Hyperpolarisation (Physik)
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In der Physik versteht man unter Hyperpolarisation eine geordnete Ausrichtung von Kernspins, weit über das thermische Gleichgewicht hinaus.
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[Bearbeiten] Definition
Viele Elementarteilchen, so zum Beispiel Protonen, Elektronen und Neutronen haben einen quantenmechanischen Drehimpuls, den sog. Spin. Mit diesem verbunden ist ein magnetisches Moment m. Da Atomkerne aus Protonen und Neutronen aufgebaut sind, resultiert der Kernspin und damit das magnetische Moment des Kerns aus dem Zusammenspiel der Einzelspins dieser Kernbausteine.
Das magnetische Moment hat, wie jede vektorielle Größe, einen Betrag und eine Richtung. Hat man eine makroskopische Probe mit vielen Atomen, und bringt sie in ein Magnetfeld B, so richten sich die magnetischen Momente der Atomkerne entlang des Magnetfeldes aus. Doch dadurch dass sich die Atome ständig in thermischer Bewegung befinden, wird diese Ausrichtung meist schnell wieder zerstört. Generell ist der Anteil ausgerichteter Kernspins p durch die Boltzmann-Statistik gegeben:
hierbei sind T die Temperatur und kB die Boltzmann-Konstante. Durch Einsetzen realistischer Zahlenwerte, kommt man zu dem Ergebnis, dass bei Zimmertemperatur auch bei hohen Magnetfeldern nur ein winziger Bruchteil der Kernmomente sich in Richtung des Magnetfeldes ausrichtet, während der weitaus größte Teil in zufällige Richtungen zeigt.
Eine Probe, in der bedeutend mehr Spins ausgerichtet sind, als die Boltzmann-Statistik vorhersagt, nennt man hyperpolarisiert.
[Bearbeiten] Realisierung
Hyperpolarisationseffekte lassen sich experimentell in Edelgasen erzeugen. Häufig wird hierzu das Helium-Isotop 3He oder das Xenon-Isotop 129Xe verwendet.
Die Hyperpolarisation wird über den Umweg der Polarisation von Elektronenspins von Alkalimetallen erreicht. Die magnetischen Momente der Hüllenelektronen eines Gases eines Alkalimetalls (häufig Rubidium) werden durch optisches Pumpen ausgerichtet und das Alkalimetallgas mit dem Edelgas vermischt. Durch Kollisionen zwischen den Edelgasatomen und den Alkalimetallatomen kommt es nun zu Wechselwirkungen der Gestalt, dass die ausgerichteten Elektronenspins der Alkalimetalle, die Kernspins der Edelgase ausrichten (Hyperfeinwechselwirkungen). Dadurch konnten experimentell Polarisationsraten von bis zu 70% erreicht werden, was einige Größenordnungen über der von der Boltzmann-Statistik vorgegebenen Gleichgewichtspolarisierung liegt.
[Bearbeiten] Anwendungen
Eine Anwendung der Hyperpolarisation liegt im Bereich der Kernspinresonanz (NMR) bzw. Magnetresonanztomografie (MRT). Dadurch dass eine große Anzahl Kernspins ausgerichtet ist, ist, aufgrund der großen Nettomagnetisierung, das hyperpolarisierte Gas sehr gut mit Magnetresonanzmethoden zu erkennen (auch im Bereich niederer Feldstärken, wo normalerweise der geringe Anteil polarisierter Atome eine Begrenzung darstellt), weshalb es sich als Kontrastmittel für bestimmte Anwendungen zu eignen scheint. Bisher wurde erfolgreich demonstriert, dass sich gute MRT-Aufnehmen von menschlichen Lungen machen lassen, wenn der Proband hyperpolarisiertes Xenon inhaliert.
[Bearbeiten] Referenzen
T. G. Walker, W. Happer, Spin-exchange optical pumping of noble gas nuclei, Rev. Mod. Phys. 69 No.2 S.629 (1997)