Das Unglück des Junggesellen
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Das Unglück des Junggesellen ist eine Prosaskizze von Franz Kafka, die 1913 im Rahmen des Sammelbandes Betrachtung erschien.
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[Bearbeiten] Inhalt
Das kurze Prosastück beginnt mit den Worten: "Es scheint so arg, Junggeselle zu bleiben...". Dann wird die Einsamkeit des Junggesellen geschildert ohne Häuslichkeit und ohne vertraute Nähe zu Frau und Kindern. In der Vorstellung entwickelt sich die Figur immer mehr zu dem Prototyp des Junggesellen, wie man ihn in der eigenen Erinnerung hat. Abschließend heißt es, dass man tatsächlich dastehen wird " mit einem Körper und einem wirklichen Kopf, also auch einer Stirn, um mit der Hand an sie zu schlagen."
[Bearbeiten] Analyse
[Bearbeiten] Sprachstil
Die Prosaskizze besteht aus zwei Sätzen. Der erste, sehr umfangreiche Satz schildert das Junggesellenschicksal als etwas nur allgemein denkbares ("Es scheint..."). Der zweite Satz aber offenbart, dass dieses Schicksal die harte Realität des anonymen Erzählers selbst ist. Insofern verschiebt sich hier die Erzählperspektive. Der Erzähler bringt seine eigene Betroffenheit nicht sprachlich von Anfang an zum Ausdruck.
[Bearbeiten] Biografischer Hintergrund
Die Schilderung des Junggesellendaseins nimmt in Kafkas Werk einen breiten Raum ein. Da ist u.a. zu nennen Blumfeld, ein älterer Junggeselle, Gregor Samsa aus Die Verwandlung und Josef K. aus Der Process oder Raban aus Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande. Kafka reflektierte damit sein eigenes Unverheiratetsein. Im Hinblick auf die zentrale Stellung, die sein problembehaftetes Schreiben für ihn einnahm, war die Belastung des Ehemann- und Vaterseins für ihn selbst nicht als Lebensform denkbar.
Kafka hat die einzelnen Stücke des Bandes Betrachtung in den Jahren bis 1910 als recht junger Mann verfasst, also weit vor seinen 3 Ver- und Entlobungen. Wie mehrfach in seiner Biografie hat sein Leben den Inhalt seiner Werke im nachhinein bestätigt. Kafka hat insofern sein eigenes Schicksal in seinen Schriften vorweggenommen.
[Bearbeiten] Eine Deutung
In dem vorliegenden Stück wird die unwürdige Situation dessen beklagt, der im Alter menschliche Geselligkeit suchen muss. Der Junggeselle erscheint bedrückend heimatlos und entfremdet, weil "sein Zimmer nur Seitentüren hat, die in fremde Wohnungen führen". Da ist keine von einer Frau umsorgte Wohnung, in die man sich zurückziehen kann. Da ist keine Vertraulichkeit unter Eheleuten. Fremde Kinder kann er nur anstaunen, weil sie in seinem Lebensentwurf etwas unerreichbares sind. Der Status des Junggesellen wird als etwas absolutes dargestellt, die Möglichkeit vielleicht doch noch eine feste Beziehung zu finden, wird nicht erwogen. Es wird ausschließlich das Negative am Junggesellendasein dargestellt, nie die Freiheit und das leichtere Leben. Diese Existenz wird hier und in anderen Kafka-Werken nur als armselig und lebensuntüchtig beschrieben.
Die kleine Prosasskizze endet mit der Geste, des sich mit der Hand an die Stirn Schlagens. Es ist eine Geste, die schlagartiges Erinnern oder Erkennen ausdrückt. Oder sagt die Geste "Wie konnte ich nur?" Sie drückt hier ein abruptes sich Besinnen aus über etwas, das sich im eigenen Leben falsch entwickelt hat. Kleine Gesten werden von Kafka mehrfach in Betrachtung eingesetzt, um innere Befindlichkeiten auszudrücken, siehe hierzu Zerstreutes Hinausschaun, Entschlüsse
[Bearbeiten] Ausgaben
- Franz Kafka. Sämtliche Erzählungen. Herausgegeben von Paul Raabe. Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1970. ISBN 3-596-21078-X.
- Franz Kafka. Der ewige Sohn. Eine Biographie. Herausgegeben von Peter-André Alt. Verlag C.H. Beck, 2005. ISBN 3-406-53441-4
[Bearbeiten] Weblink
Text von Das Unglück des Junggesellen
Kinder auf der Landstraße | Entlarvung eines Bauernfängers | Der plötzliche Spaziergang | Entschlüsse | Der Ausflug ins Gebirge | Das Unglück des Junggesellen | Der Kaufmann | Zerstreutes Hinausschaun | Der Nachhauseweg | Der Vorüberlaufenden | Der Fahrgast | Kleider | Die Abweisung | Zum Nachdenken für Herrenreiter | Das Gassenfenster | Wunsch, Indianer zu werden
Die Bäume | Unglücklichsein