Samaritaner
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Samaritaner bilden eine eigene Religionsgemeinschaft, die wie das Judentum aus dem Volk Israel hervorgegangen ist. Es gibt heute in Israel und im Westjordanland etwa 700 Samaritaner, die alle im Gebiet des historischen Palästina leben.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Ableitung des Namens
Es gilt zu unterscheiden zwischen den Bewohnern von Samaria (hebr. shomronim) und den israelitischen Samaritanern (hebr. shamerim). Der Begriff Schomronim bezeichnet die Bewohner von Samaria. Schomronim leitet sich vom Namen Samaria (hebr. shomron) ab. Die Schamerim hingegen sind eine israelitische Glaubensbewegung. Nicht alle Bewohner von Samaria - Schomronim - sind auch Schamerim (israelitische Samaritaner).
Der hebr. Begriff shamerim bedeutet Bewahrer, Beobachter, Observanten. Die Schamerim (israelitische Samaritaner) verstanden und verstehen sich als Observanten und Einhalter der Satzungen Mose (Tora oder Pentateuch). Sie sehen sich als die Vertreter des alten Israels. Sie vertreten das "Gottesbild" des alten Israels.
Der Ausdruck des Barmherzigen Samariters geht auf ein Gleichnis Jesu im Neuen Testament bei Lukas (Lk 10, 30-37) zurück. In dieser Erzählung erhält ein Schwerverletzter Hilfe von einem Samaritaner, der von den Juden gemieden wurde, während ein jüdischer Priester und ein Levit ihn achtlos liegen lassen.
[Bearbeiten] Geschichte
[Bearbeiten] Anfänge
Nach biblischen Quellen haben sich die 10 Stämme im Norden Israels nach der Teilung des Königreich Israel - durch Auflösung der Personalunion, die unter Saul, David und Salomo bis ca. 926 v. Chr. bestanden hatte - zum Nordreich Israel mit einem Wahlkönigtum zusammengeschlossen. Ihre Hauptstadt während der Omridendynastie im 8. Jahrhundert v. Chr. war zunächst Sichem, später dann Samaria.
Ein Teil dieser Bevölkerung blieb bei der großen assyrischen Deportation im Jahre 722 v. Chr. in ihrer Heimat, denn es wurden wohl nur die Angehörigen der begüterten Oberschicht der israelitischen Bevölkerung deportiert. Die verbliebenen Samarier bildeten einen Bestandteil des von der assyrischen Großmacht dort angesiedelten Völkergemischs aus dem Osten (Babel, Awa, Hamta, Sefarwajim und Kuta).[1] Sie bewahrten eine besonders altertümliche Version des Kultes mit eigenem Heiligtum und Liturgie in ihrem samaritanisch genannten Pentateuch. Sie nannten sich Schamerim (Bewahrer). Es handelte sich um israelitische Samaritaner.
[Bearbeiten] Heiligtum und Tempel auf dem Garizim
Die Oberschicht des Südreiches (Juda und Benjamin) war 586 v. Chr. von den Babyloniern nach Mesopotamien verschleppt worden. Nachdem die Perser die Herrschaft über Babylonien errungen hatten, durften die Juden nach Israel zurückkehren. In verschiedenen Wellen kehrten sie nach Judäa zurück. Unter Serubbabel, einem Daviden, bauten sie den Tempel in Jerusalem wieder auf (um 520 v. Chr.). Die Samaritaner wollten dabei mithelfen. Ihr Wunsch wurde abgelehnt. [2] Man betrachtete sie nicht als rein-israelitisch. Sie seien in Kontakt mit den fünf angesiedelten Völkern und deren Göttern gekommen. Daraufhin errichteten die israelitischen Samaritaner ein eigenes Heiligtum auf dem Berge Garizim. Um das Jahr 330 v. Chr. erbauten sie sogar einen Tempel auf dem Garizim. Dieser Tempel der Samaritaner wurde etwa 129 v. Chr. durch den Hasmonäer Johannes Hyrkanos I. zerstört.
[Bearbeiten] Religionsreform durch Esra und Nehemia
Etwa um 440 v. Chr. führten Esra und Nehemia eine Religionsreform in Jerusalem und Judäa durch. Anhänger der alten, israelitischen Tradition setzten sich zu der Zeit nach Samaria ab. Eines der Reformanliegen betraf auch die Mischehen.[3] Esra und Nehemia waren gegen Mischehen zwischen Israeliten und Nicht-Israeliten. Insbesondere Priester und Leviten sollten keine solchen Mischehen führen und bestehende auflösen. Manasseh, der Sohn einer hohenpriesterlichen Familie von Jerusalem, war mit der Tochter des persischen Statthalters von Samaria verheiratet. Wegen dieser Ehe wurde er von Jerusalem ausgewiesen. Er und gleichgesinnte Priester schlossen sich den israelitischen Samaritanern an. Er organisierte von nun an den Priesterdienst am Heiligtum auf dem Berge Garizim. Diese Priester beanspruchten für sich, sie würden die Gottesverehrung des alten Israel vertreten.
[Bearbeiten] Garizim – Ort der Anbetung
Da die Samaritaner keinen Anteil mehr am Tempel in Jerusalem hatten, vertraten sie von nun an die Ansicht, dass der Berg Garizim der richtige Ort für die Verehrung Gottes sei und nicht Jerusalem. Denn vom Berg Garizim sei das Volk Israel gesegnet worden.[4]
[Bearbeiten] Erwartung des Gesalbten
Die Samaritaner erwarteten ebenfalls den Gesalbten Gottes, so wie die Juden. Dieser Gesalbte würde jedoch aus dem Stamm Joseph kommen, nicht aus dem Stamm Juda. Im weiteren Gegensatz zu den Juden erwarteten sie keinen König, sondern einen Propheten, wie Moses einer gewesen war. Sie erwarteten den Wiederhersteller, den Taheb im Aramäischen. Dieser Taheb würde sie alles lehren und den religiösen Zustand des alten Israel wieder herstellen. Sie beriefen sich dabei auf Deut. 18,18.
[Bearbeiten] Gewalt gegen Pilgerzug
Im Jahre 36 n. Chr. trat ein priesterlicher Anführer auf. Er war wohl überzeugt, der erwartete Taheb zu sein. Mit einer großen Gefolgschaft zog er Richtung Berg Garizim. Viele waren bewaffnet. Er wollte seiner Gefolgschaft auf dem Berge die heiligen Gefäße zeigen, die Moses dort niedergelegt hätte. Dies wäre vermutlich als Zeichen verstanden worden, dass er der Tahib sei. Pontius Pilatus ließ diesen Manifestationszug mit brutaler Gewalt unterbinden.[5]
[Bearbeiten] Samaritaner im Mittelalter und der Neuzeit
Waren die Samaritaner im Mittelalter noch ein recht zahlreiches Volk, so sank ihre Zahl im Zuge von Christianisierung und Islamisierung extrem. Die Samaritaner praktizieren, auch zu ihrem eigenen Schutz, eine strenge Endogamie. Im Jahre 1918 zählten die Briten im damaligen Mandatsgebiet Palästina 146 Samariter in fünf miteinander verwandten Familien, davon eine Priesterfamilie. Die wohlwollende Einstellung der Zionisten hat wohl die letzten Samaritaner vor dem Untergang bewahrt. Seit 1923 ist den Samaritanern auch die Heirat mit Juden erlaubt, wenn diese zur Religion der Samaritaner übertreten. Das geschah dann auch und einige Jüdinnen traten über und heirateten Samaritaner. Seitdem ist ihre Zahl angestiegen und betrug 1996 wieder über 660 Personen.
Die Samaritaner leben heute in Cholon in der Nähe von Tel Aviv sowie in Nablus im Westjordanland. Es gibt nur fünf Familienverbände. Die Trennung in zwei etwa gleich große Gruppen von denen eine, die in Cholon, stark von der israelischen Gesellschaft beeinflusst wurde, und eine andere, die ihre arabisch-orientalischen kulturellen Bräuche aufrecht erhielt, führte zu gewissen Loyalitäts- und Identitätsproblemen. Die Gruppe in Cholon spricht z.B. vorwiegend Hebräisch, die Gruppe in Nablus Arabisch. Seit Beginn der Intifada wurden mehrmals Arabisch sprechende Samaritaner von israelischen Soldaten für Palästinenser gehalten und sehr harsch behandelt, was die Spaltung nur noch verstärkt hat.
[Bearbeiten] Religion der Samaritaner
Die Samaritaner erkennen als Bibel nur die Autorität der fünf Bücher Mose (Pentateuch, Tora) an, die sie in einer eigenen, der ursprünglichen hebräischen Schrift schreiben, die auf dem phönizischen Alphabet basiert (die heutige hebräische Schrift ist eigentlich eine aramäische Schrift, die von den Juden erst während des Babylonischen Exils übernommen wurde). Darüber hinaus haben sie eine eigene Überlieferungs- und Aussprachetradition ihrer heiligen Schriften und der althebräischen Sprache erhalten können, für Bibelwissenschaftler eine Fundgrube.
Für diese Samaritaner waren die prophetischen Bücher der Juden nicht von Bedeutung. Sie waren der Auffassung, dass sich die Juden, die Abkömmlinge des Südreiches, von der alten israelitischen "Gottesvorstellung" wegentwickelt hätten, insbesondere während des babylonischen Exils. Die Samaritaner warfen den Juden vor, sie hätten dem Gott Israels menschliche Eigenschaften zugeordnet (prophetische Bücher des AT). Damit hätten sie sich ein Bild von Gott gemacht und sie würden gegen die Gebote Gottes verstoßen.
Die Samaritaner haben auch viele Bräuche des alten Judentums aus der Zeit vor der Zerstörung des Tempels und teilweise sogar aus der Zeit vor dem babylonischen Exil bewahrt. Beispielsweise kennen sie bis heute das Hohepriestertum und das Tieropfer und feiern ihr Neujahr im Frühling, nicht wie die Juden im Herbst.
[Bearbeiten] Hohepriester
Die Samaritaner haben einen eigenen Hohepriester, der auf dem Berg Garizim residiert.
[Bearbeiten] Liste der Hohepriester der Samaritaner
- Sashai, Mitte des 10. vorchristlichen Jahrhunderts
- Bakhi
- Shebet
- Shalom
- Hezekiah I.
- Jonathan I., etwa 1000 v. Chr.
- Yair, etwa 980 v. Chr.
- Daliah
- Yair II.
- Jonathan II.
- Ishmael
- Tobiyah
- Zadok
- Amram I.
- Hilkiah
- Amram II.
- Akob I.
- Akabiah I., etwa 701 v. Chr.
- Hillel
- Seriah
- Levi
- Netaniel I.
- Azariah, etwa 586 v. Chr.
- Abdael, in den 530er Jahren v. Chr.
- Hezekiah II.
- Hananiah
- Amram III., etwa 500 v. Chr.
- Hana
- Hezekiah III.
- Daliah
- Akob II.
- Akabiah II.
- Levi I.
- Eleazar II.
- Menasseh
- Yair III.
- Netaniel II.
- Joiachim um 0
- Jonathan III., etwa 30 n. Chr.
- Elishama ca.70er
- Shemaiah
- Tobiah
- Amram IV.
- Akabon I.
- Phineas II.
- Levi II. um 130er
- Eleazar III.
- Baba I.
- Eleazar IV.
- Akabon II.
- Netaniel III. (Vater von Baba Rabba)
- Baba Rabba, Mitte des 3. Jahrhunderts
- Akabon III.
- Netaniel IV.
- Akabon IV.
- Eleazar V.
- Akabon V.
- Eleazar VI.
- Akabon VI., spätes 6. Jahrhundert
- Eleazar VII.
- Netaniel V., frühes 7. Jahrhundert
- Eleazar VIII. ca. 630
- Netaniel VI.
- Eleazar IX., 640-650
- Akabon VII.
- Eleazar X.
- Akabon VIII.
- Eleazar XI.
- Akabon IX., um 750
- Eleazar XII., 780-810
- Simeon
- Levi III.
- Phineas III.
- Netaniel VII.
- Baba II.
- Eleazar XIII.
- Netaniel VIII.
- Eleazar XIV.
- Phineas IV.
- Netaniel IX.
- Abdael II.
- Eleazar XV.
- Abdael III.
- Eleazar XVI.
- Aaron II.
- Sadakah
- Amram V.
- Aaron III.
- Netaniel X.
- Itamar
- Amram VII.
- Uzzi
- Joseph
- Phineas V., spätes 13. Jahrhundert
- Eleazar XVII.
- Phineas VI., der Nazarite
- Abisha
- Eleazar XVII.
- Phineas VIII.
- Rabban Shalmiya ben Phineas ? -1624
- Tsedaka ben Tabiyya Ha'abta'ai 1624-1650
- Isaac ben Tsedaka, 1650-1694
- Abraham ben Isaac, 1694-1732
- Tabiyya ben Isaac, 1732-1752
- Levi ben Abraham, 1752-1787
- Shalmah ben Tabiyyah, der Große, 1787-1855
- Shelah ben Isaac (1787-1799)
- Amram ben Shalmah, 1855-1874
- Jacob ben Aaron ben Shalmah, 1874-1916
- Isaac ben Amram, 1916-1932
- Matzliach ben Phinhas, 1933-1943
- Abrisha ben Phinhas, 1943-1961
- Amram ben Isaac, 1961-1980
- Asher ben Matzliach, 1980-1982
- Shafiq Uzzi ben Jacob, 1982-1984
- Jacob ben Shafiq, 1984-1987
- Joseph ben Ab-Hisda, 1987-1998
- Levi ben Abisha, 1998-2001
- Shalom ben Amram, 2001-2004
- Eleazar ben Tzedakah, seit 2004
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Fussnoten
- ↑ 2. Kön. 17,24
- ↑ Esra 4,3
- ↑ Esra 9 und 10
- ↑ Deut. 27 und Jos. 8
- ↑ Flavius Josephus, Jüd. Altertümer XVIII:4,1-2.
[Bearbeiten] Literatur
- Cornel Heinsdorff: Christus, Nikodemus und die Samaritanerin bei Juvencus. Mit einem Anhang zur lateinischen Evangelienvorlage. Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte. Bd 67. Berlin/New York 2003. ISBN 3-11-017851-6
[Bearbeiten] Weblinks