenkstätte im Park der Siemens-Villa Charlottenburg (zerstört)
  • 1899 Bronzestandbild vor dem Hauptgebäude der TU Charlottenburg von Wilhelm Wandschneider (2006 restauriert und neu aufgestellt an der Str. des 17. Juni 136)
  • 1904 Gedenkplatte des Elektrotechnischen Vereins Berlin mit den Medaillons der beiden Gründer Siemens und Stephan
  • 1906 Marmorrelief im Ehrensaal des Deutschen Museum München von A. v. Hildebrand
  • Relief im U-Bahnhof Berlin-Klosterstraße von A. Vogel
  • 1914 Relief am Haus des Vereins Deutscher Ingenieure in Berlin von Hugo Lederer
  • 1914 Marmorrelief am Haus der Maschinenbauschulen in Magdeburg nach A. v. Hildebrand
  • 1916 Goldrelief auf der Kassette des Rings der Werner-von-Siemens-Ring-Stiftung
  • 1922 Marmorrelief auf der Grabstätte Siemens Südwestkirchhof Stahnsdorf nach A. v. Hildebrand
  • 1929 Marmorbüste (Kopie) im Ehrenraum der Elektrotechnik im Deutschen Museum München von Josef Wackerle

(Angaben aus: Siemens-Mitteilungen Nr. 145 v. 12. Oktober 1933)

Literatur

  • Werner von Siemens: Lebenserinnerungen Piper-Verlag, München 2004, 19. überarbeitete und erweiterte Auflage der Originalausgabe Berlin, Springer, 1892
  • Werner von Siemens: Lebenserinnerungen Archiv-Verlag, Braunschweig 2005(?), Reprint der Originalausgabe Berlin, Springer, 1895, 4. Aufl.
  • Wilfried Feldenkirchen: Werner von Siemens. Erfinder und internationaler Unternehmer Piper-Verlag, München 1996
  • Wilfried Feldenkirchen, Almuth Bartels: Werner von Siemens Ullstein, München 2000, ISBN 3-548-35948-5
  • Conrad Wandrey: Werner Siemens. Geschichte seines Lebens und Wirkens, Erster Band, München 1942
  • Wolfgang Ribbe, Wolfgang Schäche: Die Siemensstadt- Geschichte und Architektur eines Industriestandortes" Erst Verlag, Berlin 1985 ISBN 3-433-01023-4
  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser B Band XIII, Seite 385, Band 73 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1980, ISSN 0435-2408

Weblinks

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