Overdub
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Overdub bezeichnet die Tonaufnahme über eine bestehende Tonaufnahme im Tonstudio. Die entsprechende Bearbeitungstechnik heißt Overdubbing.
In modernen Tonstudios werden Musikaufnahmen in der Regel nicht mit einer gesamten Gruppe eingespielt, sondern die Musiker nehmen ihren jeweiligen Part nacheinander auf verschiedene Tonspuren auf, die dann vom Abmischer in Sachen Lautstärke und Klang aneinander angepasst werden. Insbesondere durch die moderne Studio-Technologie sind dabei Manipulationen aller Art möglich geworden. Durch Overdubbing beispielsweise können zusätzliche Instrumente eingespielt werden, um den Sound voller zu machen. Musiker, die keine Möglichkeit haben, gemeinsam im Studio Aufnahmen zu machen, können ihren jeweiligen Part in verschiedenen Studios einspielen. Wiederkehrende Refrains oder Soli brauchen nur einmal eingespielt zu werden, da sie mehrere Male an den entsprechenden Stellen kopiert werden können. Insbesondere werden Overdubs eingesetzt um Fehler in der Darbietung auszumerzen, bzw. bestimmte Klangvorstellungen überhaupt erst möglich zu machen (Freddie Mercury von Queen beispielsweise sang seine eigene Chorbegleitung stets selbst).
Die Overdub-Technologie wurde bereits in den 1930er Jahren praktiziert, aber durch den Fortschritt in der Studiotechnik vervollkommnet. Klassiker der Popgeschichte, wie das Sgt. Pepper’s-Album der Beatles oder das Album von Alan Parsons Project Tales of Mystery and Imagination mit mehreren tausend Overdubs wären ohne diese Tonmanipulationen nicht möglich gewesen. Für die heutige Studioproduktion sind Overdubs die normale alltägliche Arbeitsweise.
Berüchtigt geworden sind Overdubs, wenn sie zur Vorspiegelung falscher Tatsachen führten, insbesondere bei angeblichen Konzertmitschnitten (Live-Alben). Viele dieser „Live-Aufnahmen“ wurden nachträglich im Tonstudio erheblich nachbearbeitet, um die Perfektion von Studioaufnahmen bei gleichzeitiger Vorspiegelung einer Konzertsituation zu erreichen. Durch Kürzungen von Songs, Zumischung von Instrumenten oder Vokaldarbietungen, die häufig im Studio gespielt wurden, sowie von Applaus wurden die eigentlichen Konzertaufnahmen zum Teil dramatisch verändert, um die Platten verkäuflicher zu machen. Es gibt auch von bekannten Rockgruppen angebliche „Live-Alben“, die komplett in einem Studio aufgenommen und danach mit Publikumsreaktionen aus der Konserve abgemischt wurden.
In der Regel handelt es sich aber bei „Live-Alben“ um stark veränderte Konzertaufnahmen. Beispielsweise finden sich auf den Live-Alben der Rolling Stones unzählige Overdubs. Das Live-Doppelalbum der amerikanischen Gruppe Eagles gilt als eines der am stärksten bearbeiteten Konzertalben überhaupt. Für die Fernsehausstrahlung eines Auftrittes der Beatles im Shea Stadion musste die Gruppe gar zu einer Aufzeichnung des Konzerts im Studio synchron alle Instrumente und Gesang komplett neu einspielen. Diese erheblichen Eingriffe in die ursprünglichen Konzertaufnahmen haben dazu geführt, dass manche Künstler ausdrücklich darauf hinweisen, dass ihr Live-Album keine Overdubs enthalte. Auf der LP Absolutely Live der Doors ist diese Versicherung beispielsweise ebenso enthalten wie auf dem Konzert-Album Nie und nimmer 1979 Live von Wolfgang Ambros und dem Doppel-live-Album Everything louder than everyone else von Motörhead. Frank Zappas Album "Sheik Yerbouti" jedoch ist an verschiedenen Orten komplett live aufgenommen worden und jeder Overdub ist im Booklet aufgeführt. Einen besonderen Weg gingen Die Ärzte: Schlagzeuger Bela B. sang über ein Mikrofon, das ihm an einem Bügel vor dem Mund befestigt war. Dessen Qualität war für die Verwendung auf einem Live-Album ungeeignet. Daher wurde nachträglich im Studio die Live-Situation simuliert, indem er ohne die üblichen Kopfhörer seinen Gesang in nur einem einzigen "Take" zu laut laufender Musik neu einsang. Vom Charakter der Aufnahmen her ist es fast unmöglich, die live-Situation herauszuhören.
Generell ist jedoch davon auszugehen, dass die meisten der „Live-Alben“ im Studio mehr oder weniger nachbearbeitet werden, und zwar über die für die Abmischung erforderlichen Maßnahmen hinaus.