Grünes Gewölbe
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Das Grüne Gewölbe in Dresden ist die historische Museumssammlung der ehemaligen Schatzkammer der Wettiner Fürsten von der Renaissance bis zum Klassizismus. Der Name der umfangreichsten Kleinodiensammlung Europas leitet sich von den malachitgrün gestrichenen Säulen im Pretiosensaal her, die heute allerdings mit Spiegeln ummantelt sind.
Das Grüne Gewölbe gehört zu den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und bildet in diesen einen historischen Kern, aus dem weitere Museen, wie der Mathematisch-Physikalische Salon oder die Rüstkammer ausgegliedert wurden.
Ausgestellt wird die Sammlung im Historischen Grünen Gewölbe und im Neuen Grünen Gewölbe, die sich beide im Westteil des Dresdner Residenzschlosses befinden.
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[Bearbeiten] Geschichte
Der ursprüngliche Gebäudeteil des Dresdner Residenzschlosses hieß bereits im 16. Jahrhundert Geheime Verwahrung des Grünen Gewölbes. Das Gewölbe diente zu jener Zeit noch der sicheren Aufbewahrung kostbarer Gegenstände und Unterlagen und nicht deren Ausstellung für die Öffentlichkeit. Der Ort wurde gewählt, da er besonders sicher gegen Feuer erschien. Diese vorausschauende Entscheidung ermöglichte eine weitgehende Erhaltung der Schätze bis heute.
Zwischen 1723 und 1729 richtete der sächsische Kurfürst und polnische König August der Starke eine aus neun Räumen bestehende Wunderkammer ein, in der Besucher in einer barocken Repräsentationsarchitektur die von ihm und seinen dynastischen Vorgängern gesammelten Kunstobjekte und Raritäten besichtigen konnten. Im Bauverlauf wurde das ursprüngliche Grüne Gewölbe mit Wanddurchbrüchen um acht weitere Gewölbe erweitert. Die Architektur der Schatzkammern gestaltete Matthäus Daniel Pöppelmann, der Architekt des Dresdner Zwingers. Danach blieb das Grüne Gewölbe bis in das 20. Jahrhundert weitgehend unverändert. Es kann damit beanspruchen, das älteste Museum der Welt zu sein, was gemeinhin dem British Museum in London zugestanden wird.
Die Bombardierung Dresdens am 13. Februar 1945 zerstörte drei der neun Räume größtenteils. Die Kunstschätze hatte man schon einige Jahre zuvor in die Festung Königstein ausgelagert. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden sie in die Sowjetunion abtransportiert, 1958 aber auf Beschluss der sowjetischen Regierung an die DDR zurückgegeben.
Von 1959 bis Anfang 2004 war das Grüne Gewölbe übergangsweise im Dresdner Albertinum zu sehen. Seit dem 7. September 2004 ist das Neue Grüne Gewölbe mit zehn Räumen im ersten Stock des Westflügels geöffnet.
Am 1. September 2006 wurde auch das restaurierte beziehungsweise rekonstruierte Historische Grüne Gewölbe im Erdgeschoss des Westflügels (2000 m²) wieder eröffnet. Dessen Einrichtung richtete sich nach den erhaltenen Inventaren von 1733 und stellt so weit wie möglich den Zustand unter August dem Starken wieder her. Mehr als 3.000 Objekte kehrten damit wieder an ihren alten Platz zurück. Die Sanierung der historischen Wandverkleidung kostete 13 Mio. Euro, insgesamt gab das Land Sachsen 45 Mio. Euro für das Grüne Gewölbe aus.
[Bearbeiten] Exponate
Die Sammlung der sächsischen Kurfürsten und Könige umfasst über 4.000 Kunstwerke. Die Exponate sind in mehrfacher Weise einzigartig in Europa und in der Welt. Im Neuen Grünen Gewölbe sind beinahe 1.100 Objekte der Juwelier- und Goldschmiedekunst zu sehen, ca. 3.000 Stücke sind im Historischen Grünen Gewölbe ausgestellt. Aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse können nicht alle Kunstwerke ausgestellt werden, man beschränkt sich auf die berühmtesten und anspruchsvollsten Exponate.
Ein großer Teil der wohl bekanntesten Werke entstand durch den Hofgoldschmied Johann Melchior Dinglinger und seine Söhne:
- Der Mohr mit Smaragdstufe ist eines der bekanntesten Ausstellungsstücke (Bild). Die Skulptur wurde in Zusammenarbeit mit Balthasar Permoser geschaffen. Sie ist ca. 64 cm hoch und besteht aus lackiertem Birnbaumholz, das mit Smaragden, Rubinen, Saphiren, Topasen, Granaten, Almandinen, Schildpatt besetzt ist. Die Skulptur stammt wahrscheinlich aus dem Jahr 1724. Der Mohr, also ein Afrikaner, soll aber in Wirklichkeit einen Indianer darstellen, zu erkennen am indianischen Körperschmuck. Der Begriff Smaragdstufe bezeichnet die Erdplatte, in der die Smaragde noch fest stecken.
- Der Hofstaat zu Delhi am Geburtstag des Großmoguls Aurang-Zeb bildet die Vorstellung europäischer Monarchen vom Prunk der Mogulpaläste ab. Weder August der Starke noch Dinglinger waren je in Indien gewesen, das Kunstwerk wurde ausschließlich nach Berichten angefertigt. Entstanden ist eine äußerst aufwändige und detaillierte Miniaturdarstellung in Form eines Tischaufsatzes mit 137 Personen und zusätzlichen Tieren, verziert mit 5.223 Diamanten, 189 Rubinen, 175 Smaragden, einem Saphir und 53 Perlen. Das Werk entstand zwischen 1701 und 1708, es ist 58 cm hoch, 142 cm breit und 114 cm tief. Die Kosten betrugen 58.485 Reichstaler, was dem Jahressold von 1.000 Beamten entsprach. Damit kostete es mehr als der Bau von Schloss Moritzburg. Der Hofstaat zu Delhi wurde ursprünglich im Historischen Grünen Gewölbe ausgestellt und kann seit 2004 im Neuen Grünen Gewölbe besichtigt werden.
- Der Obeliscus Augustalis ist ein weiteres Meisterwerk, geschaffen in der Zeit von 1719 bis 1721. Es stellt eine aufwändig gearbeitete Kartusche mit einem ovalen Abbild August des Starken dar. Es wurden 240 Gemmen und Kameen, geschnittene Steine und goldemaillierte Figuren zu einem Kunstwerk vereint. Die Höhe beträgt circa 23 cm. Auch dieses Werk war ungefähr so teuer wie ein barockes Schloss. Es war von Januar bis April 2006 leihweise in einer Ausstellung in Versailles zu besichtigen.
- Das Bad der Diana stellt die römische Göttin an einer Zierschale dar. Das Werk entstand um 1705, die Höhe beträgt rund 38 cm. Die Zierschale aus Chalzedon ist in Gold umfasst, zusätzlich mit Perlen, Diamanten, Email-Bildern, silbernen und stählernen Ornamenten, Geräten und Tieren besetzt. Der Schaft besteht aus einem emaillierten Hirschkopf.
- Das Goldene Kaffeezeug (original: Pretiosen Coffe Zeug) entstand 1697-1701. Es ist der Inbegriff eines prunkvollen Kaffeservices. Die verwendten Materialien sind Gold, Silber, Email, Elfenbein und ca. 5.600 Diamanten. Die Kosten betrugen auch hier 50.000 Taler - der Gegenwert eines ganzen Schlosses.
Neben den Werken des Hofgoldschmiedes sind weitere, einzigartige Kunstwerke ausgestellt. Einige von ihnen waren Geschenke der europäischen Monarchen:
- Der Dresdner Grüne Diamant ist mit 41 Karat einer der größten Diamanten der Welt. Er wurde in Indien gefunden und verdankt seine weltweit einzigartige Farbe natürlicher Radioaktivität. Zudem der Sächsische Weiße, ein weißer Diamant mit 48 Karat und ein weltweit einmaliger Saphir von 648 Karat, ein Geschenk von Zar Peter dem Großen.
- Der Kirschkern, in den 185 Gesichter geschnitzt sind. Der Kern soll vor 1589 unter der Lupe entstanden sein, er ist in einen aufwendigen Ohrenschmuck eingearbeitet. Tatsächlich zu erkennen sind 113 Gesichter.
- Der Bernsteinkabinettschrank war ein Geschenk Friedrich Wilhelm I von Preußen. Er wurde vor 1742 in Königsberg gefertigt. Auch sind weitere, umfangreiche Bernsteinkunstwerke im Bernsteinzimmer ausgestellt.
- Zahlreiche Werke enthalten Nautilusmuscheln und Korallen, welche meist vergoldet oder versilbert in Statuen eingearbeitet wurden und eine surrealistische Anmutung haben. Die bekanntesten Werke umfassen eine Sammlung an Nautliluspokalen.
- Die Juwelen-Garnituren bilden den umfangreichsten Juwelenschatz Europas. Die frühesten Garnituren wurden noch für August den Starken selbst geschaffen. Ein großer Teil der Garnituren wurde später hinzugefügt und unterlag in der Ausgestaltung dem jeweiligen modischen Zeitgeist. Es sind sechs verschiedene Stilrichtungen zu unterscheiden, vor allem nach den verwendeten Materialien. Als Edelsteine wurden verwendet: Saphire, Karneolen, Diamanten und Rubine sowie Perlen. Die Garnituren waren der Inbegriff eines absolutistischen Machtanspruches.
- Es werden zahlreiche, stark verzierte Trinkgefäße ausgestellt, unter anderem der Mundbecher Martin Luthers und eine Trinkschale Iwan des Schrecklichen.
[Bearbeiten] Ausstellungsräume
Das Historische Grüne Gewölbe besteht aus neun Ausstellungsräumen und einem Vorgewölbe:
- Das Vorgewölbe mit Luther-Kabinett sowie Kunst des Mittelalters und der Frührenaissance. Zu sehen sind unter anderem die Trinkschale Iwan des Schrecklichen, der Mundbecher und Siegelring Martin Luthers und eine Bibel im Taschenformat, die König Gustav Adolf von Schweden gehörte. Es kann als einziger Raum auch ohne Zeitkarte betreten werden. Das Vorgewölbe ist von den nachfolgenden Räumen durch eine Klima- und Staubschleuse getrennt.
- Das Bernsteinkabinett mit der zweitgrößten Bernsteinsammlung nach dem im Krieg verschollenen, doch nun wieder rekonstruierten Bernsteinzimmer.
- Das Elfenbeinzimmer mit u.a. Elfenbeinskulpturen auf Wandkonsolen, Gesims und Tischen.
- Das Weißsilberzimmer mit Figuren aus Weißsilber.
- Das Silbervergoldete Zimmer mit Goldschmiedearbeiten aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Das Zimmer brannte 1945 völlig aus, es leuchtet heute wieder malachitgrün.
- Der Pretiosensaal (mit dem Eckkabinett) mit aufgelegtem vergoldeten Schnitzwerk. Er ist fast vollkommen verspiegelt, zum Teil wurden Spiegel aus Quecksilber verwendet.
- Das Wappenzimmer mit u.a. astronomischen Tischuhren
- Das Juwelenzimmer mit u.a. dem Mohr mit Smaragdstufe und dem Obeliscus Augustalis
- Das Bronzezimmer mit ca. 80 Bronzen auf Postamenten
- Dem Raum der Renaissancebronzen mit bedeutenden Kleinbronzen auf steinernen Postamenten.
[Bearbeiten] Zitate
- "Wer das Staunen verlernt hat, der lernt es wieder" (Gerhart Hauptmann)
- "Feenpalast" (Arthur Schopenhauer)
- "Im Grünen Gewölbe sah ich, dass der Kurfürst ein steinreicher Mann ist." (Johann Gottfried Seume, 1760)
- "Das Auge sieht sich nimmer satt:
sagt Salomo in seinen Sprüchen.
Ach, dass er Dresden
nicht gesehen hat!
Vermutlich hätt er diesen Satz
Geändert, wo nicht ausgestrichen:
Hier an dem Königlichen Schatz,
womit das Grüne Zimmer pranget,
Sieht sich das Auge völlig satt,
Das es nichts mehr zu sehn verlanget" (Daniel Triller, 1732)
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Grünes Gewölbe – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Das Grüne Gewölbe bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden
- Die wichtigsten Exponante im Bild
- „Dresdens Grünes Gewölbe: Phoenix ist ein Computer“, FAZ, 3. April 2006 - mit umfangreicher Bildergalerie
- Die Künstlerfamilie Miseroni - im Grünen Gewölbe vertreten
- „Der Schatz des starken August“, Hamburger Abendblatt, 1. September 2006
- Serie zum Grünen Gewölbe, MDR-Figaro, 15. September 2006
- Edition Canaletto – Grünes Gewölbe Restaurierungen, Mit der Initiative der Bellotto Nachdrucke, der beiden einzigen hochformatigen Radierungen, Frauenkirche mit Blick in Rampische Gasse und ehemaliger Kreuzkirche, möchten wir die Restaurierung von Kunstgegenständen im Grünen Gewölbe in Dresden befördern.
Koordinaten: 51° 3′ 10" n. Br., 13° 44′ 10" ö. L.