Raketensilo
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Unter einem Raketensilo versteht man eine unterirdisch gelagerte Abschussvorrichtung für einen interkontinentalen ballistischen Flugkörper. Dieser sollte im Szenario eines konventionellen Krieges bei drohender Niederlage der eigenen konventionellen Streitkräfte abgefeuert werden, um in erster Linie die gegnerischen atomaren Abschussvorrichtungen zu zerstören und somit deren atomares Angriffspotenzial gegen das eigene Territorium abschwächen. Den Gegensatz dazu bildeten mobile Abschussrampen (u.a. SS-20 auf sowjetischer und Pershing 1 & 2 auf amerikanischer Seite)- Waffensysteme vorrangig gegen Streitkräfte, die in erster Linie bei einem Krieg an der Front eingesetzt worden wären.
In der Zeit des Kalten Krieges gab es in der Sowjetunion sowie im gesamten Gebiet der Vereinigten Staaten genauso wie in Großbritannien und Frankreich Raketensilos, die dazu bestimmt waren, diese Funktion zu erfüllen. Trägersysteme waren unter anderem die sowjetische SS-18 "Satan" (NATO-Codewort) und die amerikanische "Peacekeeper" (MX) Rakete; daneben gab es britische und französische Eigenentwicklungen.
In der Regel ging man davon aus, dass ein bis zwei atomare Sprengköpfe mit einer Sprengkraft von mindestens 50 Kilotonnen ausreichen, um eine Abschussvorrichtung in einem Raketensilo auszuschalten.
Die unterirdische Bauweise diente vorrangig dem passiven Selbstschutz vor Bombardements und Sabotage sowie der sicheren Lagerung des sehr empfindlichen Flugkörpers, weniger dagegen der Tarnung vor gegnerischen Aufklärungsmaßnahmen. In den Zeiten des Kalten Krieges waren beinahe alle unterirdischen Abschussvorrichtungen der jeweils anderen Seite bekannt und galten im Falle eines atomaren Schlagabtauschs neben den Industriezentren und Gebieten mit großer Bevölkerungsdichte als vorrangiges Angriffsziel.
Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs verloren Raketensilos mehr und mehr an Bedeutung. Heutzutage gibt es in den USA sogar einige Silos, die zu öffentlichen Museen umgewandelt wurden.