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Intersexualität - Wikipedia

Intersexualität

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

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Intersexualität ist eine Bezeichnung, die gemeinhin für Menschen mit nicht eindeutig weiblichen oder männlichen körperlichen Geschlechtsmerkmalen verwendet wird. Einige Intersexuelle bevorzugen Ausdrücke wie Hermaphrodit oder sogar Zwitter, andere lehnen diese als vulgär und diskriminierend ab. Personen mit voll ausgebildeten männlichen und weiblichen Geschlechtsorganen (hermaphroditismus verus) d. h. körperlich nicht eher zum einen oder anderen Geschlecht ausgebildet, sind sehr selten.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Biologische Aspekte

Uneindeutigkeiten des Körpergeschlechts können verschiedene Ursachen haben:

  1. Chromosomale Variationen: Statt den häufigsten Karyotypen 46,XX (weiblich) und 46,XY (männlich) gibt es unter anderem auch die Varianten 45,X, bekannt als Turner-Syndrom mit einem weiblichen Phänotypus und einem weiblichen Identitätsgeschlecht), und 47,XXY, das Klinefelter-Syndrom mit männlichem Phänotypus und meist männlichem Identitätsgeschlecht, sowie Mosaike mos45,X/46,XX, mos45,X/46,XY und den Chimerismus chi46,XX/46,XY. Das chromosomale Geschlecht ist die Basis aller weiteren Geschlechtsausprägungen.
  2. Gonadale Variationen: Fehlende (Agonadidsmus), ganz oder partiell zu sog. Streifengonaden nicht oder nur teilweise ausgebildete (Gonadendysgenesien), ovarielle und testikuläre Gewebeanteilen in entweder denselben (Ovotestes) oder getrennten Gonaden.
  3. Hormonelle Variationen: Auffällige Serumspiegel bei Geschlechtshormonen und deren Vorläufern, teils mit Folgen wie Gynäkomastie (Brustentwicklung bei Männern) oder Hirsutismus bei Frauen, teils aber auch die sexuelle Differenzierung insgesamt betreffend. Diese kann unterschiedliche Ursachen (chromosomale, gonadale und nephrologisch bedingte Varianten, Enzymdefekte) haben.
  4. Anatomische Variationen: von Syndromen mit unspezifischen Ursachen bis zu eher kulturell bedingten Einschätzungen (Grundlage des sozialen Geschlechts) wie „zu kleiner“ Penis oder „zu große“ Klitoris sind sehr viele Variationen bekannt.

Viele intersexuelle „Syndrome“ bestehen nicht nur aus einer einzigen nachweisbaren Variation, sondern entstehen im Zusammenspiel mehrerer Faktoren, so zum Beispiel bei AIS (Androgen-Rezeptor-Defekt, Androgenresistenz hier sind zu unterscheiden CAIS = complette, PAIS = partielle sowie MAIS = minimale AIS zu nennen). Bei (vollständigem) AIS entwickeln sich zum Beispiel bei einem Fötus mit XY-Chromosomen Hoden, die im Körper verbleiben können. Die Rezeptoren für Testosteron fehlen jedoch, so dass sich ein „weiblich aussehendes“ äußeres Genital (allerdings ohne weibliche innere Organe) entwickelt; das Erziehungsgeschlecht ist dann meist weiblich. Bei weniger ausgeprägter Resistenz kommt es laut Pschyrembel Wörterbuch der Intersexualität zu unterschiedlichen Ausbildungen der männlichen Sexualorgane (Hypospadie; Kryptorchismus, Azoospermie) u. körperlicher Feminisierung z.B. Gynäkomastie, s. Reifensteinsyndrom)


Bei einem XY-chromosomalen Menschen mit Swyer-Syndrom mit Deletion des SRY sind auch Vagina und Uterus ausgebildet, in Gewebeproben findet sich allerdings kein Barrkörperchen, was bei jeder XX-chromosomalen Frau zu finden ist. Bei einem XY-chromosomalen Swyer-Syndrom ist also von einer männlichen Vagina und einem männlichen Uterus zu sprechen.

Zu berücksichtigen ist auch das Vorhanden sein einer Prostata bei fast allen XY-chromosomalen Menschen mit intersexuellen Syndromen.

Die Häufigkeit von Intersexualität wird äußerst unterschiedlich geschätzt – von 1:100 bis 1:2000.

[Bearbeiten] Soziale Aspekte

Die Bandbreite des historisch belegten Umgangs mit intersexuellen Menschen reicht von Verehrung bis Ermordung. In den westlichen Kulturen der Neuzeit wurde (und wird teilweise noch) angenommen, dass es wissenschaftlich möglich sei, das „wirkliche“ Geschlecht eines jeden Menschen zu bestimmen. Aufgrund dieser Annahme wurde die überwiegende Zahl der Intersexuellen zu so genannten Pseudohermaphroditen („Scheinzwittern“) „hinwegerklärt“.

Gleichfalls wurde und wird noch immer angenommen, dass es im Interesse des intersexuellen Menschen läge, ihre Körper einem „wirklichen“ Geschlecht anzupassen. Dies geschieht durch Operationen z. B. Genitaloperationen (Reduzierung des uneindeutigen Genitals durch Beschneidung auf z. B. weibliche Größe, Anlage einer Neovagina) und Kastration mit anschließender contra-chromosomaler Hormonersatztherapie. Zu fordern ist es, die Genitaloperationen erst dann durchzuführen, wenn der intersexuelle Mensch diese Operation aus eigenem Willen möchte und ihr zustimmen kann. Außerdem ist z. B. xy-chromosomalen Intersexuellen Menschen eine adäquate Testosteron-Hormonsubstitution auf Wunsch angedeihen zu lassen.

Viele intersexuelle Menschen sowie immer mehr kritische Wissenschaftler argumentieren hingegen, dass die westliche Vorstellung von genau zwei sauber unterscheidbaren Geschlechtern (siehe Heteronormativität) falsch ist. In dieser Haltung werden sie häufig von Transgendern unterstützt. Sie konstatieren, dass die Festlegung auf eines der beiden gegenpoligen Geschlechter oft zweifelhaft sei, und zu starken physischen und psychischen Beeinträchtigungen führen könne. In der Regel handele es sich um einen durch sozialen Druck entstandenen Wunsch des Umfeldes, und nicht um ein Bedürfnis der Betroffenen selbst. Da die entsprechenden medizinischen Eingriffe (siehe geschlechtsangleichende Operation) oft im Säuglings- und Kleinkindalter vorgenommen würden, werde darüber hinaus der für die Betreffenden wichtigste Faktor, nämlich ihr natürliches psycho-emotionales „Identitätsgeschlecht“, nicht berücksichtigt.

Die Entscheidungsfindung, so die Kritiker, reiche oft von subjektiver Willkür (Eltern wünschten oft in selbst unplausibelsten Fällen eine männliche Zuweisung) über medizinische Machbarkeit (Gearhardts zynisches: „Es ist einfacher, ein Loch zu machen als einen Pfahl zu bauen.“), bis zu sportlichem Ehrgeiz („Urologen basteln gerne Jungen.“). Beleg für den kulturhistorisch bedingten Einfluss sei, dass man von männlichen Zuweisungen in 3/4 aller Fälle in der 2. Hälfte des 20. Jh. spricht.

Unbestritten ist, dass viele dieser Zuweisungen sich im Nachhinein als falsch herausgestellt haben. Viele intersexuelle Menschen haben aufgrund der schmerzhaften Eingriffe körperliche Schäden davongetragen - etwa wenn bei der Verkleinerung einer „zu großen“ Klitoris die Sensibilität verloren ging, wenn vernarbte Stellen bei sexueller Erregung zu Schmerzen führten, oder wenn schon bei Kleinkindern die angelegte Neovagina bougiert werden musste/muss und dies bis ins hohe Alter. Folgen dieser Operationen sind vielfach starke Traumatisierungen. Auch werden durch die contra-chromosomale Hormontherapie oft multiple Stoffwechselstörungen hervorgerufen.

Ebenso gibt es psychische Schäden. Im Gegensatz zur Erziehung der meisten nicht-intersexuellen Kinder wird hier in der Regel bewusst besonders starker Druck ausgeübt, sich dem zugewiesenen Geschlecht entsprechend zu verhalten. Häufige medizinische Untersuchungen und routinemäßiges Verschweigen der Diagnose tragen zu der psychischen Verwirrung bei.

Aufgrund von Protesten haben sich erste Anzeichen für eine Änderung dieser Praxis gezeigt. Bei manchen Syndromen zeichnet sich eine Abkehr von der Zwangszuweisung und den damit verbundenen medizinischen Eingriffen ab.

Die chirurgischen Anpassungen - z.B. Anlage einer Neovagina bei xy-chromosomalen intersexuellen Menschen in westlichen Ländern ist vielfach gleichzusetzen mit Genitalverstümmelungen von Mädchen und Frauen in anderen Regionen dieser Welt. Es wird in beiden Fällen als Begründung die geschlechtliche Vereindeutigung genannt (Zuweisungsgeschlecht).

Des Weiteren sind die Auswirkungen der geschlechtsangleichenden Maßnahmen im höheren Alter noch gar nicht berücksichtigt. So hat sich die Gerontologie z. B. noch nicht mit Behandlungen alter intersexueller Menschen z. B. mit der Pflege einer Neovagina auseinandergesetzt oder mit der Dosierung und Anwendung einer Hormonbehandlung contra- bzw. chromosomal. Dies auch in Bezug auf das Pflegepersonal noch nicht befasst.

Einige intersexuelle Menschen nutzen in ihren Bemühungen um gesellschaftliche Akzeptanz die Begriffe „Zwitter“ oder „Hermaphrodit“ um sich zu benennen, da der Begriff „Intersexueller Mensch“ gesellschaftlich wenig bekannt sei, und für sie zudem nur eine medizinische Kategorie darstelle, der sie äußerst kritisch gegenüber stünden.

Problematisch ist auch das standesamtliche Geschlecht (Personalausweis), welches auf die Krankenkassenkarte übernommen wird und hier contra-chromosomale medizinische Behandlungen festschreibt, die den physiologischen Ansprüchen des Körpers nicht gerecht werden.

[Bearbeiten] Kulturelle Aspekte

Die Idee, dass eine strikte Aufteilung aller Menschen in zwei Geschlechter den natürlich vorhandenen Gegebenheiten nicht gerecht werde, ist nicht neu. In einigen Kulturen und Religionen werden Intersexuelle (oft zusammen mit Transgender-Personen) als Angehörige eines dritten Geschlechts betrachtet, wie die Two-Spirit vieler nordamerikanischer Indianerstämme, indische Hijras, die Khanith Omans oder thailändischen Katoys.

So nehmen sie in vielen Stämmen der amerikanischen Ureinwohner wie auch bei den Ureinwohnern rund um den nördlichen Polarkreis die Position eines Schamanen ein. Weil sie beide Gechlechter in sich vereinigten, hätten sie eine direktere Verbindung zum geschlechtslosen Göttlichen. Intersexuellen und transgender Menschen wird etwa das Potenzial übernatürlicher Wahrnehmung zugeschrieben, sie sind verantwortlich für Heilungen und Rituale. Die übernatürliche Wahrnehmung dient leider wieder vielfach der Ausgrenzung aus der „Normal-Gesellschaft“. Des Weiteren ist nachweisbar, dass Menschen mit „fehlenden Sinnen“ z. B. Blinde andere Sinne z. B. das Gehör besser entwickeln.

Intersexuelle Gottheiten finden sich unter anderem in den buddhistischen und hinduistischen Hochkulturen. Die bekannteste ist Bodhisattva Avalokiteshvara, Gottheit des Mitgefühls (japan. „Kannon“). Auch hier wird das Transzendieren der Geschlechtergrenzen als spirituelle Überwindung der Dualität interpretiert.

In den christlichen, patriarchalisch geprägten Gesellschaften wird dagegen häufig auf die Bibel verwiesen. Gott habe laut Schöpfungsgeschichte die Menschen ausschließlich als Mann und Frau geschaffen. Daher wurden Intersexuelle gerade hier immer wieder gezwungen, sich einem dieser beiden Geschlechter anzupassen. 1999 hat die intersexuelle Theologin Sally Gross in Bezug auf zwei Bibelstellen (Gen 1,27 und Num 5, 3) darauf hingewiesen, dass – dem Buchstaben nach – die Grammatik dieser Texte auf mehr als zwei Geschlechter hinweisen könnte. Dabei berief sich Gross auch auf einige talmudische Glossen, die einen anekdotischen Charakter haben.

Einige Intersexuelle mit Wunsch nach spirituellem Wachstum haben – ebenso wie Schwule, Lesben und Transgender – der christlichen Kultur aufgrund ihrer mangelnden Akzeptanz den Rücken gekehrt. Seit der Etablierung undogmatischer spiritueller Strömungen wie etwa der westlichen Satsang-Bewegung wenden sie sich dorthin, wo sie willkommen sind. Lehrer wie Samarpan oder Gangaji etwa legen großen Wert darauf, den Bewertungen des westlich geprägten Verstandes bezüglich Sexualität keinen Raum zu geben.

[Bearbeiten] Historische Aspekte

Die Assimilierung von Hermaphroditen oder Zwittern, wie intersexuelle Menschen vor der Einführung dieses Begriffes meist genannt wurden, in die beiden Geschlechter „Mann“ und „Frau“ erhielt mit der modernen Medizin eine völlig neue Qualität. So stellte in Preußen das Allgemeine Landrecht Hermaphroditen noch frei, sich bis zu ihrer Volljährigkeit entweder für das männliche oder für das weibliche Geschlecht zu entscheiden. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahmen Mediziner jedoch zunehmend für sich in Anspruch, anhand willkürlicher und sich über die Zeit hinweg verändernder Kriterien das „wahre“ Geschlecht von „Pseudo“-Hermaphroditen unabhängig von deren Willen zu bestimmen; mit oft traumatischen Folgen für diejenigen, die plötzlich aus ihrem angestammten Leben gerissen und einem ihnen fremden Geschlecht zugewiesen wurden. Dies lässt sich unter anderem an der Autobiographie (Anfang des 19. Jahrhunderts) und dem Selbstmord von Herculine Barbin ablesen.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurden „Pseudo“-Hermaphroditen darüber hinaus als „missgebildet“ und „krank“ klassifiziert. Ihre Genitalien wurden nicht selten von Ärzten abfotografiert und öffentlich zur Schau gestellt. Doch erst in den 1950er Jahren war die Medizin so weit, ihr Heilungsinteresse auch praktisch geltend zu machen. Zu diesem Zeitpunkt begann der amerikanische Arzt und Psychiater John Money, mit frühkindlichen Operationen an Intersexuellen zu experimentieren. Das Ziel war es, die fehlende Geschlechtseindeutigkeit spätestens bis zum zweiten Lebensjahr durch massive chirurgische und hormonelle Eingriffe zu beheben. Die Empfehlung Moneys, das künftige Geschlecht des Kindes einfach nach Machbarkeit auszuwählen, setzte sich schließlich 40 Jahre lang als internationaler Standard durch, wird jedoch seit Mitte der 1990er Jahre sowohl durch die Proteste von intersexuellen Menschen als auch durch die Kritik von renommierten Medizinern wie Milton Diamond zunehmend in Frage gestellt. (Vergleiche auch David Reimer.)

Die bisherige Praxis, die Betroffenen und deren Angehörige nicht über das chromosomale Geschlecht zu informieren, führt zu Traumatisierungen im Erwachsenenalter, da den Betroffenen vielfach die Unterlagen (Aufbewahrungzeit 30 Jahre) vorenthalten werden und damit falsche medizinische Behandlungen (z. B. weibliche Krankenkassenkarte aber Kerngeschlecht xy-chromosomoal) vorprogrammiert sind. Auch wurde/wird durch das Tabu „Sage es niemandem anderen!“ ein starker sozialer Druck ausgeübt.

[Bearbeiten] Intersexualität und Transgender

Transgender sind Menschen, die sich mit ihrem zugewiesenen Geschlecht falsch oder unzureichend beschrieben fühlen oder auch jede Form der Geschlechtszuweisung- bzw. -kategorisierung grundsätzlich ablehnen. Dies schließt auch manche, aber keineswegs alle intersexuellen Menschen ein. Während in einigen Organisationen und Bündnissen Transgender und intersexuelle Menschen zusammenarbeiten, da viele Gemeinsamkeiten gesehen werden, lehnen andere intersexuelle Menschen jede Zusammenarbeit mit Transgendern ab. (Vergleiche Hermaphrodit.)

Intersexuelle Menschen sind Menschen, deren körperliches Geschlecht uneindeutig ist. Viele kommen mit einem uneindeutigem Genital auf die Welt (z. B. PAIS), andere werden erst in der Pubertät auffällig (CAIS, Swyer-Syndrom). Geschlechtsangleichende Operationen an intersexuellen Kindern werden u. a. wegen des Rechts auf Selbstbestimmung von vielen erwachsenen intersexuellen Menschen abgelehnt. Hinzu kommt, dass wegen der immer noch vorhandenen anerzogenen falschen Scham intersexuelle Menschen auch von den eigenen Eltern erst im Erwachsenenalter (oft selbst dann nicht) über die an ihnen im Kleinkindalter durchgeführte Geschlechtsanpassung (Anlage von Neovaginen und Kastration) erfahren. Wohl aus diesem Grunde haben intersexuelle Menschen große Schwierigkeiten, später ihre eigenen Patientenunterlagen zu erhalten, obwohl diese (und das Wissen um den eigenen Körper und die erfolgten Behandlungen) wichtig wären, um beispielsweise die negativen gesundheitlichen Folgen (z. B. Diabetes mellitus, Osteoporose, Fettstoffwechselstörungen) einer contra-geschlechtlichen Hormonbehandlung zu minimieren, insbesondere jedoch, um die eigene Lebensgeschichte nachvollziehen zu können.

Für die medizinische Diagnose Transsexualität hingegen ist Intersexualität formal ein Ausschlusskriterium. Die Diagnose Intersexualität kann nur durch Chromosomenanalyse erfolgen. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass intersexuelle Menschen, welche die Geschlechtsrolle wechseln, gar nicht erfahren, dass sie eigentlich intersexuell sind, und daher medizinisch und vor allem juristisch (TSG) wie transsexuelle Menschen behandelt werden. Eine Behandlung nach dem TSG ohne Chromosomenanalyse zum Ausschluss von Intersexualtiät ist schlechte medizinische/ psychologische und rechtliche Praxis.

Um Intersexualität auszuschließen, ist eine ausführliche körperliche Untersuchung einschließlich Chromosomenanlyse notwendig. Bei Menschen mit 5-Alpha-Reduktase-Mangel entwickelt der Körper erst ab der Pubertät ausreichende Mengen an 5-Alpha-Reduktase, um ein männliches Genital auszubilden und sich zum fortpflanzungsfähigen Mann zu entwickeln.

Intersexuelle Menschen können in Deutschland ihren Personenstand (und damit auch den Vornamen) nach dem Personenstandsgesetz § 47 ändern. Jedoch wird intersexuellen Menschen häufig die Inanspruchnahme dieses Paragraphen verweigert, sie werden auf das Transsexuellengesetz verwiesen. Problematisch ist auch, dass es anders als beim TSG nicht möglich ist, lediglich eine Änderung des Vornamens vornehmen zu lassen, welche es im Gegensatz zur Personenstandsänderung möglich macht, eine bestehende Ehe aufrechtzuerhalten.

[Bearbeiten] Intersexualität - Begriffe und Syndrome

M = männlich / W = weiblich / IS = Intersexuell / ( ) = wird wahrgenommen als

Fachbegriff Geschl. Erklärung Wirkung

„Normalität“

versus

Intersexualität

Gesamthäufigkeit ca. 1 : 50

wahrgenommene Häufigkeit

ca. 1 : 200

W
M
IS
Abweichung von normierten Geschlechtsmerkmalen und/oder Geschlechtseigenschaften und dem typischen Körperbau Weiblich: Genotyp 46,XX; Brustwachstum; äußere Genitalien, Eierstöcke, Eileiter, Gebärmutter, Menstruation und gebärfähig; Fettverteilung, Hauteigenschaften, Behaarung weich und gering am Körper, typisches Kopfhaar, typische Schambehaarung.

Männlich: Genotyp 46,XY; Bartwachstum, Stimmbruch; Penis, Hoden, Prostata, Samenleiter, Samenblase, Ejakulation und zeugungsfähig; typische Körperbehaarung, Glatzenbildung und Geheimratsecken.

Jede Abweichung im Phänotyp (Erscheinungsbild) oder Genotyp kann im weitesten Sinn der Intersexualität zugerechnet werden.

Turner-Syndrom

Häufigkeit ca. 1 : 12 500

IS
W
Das Geschlechtschromosomenpaar enthält nur ein X, also 45,X0 oder als Mosaik 45,X0 46,XX Die äußeren und inneren Geschlechtsorgane werden weiblich ausgebildet, die Geschlechtsreife tritt jedoch nicht ein;
überwiegend Kleinwuchs und die Gefahr weiterer körperlicher Entwicklungsstörungen ohne med. Behandlung
Klinefelter-Syndrom
Häufigkeit ca. 1 : 590
IS
M
(W)
Beim Trennungsvorgang der Chromosomen während der Teilungsphase entsteht ein dreifach gepaartes Geschlechtschromosom vom Typ 47,XXY Das äußere und innere Erscheinungsbild ist überwiegend männlich, durch verringerte Testosteronproduktion kommt es aber in der Pubertät nicht zu den typisch männlichen Ausprägungen, die Spermienproduktion ist meist erheblich vermindert.
Pseudohermaphroditismus=„Scheinzwitter“ IS
M/W

Ein Sammelname für viele der bisher aufgeführten Syndrome

Hermaphroditismus verus=„echte“ Zwitter IS Gleichzeitige Entwicklung der inneren und äußeren weiblichen und männlichen Geschlechtsmerkmale Gebärfähigkeit kann erreicht werden, die Spermienproduktion ist jedoch für eine Eigenbesamung nicht ausreichend. (Hoden produzieren zwar ausreichend Hormone aber keine leistungsfähigen Spermien.)

Es ist aber auch bekannt, dass männlich lebende Hermaphroditen Kinder gezeugt haben.

Die folgenden Begriffe sind nur im erweiterten Sinne IS zuzuordnen, was auch aus der Geschlechtsangabe ersichtlich ist.
Weibliche Scheinzwitter W Verschiedene angeborene Mangelerscheinungen oder Gen-Defekte führen zur Verhinderung der Sexualentwicklung oder Vermännlichung;
z.B. Aromatasemangel

3 ß HSD

ein Enzym, das die Bildung von Estrogenen fördert; es kommt zu Mangel an Etrogenen und erhöhter Testosteronproduktion.

Das Enzym fördert die Bildung von Sexualhormonen, bei Mangel kommt es zu einer leichten Vermännlichung.

Männliche Scheinzwitter M Verschiedene angeborene Mangelerscheinungen oder Gen-Defekte führen zur Verhinderung der Sexualentwicklung oder Verweiblichung;
z.B. 17 β HSD-Mangel

5 α-Reduktase Mangel

Androstendion kann nicht in Testosteron umgewandelt werden und es fehlt bei der Entwicklung in der Schwangerschaft der androgene Einfluss, es kommt zur Zuordnung weiblich trotz 46,XY und Hoden, in der Pubertät jedoch leichte Vermännlichung.

Das im Hoden neben Testosteron gebildete Estradiol führt in der Pubertät zu einem weiblichen Brustwachstum, wenn das Enzym nicht ausreichend vorhanden ist.

Sexualhormone produzierende Tumore

bei männlichen und weiblichen Scheinzwittern

M/W Diese Tumore sind meist gutartig und können schon vor der Pubertät entstehen, ohne dass sie erkannt werden oder selbst Beschwerden hervorrufen. Je nach Art der Hormonausschüttung, dem Zeitpunkt und der Menge und dem

„Wirt“ kommt es zu geschlechtsuntypischen Entwicklungen oder zu Beschleunigung/Hemmung von geschlechtstypischen Entwicklungen.

Die Tumore treten in der Nebennierenrinde auf, in den Eierstöcken oder Hoden, selten im Bereich der Hypophyse.

Hirnorganische Intersexualität = „Transsexualität“ „Transidentität“ oder „Transgender

besser Transmann, Transfrau

Häufigkeit ca. 1 : 3 000

W
M
Die Geschlechtsprägung im Gehirn ist bipolar.

Es ist zu vermuten, dass die Geschlechtskodierung im Gehirn von der Geschlechtszuweisung abweicht. Es entstehen psychosomatische Störungen (sekundär) der Geschlechtsidentität bei eindeutigem Phänotyp und Genotyp.

Verhältnis m/w ca. 1 : 1

Die psychisch/seelische Entwicklung und das natürliche Rollenverhalten des heranwachsenden Kindes steht im Widerspruch zu den biologischen Vorgaben und den Erwartungen des Umfeldes. Die Identifikation mit dem bei der Geburt aufgrund der biologischen Vorgaben zugewiesene Geschlecht gelingt nicht.
Transvestismus

(obwohl völlig unerforscht halten sich in der Literatur Thesen aus dem frühen 20. Jahrhundert - die hier nicht wiedergeben werden)

W
M
Annahme des typischen Geschlechtsrollenverhaltens des Gegengeschlechtes (aus individuell verschiedensten Gründen); vgl. auch Cross-Dressing. Weiblicher Transvestismus bleibt meist unbehelligt, von Ausnahmen bei restriktiver Erziehung abgesehen; vergl. Drag King.

Männlicher Transvestismus wird als „pervers“ oder sexuelle „Entgleisung“ betrachtet oder in Form von Travestie, auf der Bühne oder in der Öffentlichkeit akzeptiert, nicht jedoch im Alltag.

Psychoneurologische Intersexualität M/W Annahme des Sexualverhaltens des Gegengeschlechtes (weitgehend unerforscht). Es handelt sich um die Geschlechtsorientierung. Wenn Phänotyp und Genotyp eindeutig und erkennbar sind sprechen wir von Homosexualität, lesbisch oder schwul. Bei einer gleichzeitig vorliegenden (biologischen) Intersexualität kann der Eindruck von Heterosexualität entstehen.

Dieser Eindruck entsteht auch bei gleichzeitig vorliegender „Transsexualität“, wenn im zugewiesenen Geschlecht gelebt wird.

[Bearbeiten] Quellen

[Bearbeiten] Siehe auch

Portal-Logo Portal: Transgender und Intersexualität – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Transgender und Intersexualität

[Bearbeiten] Weblinks

Selbsthilfe und Kritik der gegenwärtigen Praxis

  • XY-Frauen – Kontaktgruppe für Menschen, die nicht ohne weiteres in die gängigen Mann/Frau-Schemata hineinzupassen, gemeinsam ist ein männlicher XY-Chromosomensatz bei einem weiblichen äußeren Erscheinungsbild.
  • Intersex-Menschen – Forum und Anlaufstelle für intersexuelle Menschen
  • INTERSEX.AT Eine österreichische Selbsthilfegruppe für Menschen, die nicht eindeutig als MANN oder FRAU geboren wurden
  • Tintenfischalarm (österreichischer Dokumentarfilm 2006)
  • Das verordnete Geschlecht (deutscher Dokumentarfilm 2001)
  • gender-killer - viele Infos zum Kampf gegen Heteronormativität
  • 1-0-1-intersex- Projekt für mehr kritische Öffentlichkeit
  • www.dgti.org – Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität


Medizinische Seiten

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