Berlinische Grammatik
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Der Berlinische Dialekt hat nie eine eigene offizielle Schriftsprache entwickelt. Der Dialekt entstand aus einem niederdeutschen Dialekt, der durch die Verwendungen der hochdeutschen Sprache und ihrer schriftsprachlichen Besonderheiten überformt wurde. Bei der Schriftsetzung wird gewöhnlich hochdeutsche Rechtschreibung verwendet.
Neben der offiziellen Schriftsprache finden sich inoffizielle Schriftsetzungen, die zur Wiedergabe von Texten des Berlinischen eingesetzt werden. Dies geschieht häufig in kurzen Glossen der Berliner Tageszeitungen, die insbesondere den Berliner Sprachwitz aufgreifen. Daneben gibt es einige wenige Bücher, die gänzlich im Berliner Dialekt geschrieben sind.
Je nach Art der Publikation wird die Berlinische Schriftsetzung mal mehr oder weniger abweichend von der hochdeutschen Rechtschreibung angesetzt. In der Regel versucht man, die Ähnlichkeit zur hochdeutschen Rechtschreibung zu erhalten, da auch den Berlinern nur diese aus dem Alltag geläufig ist. Man beschränkt sich dann auf wenige Grundregeln der Lautersetzung und einer begrenzten Liste von gänzlich ersetzten Worten (Berlinismen).
Daneben ist es möglich, die Berlinische Schriftsetzung stark an den phonetischen Klang anzulehnen. Dies ist schon deshalb problematisch, da die Aussprache im Umgang stark von Alter und Herkunft des Berliners abhängt. Noch dazu tendieren Berliner dazu, je nach Situation stärker Berlinische oder hochdeutsche Lautung einzusetzen; sie passen sich dabei oft ihrem Gegenüber an.
Man beachte, dass manche hierunter als „Lautverschiebungen“ markierten Korrespondenzen zwischen dem Standarddeutschen und dem Berlinischen nicht die Folgen einer Lautverschiebung im Berlinischen sondern gerade im Hochdeutschen sind. Das Hochdeutsche pf ist aus dem Urgermanischen p entstanden, ch aus k, und ß bzw. z aus t, nicht umgekehrt. Diese urgermanischen Konsonanten sind in den Berlinischen Wörtern Appel (vgl. hochdeutsch Apfel) und Schnute (vgl. hochdeutsch Schnauze) immer noch enthalten. Übrigens: Viele Wörter, die im Protogermanischen (Urgermanischen) ein au haben, haben im Deutschen ein o. Die Berliner sind in dieser Hinsicht also noch konsequenter als der Rest Deutschlands (z. B. Not zu <Urg. *nauđ).
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[Bearbeiten] Lautverschiebungen
[Bearbeiten] Z → SS
Das z [ts] kann zu ss [s] werden.
- zu Hause [tsuˈhaʊ̯zə] → ssu Hause [suˈhaʊ̯zə]
[Bearbeiten] R → A
Nach langem Vokal wird r zu einem kurzen a:
Die Ersetzung von -r zu -a ist so regelmäßig, dass die Ersetzung zumeist nicht transkribiert wird. Es verbleibt die hochdeutsche Rechtschreibung (wir, Tür) auch bei anderer Lautung.
Ein r nach kurzem Vokal wirkt auf den Vokal verlängernd. Im Vergleich zum Hochdeutschen ist dabei auffällig, dass der Vokal offen bleibt, obwohl er lang ausgesprochen wird. Im Schriftbild können solche Vokale durch Verdopplung des Vokals selbst und Verdopplung des folgenden Konsonanten dargestellt werden.
Auch diese Ersetzung ist so regelmäßig, dass sie zumeist nicht transkribiert wird.
[Bearbeiten] L → LH
Das l wird - wie im Berndeutschen - außer vor Vokal und am Wortende - zu stimmhafterem ł. Das ł klingt wie eine Mischung aus Schwundvokal Schwa und englischem w. Dies wird in der Regel nicht transkribiert.
Steht es vor einem Schwundvokal, wird l ebenfalls zu ł.
Steht das stimmhafte l mit andere stimmhaften Lauten wie d und g/j zusammen, so werden nachfolgende gekürzt, teils ganz ausgelassen:
- Entschuldigung [ɛntˈʃʊldɪgʊŋ] → Tschuldjung [ˈtʃʊɫjʊŋ]
[Bearbeiten] PF → P / F
Die Verbindung pf ist im Berlinischen sehr selten. Meistens wird sie anlautend zu f, inlautend und auslautend zu p.
Einige Worte erhalten ihr pf. Dies ähnelt dem Niederdeutschen.
- Opfer →
Oppa
[Bearbeiten] M
Ein b fällt vor m aus. Dies geschieht im Berlinischen sehr häufig, da die Endung -em durch den Ausfall des Schwundvokals zu -m verkürzt wird.
Ebenso werden d und t angeglichen.
Hierbei wird anstelle des t ein gutturaler Stopp gesprochen, so als würde das m ein neues eigenständiges Wort sein. Einfacher gesagt, das t wird wie ein p gesprochen.
[Bearbeiten] N
Ein b fällt vor n aus. Jedoch wird hierbei das n zu m.
Ein p fällt vor n zwar nicht aus, das n wird jedoch zu m. (Kompliziert gesagt, fällt das p schon aus, und ein gutturaler Stopp bleibt übrig.)
Vor ft wird n ebenfalls zu m.
- Auskunft [ˈaʊ̯skʊnft] → Auskumft [ˈaʊ̯skʊɱft]
Ein d fällt vor n aus.
Nach g, k, ch ("ach"-Laut) und ng wird n zu ng. Hierbei fällt das g oftmals aus.
- legen [ˈleːgən̩] → legn [ˈleːŋ̍]
- hocken [ˈhɔkən̩] → hockn [ˈhɔkŋ̍]
- machen [ˈmaxən̩] → machn [ˈmaxŋ̍]
- singen [ˈzɪŋən̩] → singn [ˈzɪŋŋ̍]
Das n kann jedoch dann wieder gesprochen werden, wenn das Wort mit Vokal, einem d oder einem t fortgesetzt wird.
- Signal [zɪˈgnaːl] → Signal, Singnal [zɪˈŋnaːl]
- Abend [ˈaːbn̩t] → Abnd, Aamnd [ˈaːmn̩t]
- eigentlich [ˈaɪ̯gn̩tlɪç] → eigntlich, eingntlich [ˈaɪ̯ŋn̩tlɪç]
[Bearbeiten] G → GH
Das g wird nach Vokal zu einem frikativen Laut. Stimmhaft wird es dann nach e, i, ä, ö, und ü zu j, und nach a, o und u zu einem r / gh, ähnlich dem arabischen غ (gheyn).
Stimmlos wird frikativ gewordenes g dann dementsprechend zu einem Ich-Laut oder einem Ach-Laut:
In der hochdeutschen Endung -ig ist diese Frikativwerden bereits vorhanden. Wird das Wort nach -ig fortgesetzt, bleibt das g, wie auch im Hochdeutschen, plosiv, wird also nicht frikativ.
- Königreich →
Könichreich
Auslautendes g verkürzt ein vorhergehendes a oder u.
Anlautend kann g immer zu j werden, jedoch bei jüngeren Sprechern seltener vor r, l, o und ei.
[Bearbeiten] K → KH
Das k [k] kann nach r zu kh / ch [x] werden.
[Bearbeiten] CH → SCH, J
Als Ich-Laut kann ch zu sch werden.
- ordentlich [ˈɔʁdn̩tlɪç] → ordntlüsch, oonntlüsch [ˈɔːn̩tlʏʃ]
Bei schnellerem Sprechtempo können die Nachsilben -lich und -ig beide stimmhaft werden, also zu -lij und -ij. Dies wird, wenn überhaupt, mit einem Apostroph transkribiert.
- richtig [ˈʁɪçtɪç] → rüchti’ [ˈʁʏçtɪʝ]
- wirklich [ˈvɪʁklɪç] → würkli’ [ˈvʏʁklɪʝ]
- gleich [glaɪ̯ç] → glei’ [glaɪ̯ʝ]
Auch mich, dich, sich und nich können dann stimmhaft enden.
[Bearbeiten] H → J
Zwischen Vokalen wird h zu j, was jedoch in der Regel nicht transkribiert wird.
- Ehe → Eje, Ehe
[Bearbeiten] E
Vor Konsonant fällt e als Schwundvokal in der Regel aus.
Insbesondere wird aus einem unbetonten er als letzte Silbe am Wortende (bzw. am Ende eines Wortteils) ein a, denn das r wird nach Vokal zu a, und das e fällt aus. Dies wird nicht immer transkribiert.
- besser [ˈbɛsəʁ] → besser, bessa [ˈbɛsa]
- verbessern [fɛɐ̯ˈbɛsɐn] → verbessern, vabessan [faˈbɛsan]
- herbei [hɛɐ̯ˈbaɪ̯] → herbei, habei [haˈbaɪ̯]
Ein e fällt jedoch nicht nach r, chn, tm aus.
- interessant → intressant →
interssant - rechnen → rechnen →
rechnn - atmen → atmen →
atmn
Nach kurzem i oder u wird sogar ein Schwundvokal eingefügt.
[Bearbeiten] Ä → E
Ein ä wird im Berlinischen immer wie ein e gesprochen.
Aus diesem Grunde wird ein kurzes e durch ein darauf folgendes r nicht gelängt, da dies phonetisch einem ä entsprechen würde. Stattdessen wird ein kurzes e vor r lang gesprochen.
[Bearbeiten] EI → EE
ei wird oft zu ee.
[Bearbeiten] I → Ü
Offenes i kann zu offenem ü werden.
Die Transkription der Lautung auf ü ist selten und meistens auf feststehende Formen wie nüscht beschränkt. In anderen Fällen verbleibt die hochdeutsche Rechtschreibung bei anderer Lautung, vgl. "Licht" [lɪçt].
[Bearbeiten] AU → OO
au [aʊ̯] wird oft zu oo [oː] (Monophthongierung), und zwar wenn es dem urgermanischen au entspricht:
- auch [aʊ̯x] → åuch, ooch [oːx] (<Urg. *auk)
- aus [aʊ̯s] →
oos(hier entspricht das au dem urg. û: *ût)
[Bearbeiten] Wortbildung
Wörter können zusammengezogen werden und verändern sich dabei. Einige dieser Formen sind so auffällig, dass sie im Berlinischen ins Schriftbild transkribiert werden.
ich [ɪç] → i(c)k [ɪk] | kann ich [ˈkanɪç] → kann ick → kannik [ˈkanɪk] |
du [duː] → de [də] / e [ə] | wenn du [ˈvɛnduː] → wennde [ˈvɛndə]; hast du [ˈhastd̥u] → haste [ˈhastə] |
er [eːɐ̯] → a [a] | will er [ˈvɪlˀeːɐ̯] → willa [ˈvɪla] |
sie [ziː] → se [zə] | will sie [ˈvɪlziː] → willse [ˈvɪlzə] |
wir [viːɐ̯] → wa [va] | haben wir [ˈhaːbn̩ˌviːɐ̯] → habnwa, hamwa [ˈhamva] (→ hamma [ˈhamma]) |
ihr [iːɐ̯] → a [a] | wisst ihr [ˈvɪstiːɐ̯] → wissta [ˈvɪsta] |
sie [ziː] → se [zə] | sehen sie [ˈzeːənziː] → sehnse [ˈzeːnzə] |
mir [miːɐ̯] → ma [ma] | kannst du mir [ˈkanstd̥uˌmiːɐ̯] → kannstema [ˈkanstəˌma] |
dir [diːɐ̯] → da [da] | wenn ich dir [ˈvɛnɪçˌdiːɐ̯] → wennikda [ˈvɛnɪkˌda] |
ihm [iːm] → m [m̩] | habe ich ihm [ˈhaːbəɪçˌiːm] → habbikm [ˈhabɪkm̩] |
ihr [iːɐ̯] → a [a̯] | wollte er ihr [ˈvɔltəˌˀeːɐ̯ˌˀiːɐ̯] → wolltaa [ˈvɔltaˀa̯] |
mich [mɪç] → mij [mɪʝ] | als sie mich [ˈalsˌz̥iːˌmɪç] → alssemi’ [ˈalsəˌmɪʝ] (oder alssema = als sie mir) |
dich [dɪç] → dij [dɪʝ] | hast du dich [ˈhastˌd̥uˌdɪç] → hastedi’ [ˈhastəˌdɪʝ] (oder hasteda = hast du dir) |
ihn [iːn] → n [n̩] | will ich ihn [ˈvɪlɪçˌiːn] → willikn, willikng [ˈvɪlɪkŋ̍] |
sich [zɪç] → sij [sɪʝ] | da kann er sich [daˈkaneːɐ̯ˌzɪç] → da kannasi’ [daˈkana̯ˌsɪʝ]) |
dem [deːm] → ’m [m̩] | zu dem [ˈtsuːdeːm] → zum [tsʊm] |
den [deːn] → n [n̩] | zu den [ˈtsuːdeːn] → zun [ˈtsuːn̩] |
der [deːɐ̯] → a [a̯] | zu der [ˈtsuːdeːɐ̯] → zua [ˈtsuːa̯] |
Gegebenenfalls wird das Trägerwort der Liaison der Aussprache angepasst, um eventuell die Stimmlosigkeit des Auslauts oder die Kürze des Vokals zu verdeutlichen.
- hat er [ˈhatˀeːɐ̯] → hatta [ˈhata]
- ob ich [ˈɔpɪç] → ob ick → oppik [ˈɔpɪk]
- mit dem [ˈmɪtd̥eːm] → mittm, mippm [ˈmɪpm̩]
- mit der [ˈmɪtd̥eːɐ̯] → mitta [ˈmɪta]
- in der [ˈɪndeːɐ̯] → inna [ˈɪna]
Der Auslaut des Trägerwortes kann in einigen Fällen verschwinden. Ist der ausfallende Auslaut ein n, so wird -ik zu -ink.
- Dazu hättest du doch auch noch einmal etwas sagen können. [ˈdaːtsuː ˈhɛtəstˌd̥uːˌdɔx ˈaʊ̯xˌnɔx ˈaɪ̯nmaːl ˈɛtvas ˈzaːgn̩ˌkœnən]
- →Da hättste do’ oo’ no’ ma’ wat ssu sagn könnn. [daː ˈhɛtsˌtə dɔː ˈoːnɔma vat suː ˈsaːŋ̍ kœnː]
[Bearbeiten] Syntax
[Bearbeiten] Pronomen
[Bearbeiten] Ersetzen von Personalpronomen
Im Berlinischen wird wesentlich häufiger ein Demonstrativpronomen statt eines Personalpronomens benutzt.
- it → dit (it regnet → dit regnet)
[Bearbeiten] „hier“ und „da“ statt „dieset“ und „jenet“
Gebräuchlicher als diesa, diese und dieset sind der hier, die hier und dit hier. Ebenso hört man häufiger der da, die da und dit da als jena, jene und jenet.
- Gibst du mir jenes Buch? → Jibste mir dit Buch da?
[Bearbeiten] Wegfall am Satzanfang
Personalpronomen, Demonstrativpronomen und da können am Satzanfang ausfallen, wenn der Kontext klar ist.
- Ick hab keene Ahnung. → Hab keene Ahnung.
- Dit ha’ik do’ jewusst. → Ha’ik do’ jewusst.
- Da warik schon. → Warik schon.
- Jedient? (statt „Haben Sie gedient?“)
[Bearbeiten] Auftrennung von Pronomen und Partikel
Verbindungen wie woher werden im Berlinischen öfter als im Hochdeutschen aufgetrennt.
- Woher kommst du? → Wo kommste her?
- Davon habe ich nichts. → Da ha’ ik nüscht von.
Beginnt der Partikel mit einem Vokal, sodass zwischen da bzw. wo und dem Partikel ein r eingefügt werden muss, beginnt nach der Auftrennung der Partikel mit dr.
- Daraus mache ich mir nichts. → Da machikma nüscht draus.
[Bearbeiten] Deklination
Die berlinische Deklination verwendet die gebeugten Formen des Hochdeutschen. Die Verwendung unterscheidet sich jedoch deutlich. Im Berlinischen existiert keine grammatikalische Unterscheidung von Dativ und Akkusativ, sodass die hochdeutschen Beugungsformen wahlweise erscheinen können. Der auch im Hochdeutschen erscheinende Trend, viele Genitivformen nach Präposition durch eine Dativform zu ersetzen, ist im Berlinischen Sprachgebrauch fast durchgehend, und greift auch auf präpositionsfreie Wendungen über.
[Bearbeiten] Akkusativ-Dativ-Gleichklang
Die scheinbar mangelnde Unterscheidung des Berliners zum Einsatz eines Dativs oder Akkusativs ist sprichwörtlich. Schon im letzten Jahrhundert entstand das geflügelte Wort von
- „Mir“ und „mich“ verwechs’lik nich,
- dit kann mich nich passier’n.
Oder
- „Mir“ und „mich“ verwechs’lik nich,
- dit kommt bei mich nich vor.
Nach neueren Untersuchungen folgt hier das Berlinische jedoch dem neueren Niederdeutschen, wo es nur den Objektfall als dritten und letzten Kasus gibt. Das Berlinische kennt jedoch keine spezielle Beugungsform eines Objektfalls, sodass zur Objektnennung wahlweise Akkusativ oder Dativ eingesetzt wird, der (ursprünglich scherzhaft) auch "Akkudativ" genannt wird. Welche Beugungsform erscheint, hängt scheinbar nicht von grammatikalischen Regeln ab, sondern erfolgt mehr nach klanglichen Gesichtspunkten - im obigen Beispiel durch Reim auf nich.
Bei den meisten Substantiven verwendet der Berliner die Formen des Akkusativ, da sie sich leichter aussprechen. Dies gilt umso mehr, wenn ganze Artikel durch Präpositionen gebunden werden können. Ein Endungs-e kann dabei auch als Verkürzung eines geschlechtslosen de statt der/die/das gesehen werden:
- mit der Freundin → mitta Freundin → mitte Freundin
- mit den Leuten → mittn Leutn → mitte Leute
Bei den Personalpronomen ist die Dativform geläufiger. Im Niederdeutschen ist die Objektform von dir / dich und mir / mich ein einfaches di und mi. Das hochsprachliche mir und dir steht dem klanglich näher, sodass es regelmäßig bevorzugt und oftmals zusätzlich verschleift wird. Um eine Verwechselung des Dativs mit dem Akkusativ handelt es sich jedoch dabei nicht, lediglich um einen verkürzten Gleichklang:
- Das habe ich mich gefragt. → Dit ha’ikmi’ jefracht. → Dit ha’ikma jefracht.
In den wenigen Fällen des Hochdeutschen, wo nach einem Verb zwei direkte Objekte gefordert werden, wird im Berlinischen das zweite Objekt regelmäßig mittels zusätzlicher Präposition gegenüber markiert:
- Ich bevorzuge Matthias (Akkusativ) gegenüber Hans (Dativ).
[Bearbeiten] Der sogenannte „Gendativ“
Der Genitiv wird im Berlinischen nahezu durchgehend ersetzt. Der Trend im Hochdeutschen und anderen europäischen Sprachen (z.B. Englisch), präpositional geforderte Genitive durch Dativ zu ersetzen (wegen-wem) ist im Berlinischen durchgehend für alle präpositionalen Formen, und darüberhinaus auch häufig für direktes Genitiv anzutreffen. Zur Unterscheidung von anderen Objektformen kann es dazu mit zusätzlicher Präposition von markiert werden:
- die Schwester meines Freundes → die Schwester von meinem Freund (die Schwesta von mein’m Freund)
- wegen dieses Vogels → weg’n dies’m Vogel (wee’ng dies’m Voorel)
- während des Spiels → währ’nd’m Spiel (weamptn Spiel)
Die generelle Nicht-Unterscheidung aller Fälle ist eher mundartlich. Das Berlinische hat dabei eine Tendenz, nur Subjekt und direktes Objekt in seiner Lautung zu unterscheiden. So kann ein durch Dativ ersetzter Genitiv auch durchaus in der Beugungsform eines Akkusativ erscheinen. Dies ist im Sprachgebrauch jedoch selten:
- Hast du mich nicht gesehen? → Haste mir nich jeseh’n?
- wegen der Hitze → wegen die Hitze (wee’ng di Hitze)
Diese Deutung ist allerdings umstritten. Meistens erscheint Nichtberlinern bereits der verkürzte Gleichklang von "mir" und "mich" zu "ma" bzw. "mi" oder von "der" und "di" zu "de" als eine Verwechselung von Genitiv und Dativ.
[Bearbeiten] Betonungsformen auf „e“
Zur Betonung eines Wortes kann ein e angefügt werden, besonders wenn dieses Wort alleine steht. Dies ähnelt dabei einer Unterscheidung in vielen nichtdeutschen Sprachen, etwa im Französischen dem Unterschied zwischen unbetontem je und betontem moi. Im Berlinischen ist dieses jedoch weitgehend generalisiert, zu den häufig anzutreffenden Formen gehören:
- ick → icke
- jetz → jetze
- dit → ditte
- drin → drinne
- sechs → sechse
[Bearbeiten] Erweiterter Infinitiv mit „zu“
Der Gebrauch von Infinitiven mit oder ohne "zu" stimmt nicht immer mit dem Hochdeutschen überein. Diese Eigenart geht auch gebildeten und ausschließlich Hochdeutsch sprechenden Berlinern in der Regel nicht verloren, selbst im Schriftgebrauch. Ein Dauerbrenner in Deutschen Lektoraten und Redaktionen.
- Haste nix bess’ret zu tun als-n janz’n Tach rumsitzen? (statt: rumzusitzen)
- Ick hab'm Buch uff'm Tisch zu lieng. (statt: uff'm Tisch lieng)
Meistens wird "brauchen" ohne "zu" gebraucht. Hinzu kommt, dass die dritte Person Einzahl ohne "t" gebildet wird, wodurch "brauchen" im Berlinischen zu den Hilfsverben gezählt werden kann.
- Dann braucht er es nicht zu machen. → Denn broochat nich mach’ng.
[Bearbeiten] Alternative Schreibweise mit diakritischen Zeichen
Wenn eine stärkere lautliche Darstellung gewünscht ist, so bietet es sich an, Lautersetzungen durch diakritische Zeichen zu markieren. Dies vermeidet, dass der Leser intuitiv versucht ist, einen Rechtschreibfehler zu vermuten statt einer regelmäßigen Lautersetzung.
- Einzig für den ɣ-Laut findet sich eine Schreibung als gh, da dies in hochdeutscher Schreibung nicht vorkommt, von Linguisten jedoch schon regelmäßig als Vereinfachung eines diakritisch markierten g verwendet wird (ĝ).
- Wenn eine diakritische Markierung mit Zirkumflex-Buchstaben erfolgt, dann können viele Ersetzungen regelmäßig geschrieben werden, darunter er→â (gesprochen kurzes offenes a), g→ĵ(gesprochen zwischen g und r), i→î (gesprochen als ü), und optional e→ê (gesprochen geschlossenes langes e), - meen Vâlêĵâ hat nîscht jesaĵt dazu. (Die Verwendung von ĵ statt ĝ bietet sich an, da die j-Lautung im weiteren Berlinischen dominiert).
- Andere Buchstabenersetzungen sind möglich. Analog zum skandinavischen å, welches eine Verschiebung von a zu o kennzeichnet, bietet sich in berlinischer Schreibweise ein åu an, welches eine Verschiebung von au zu o kennzeichnet (Baum zu Båum). Nach Vokal erfährt l oft eine Aufweichung, die man auch als ł schreiben kann, in Anlehnung an das polnische ł (willst zu wiłłst, alles zu ałłet). Ein stimmhaftes d wird dabei stumm (Entschuldigung zu Tschułłjung).