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Franz Radziwill

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Franz Radziwill (* 6. Februar 1895 in Strohausen bei Rodenkirchen in der Wesermarsch; † 12. August 1983 in Wilhelmshaven) war als Maler ein bedeutender Vertreter des magischen Realismus, einer Unterform der neuen Sachlichkeit. Sein Werk umfasst etwa 800 Gemälde.

Den Großteil seines Lebens verbrachte er in Dangast in der Nähe von Varel am Jadebusen. Während der Zeit des Nationalsozialismus hatte er mehrfach Ausstellungsverbot, drei seiner Frühwerke wurden in der Ausstellung Entartete Kunst gezeigt. Trotz des Ausstellungsverbots engagierte er sich für den Nationalsozialismus und war Funktionär der NSDAP. Er thematisierte das Spannungsfeld von Technik und Natur. In einer Reihe seiner Bilder zerreißt der Himmel.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Lebenslauf

[Bearbeiten] 1895 bis 1918

Franz Radziwill wird am 6. Februar 1895 als erstes von sieben Kindern des Töpfers Eduard Radziwill und seiner Ehefrau Karoline, geborene Suhrendorf, in Strohausen bei Rodenkirchen in der Wesermarsch geboren. 1896 siedelt die Familie nach Bremen um. Nach dem Besuch der Volksschule beginnt er eine Lehre als Maurer. Nach der Gesellenprüfung ist er ein halbes Jahr als Geselle tätig.

1913 (bis 1915) bekommt er die Zulassung zum Besuch der Höheren Technischen Staatslehranstalt für Architektur in Bremen aufgrund hervorragender Prüfungsleistungen. Er besucht Abendkurse in figürlichem Zeichnen an der Bremer Kunstgewerbeschule, erste Architekturbilder und Stilleben entstehen, er schließt Bekanntschaft mit den Künstlerkreisen in Fischerhude und Worpswede (mit Bernhard Hoetger, Otto Modersohn, Heinrich Vogeler, Jan Bontjes van Beek und Olga Bontjes van Beek und Clara Rilke-Westhoff) durch seinen Mentor, den Architekten Karl Schwally.

Im Ersten Weltkrieg ist er von 1915-1918 Soldat in Russland, Flandern und Nordfrankreich; es entstehen "mehr als fünfhundert" (Radziwill) Aquarelle und Zeichnungen. Erster Aufenthalt in Dangast; zwei Künstlerbücher entstehen.

[Bearbeiten] 1919 bis 1930

1922 kommt es zu einem zweiten Aufenthalt in Dangast und er entschließt sich, dorthin überzusiedeln. Im gleichen Jahr stirbt der Vater. Im folgenden Jahr heiratet er Johanna Ingeborg Haase aus Tweelbäke bei Oldenburg, im Oktober kauft das Paar das Haus Sielstraße 3 in Dangast.

1925 reist er erstmals in die Niederlande. Hier lernt Radziwill den Maler Mathias (Thee) Lau in Schoorl kennen, den er in den folgenden sieben Jahren regelmäßig besucht. Im Anschluss setzt er sich mit der Niederländischen Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts auseinander. Zur gleichen Zeit entsteht die lebenslange Freundschaft mit dem Oldenburger Nervenarzt Georg Düser.

Ein Studienaufenthalt in Dresden mit einem Stipendium Hamburger Kaufleute 1927 ermöglicht den Kontakt zu Otto Dix. Dieser stellt Radziwill eines der Ateliers der Kunstakademie zur Verfügung und malt sein Porträt. Er studiert die Malerei Caspar David Friedrichs und Carl Gustav Carus.

Während einer Einzelausstellung in der Chemnitzer Kunsthütte 1928 besucht Radziwill eine Vortragsreihe über das Thema Kunst und Technik. Er erhält die Goldene Medaille der Stadt Stadt Düsseldorf für das Gemälde Die Straße.

[Bearbeiten] 1931 bis 1945

1931 wird er Mitglied der Novembergruppe (Berlin). Es ist der Beginn eines intensiven Briefwechsels mit dem Bildhauer Günther Martin, der Mitglied der NSDAP ist.

Im folgenden Jahr kommt es zur Gründung und Beginn einer Wanderausstellung der Gruppe Die Sieben (Theo Champion, Adolf Dietrich, Hasso von Hugo, Alexander Kanoldt, Franz Lenk, Georg Schrimpf und Franz Radziwill).

1932 schreibt Radziwill in einem Brief an Wilhelm Niemeyer: "Jedenfalls scheine ich als Nazi in Berlin schwer verrufen zu sein. Dieses ist mir aber bester Lohn, weiter für diese hohe Bewegung zu werben, die den schönsten Sinn hat, Deutschland! Wenn Ihr am 30. Juli zur Wahl geht, dann gebt Hitler eure Stimme."

Am 1. Mai 1933 tritt er zusammen mit Wilhelm Niemeyer und Georg Düser in die NSDAP ein. Radziwill erarbeitet mit Günther Martin ein Konzept von Gemeinschaftausstellungen, das er dem preußischen Kultusminister Bernhard Rust vorstellt. In der Folge kommt er zur Berufung auf einen Lehrstuhl an der Akademie in Düsseldorf. Dieses ist der Beginn einer Freundschaft mit dem Kriegsmarineoffizier und Maler Fritz Witschetzky.

1934 besucht er den Reichsparteitag. In diesem Jahr kommt es zur Eröffnung einer "Gemeinschaftsausstellung deutscher Künstler" in Düsseldorf sowie zur Teilnahme an der Biennale in Venedig. Hamburger Studenten entdecken frühe expressionistische Arbeiten Radziwills in einem Bodenraum der Hamburger Kunstschule.

Eine Fahrt auf dem Panzerschiff „Deutschland“ 1935 hinterlässt einen tiefen Eindruck. In der nationalsozialistischen Studentenzeitung Die Bewegung wird Radziwill als „Kulturbolschewist“ denunziert. In der Folge kommt es zur Beschlagnahmung eines Bildes im Auktionshaus Max Perl (Berlin), der Schließung einer Radziwill-Ausstellung in Jena und der Entlassung aus dem Lehramt in Düsseldorf wegen pädagogischer Unfähigkeit. Radziwill kehrt nach Dangast zurück und widmet sich dem Ausbau seines Hauses. Dazu äußerte sich Radziwill 1971 in einem Interview: Dann hieß es: Raus aus der Partei und Ausstellungsverbot, und dann kam alle vier Wochen die Gestapo und guckte zu, was ich gemalt hatte. Und mit dem Ausstellungsverbot da war nun für mich die Saure-Gurken-Zeit angetreten - nach der Richtung hin, dass ich in der Öffentlichkeit nicht mehr erschien ...

Trotzdem kommt es von 1933-1939 zu Schiffsreisen als Gast der Marine nach Brasilien, den Karibischen Inseln, Nordafrika, Spanien, Großbritannien und Skandinavien.

Auch nach der Rehabilitation 1936 durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda wird im Folgejahr eine Ausstellung in Königsberg verboten und das Gemälde Die Straße beschlagnahmt. Aber es kommt auch zur Ausstellung der Bilder Cambrai, Narosz und Grab im Niemandsland als Kriegstriptychon in der Hamburger Kunsthalle (bis 1939) und zu großen Einzelausstellungen in Köln und Wuppertal.

In der Nach-Düsseldorfer-Zeit engagiert sich Radziwill stärker als zuvor für die Nationalsozialisten. Am 4. Mai 1937 denunziert Ortsgruppenpropagandaleiter Franz Radziwill zwei Dangaster, indem er dem Ortsgruppenleiter der NSDAP meldet, dass die beiden es bei einem Aufmarsch in Varel vorzogen sich in eine Gastwirtschaft zu begeben, anstatt sich die Rede Hitlers anzuhören. Im selben Jahr wird Radziwill Hauptstellenleiter im Kreisstab der NSDAP.

Die Berliner Ausstellung Entartete Kunst 1938 zeigt drei frühe Bilder Radziwills, die er selbst als wertlose Malerei bezeichnet. Es kommt danach zu Absagen von Ausstellungen in Hamburg und Düsseldorf, zur Schließung einer Ausstellung in Frankfurt, zu Beschlagnahmungen in Essen, Bremen und Berlin und zum Verbot von Einzelausstellungen. Trotzdem kommt es zu zahlreichen Verkäufen und Aufträgen. In der Ausstellung "Kunstschaffen im Gau Weser-Ems 1938" werden drei Bilder von Radziwill gezeigt.

1939 bis 1941 war er Soldat an der Westfront, 1941 aus Altersgründen vom Militärdienst befreit. 1942 leistet er Dienst bei der Luftschutzpolizei in Wilhelmshaven und bei der Feuerwehr in Dangast, Seiner Frau Johanna Ingeborg stirb im gleichen Jahr. Darauf hin entschließt sich Raziwill zu Aufenthalten an der Mosel und in der Steiermark.

1944 kommt es zur Dienstverpflichtung in der Maschinenfabrik Heinen in Varel als technischer Zeichner.

In den letzten Kriegsmonaten wird er zum Volkssturm eingezogen, gerät in englische Kriegsgefangenschaft, aus welcher er fliehen kann.

[Bearbeiten] 1946 bis 1983

1946 erhält Radziwill die erste Nachkriegsausstellung im Oldenburger Kunstverein.

Am 17. Januar 1947 erscheint ein „Offener Brief“ des Malers Karl Hofer, in dem die Nazi-Vergangenheit Radziwills angeprangert wird. In einem Brief an Gerhard Marcks im März schreibt Hofer: Breker lässt auch mich indirekt bestürmen, aber diese Entnazifizierung scheint mir wirklich nicht möglich, obwohl er zum Unterschied von den Schweinehunden Nolde und Naziwill sich anständig und hilfsbereit verhalten hat.

1948 heiratet Radziwill im März Anna-Inge Rauer-Riechelmann, im Juli stirbt seine Mutter. Im September wird Radziwills einziges Kind, seine Tochter Konstanze geboren.

1949 wird Radziwill im Entnazifizierungsverfahren als „entlastet“ eingestuft.

1950 Erste Reise in die neugegründete DDR.

1952 Erster Auftrag des Wasserwirtschaftsamtes Wilhelmshaven, dem bis zum Ende der 50er Jahre weitere Aufträge für Bilder zum Thema Küstenschutz und Landgewinnung folgen.

1955 Die Jubiläumsausstellung zum 60. Geburtstag im Oldenburger Schloss wird in 16 weiteren deutschen Städten gezeigt.

1956 Eine Retrospektive in der Ostberliner Nationalgalerie stößt auf große Resonanz.

1958 Weiterer Ausbau seines Hauses in Dangast.

1959 Radziwill wird Mitglied der internationalen Künstlergemeinschaft Ciafma, die einen fantastischen Realismus als Gegenströmung zur abstrakten Malerei propagiert und fördert.

1960 Reise in die Provence.

1963 Rompreis der Deutschen Akademie.

1964 Studienjahr in der Villa Massimo in Rom; Reise nach Griechenland.

1965 Großkreuz zum Niedersächsischen Verdienstorden.

1967 Otto Dix schlägt die Aufnahme Radziwills in die Berliner Akademie der Künste vor. Der Antrag wird abgelehnt.

1968 Radziwill lernt mit Emilio Bertonati seinen erfolgreichsten Kunsthändler kennen, der bis 1970 viele Bilder an italienische Sammler verkauft.

1970 Großer Niedersächsischer Staatspreis.

1971 Großes Verdienstkreuz zum Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland

1972 Aufgabe der Malerei aufgrund eines Augenleidens

1975 In diesem und den folgenden Jahren entsteht im Landesmuseum Oldenburg durch Schenkungen und Leihgaben des Malers und durch Ankäufe die größte öffentliche Sammlung mit Werken Radziwills.

1980 Zum 85. Geburtstag Eintrag in das Goldene Buch der Stadt Oldenburg

1981/82 In der Staatlichen Kunsthalle in Berlin, im Landesmuseum Oldenburg und im Kunstverein Hannover wird die größte Retrospektive zu Lebzeiten des Malers mit fast 400 Exponaten gezeigt.

1983 Franz Radziwill stirbt am 12. August in Wilhelmshaven.

[Bearbeiten] Werke (Auswahl)

  • Der Todessturz des Piloten Karl Buchstätter
  • Bahnlinie Borgstede-Varel
  • Der Stahlhelm im Niemandsland
  • Der Streik
  • ... ist die Technik nur ein hohles Ei?

[Bearbeiten] Literatur

  • Andrea Firmenich, Roland März: Franz Radziwill, 1895 bis 1983. Das größte Wunder ist die Wirklichkeit, Monographie und Werkverzeichnis. Wienad Verlag Köln ISBN 3-87909-381-4
  • Konstanze Radziwill und Hans Heinrich Maaß-Radziwill (Herausgeber): Franz Radziwill, Raum und Haus. Verlag C. J. Bucher ISBN 3-7658-0591-2
  • Franz Radziwill Gesellschaft e. V.: Franz Radziwill, Blick nach Holland. Isensee Verlag ISBN 3-89995-187-5
  • Franz Radziwill. Bilder der Seefahrt. Hauschild Verlag Bremen ISBN 3926598689

[Bearbeiten] Weblinks

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