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SAR-Lupe

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SAR-Lupe ist das deutsche Satellitenaufklärungssystem. Es besteht aus fünf identischen Kleinsatelliten und einer Bodenstation zur Satellitenkontrolle und zur Bildauswertung. Als erst drittes System mit Radartechnik (nach den USA und Russland) können wetter- und tageszeitunabhängig hochauflösende Bilder von jedem Punkt der Erde gewonnen werden. Die Satelliten werden in den Jahren 2006 bis 2008 mit russischen Kosmos-3M Trägerraketen ins All gebracht, die Bodenstation wird derzeit in Gelsdorf bei Bonn errichtet. Benutzbar soll das System ab 2007 sein, seine volle Leistungsfähigkeit wird 2008 erreicht. Der erste Satellit wurde im Dezember 2006 in den Orbit gebracht und im Januar 2007 erfolgreich in Dienst gestellt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Technik

[Bearbeiten] Das Radar

Die Satelliten benutzen ein Synthetic Aperture Radar (SAR), mit dem bei jedem Licht- und Wetterverhältnis Bilder gewonnen werden können. Die SAR-Technik erlaubt durch mehrfaches Aufnehmen eines Zieles aus verschiedenen Winkeln und entsprechender Nachbearbeitung der Daten eine erheblich höhere Auflösung zu liefern als ein vergleichbares normales Radar. Die Impulse für eine Aufnahme werden ca. 10 Sekunden nacheinander abgestrahlt, die dabei abgegebene Leistung unterliegt der Geheimhaltung. Die parabolische Radarantenne hat einen Durchmesser von ca. 3 m und ist unbeweglich am Satelliten montiert; er muss also komplett gedreht werden, um ein Ziel anzuvisieren.

Radartechnik hat gegenüber Optik neben der Wetterunabhängigkeit noch weitere Vorteile für die militärische Aufklärung: So können Höhenunterschiede gemessen und Bewegungsgeschwindigkeiten bestimmt werden. Da Radarwellen von Wasser und Metall besonders gut reflektiert werden, können Menschen und technische Geräte (z.B. Fahrzeuge oder auch Minen) besonders gut erkannt werden. Teilweise kann auch durch Bäume oder Tarnnetze hindurch aufgeklärt werden. Jedoch ist es technisch zumindest möglich, mit Hilfe eines Jammers das Radar zu behindern oder gar zu blockieren.

[Bearbeiten] Einsatzmodi und die "Lupen"-Fähigkeit

Der Überflug kann in den Modi 'Strip-Map' (normal, Geschwindigkeit über Boden ca. 7 km/s, zur großflächigen Beobachtung) sowie 'Spot-light' erfolgen: bei letzterem dreht sich der Satellit so, dass die Bewegung gegenüber dem Boden (zumindest teilweise) ausgeglichen wird und somit einen höhere Auflösung erzielt werden kann.

Der Name „Lupe” kommt von der Fähigkeit, besonders interessante Ziele mit deutlich höherer Auflösung aufzunehmen. Nach Herstellerangaben ist dies einmalig. Dies gelingt durch die Kombination der SAR-Technik (möglicherweise auch mit zwei Satelliten gleichzeitig) und des Spot-light Manövers. Jedoch ist bei der Benutzung der Lupe eine Bewegung des Ziels störend, es sollte möglichst statisch sein. Es ist nicht öffentlich bekannt, wie sich dieses Manöver auf den Energieverbrauch und die Datenmenge (Speicherplatz und Übertragungsbandbreite) auswirkt. Ebenfalls unbekannt sind die benötigte Zeit, um den Satelliten erneut in Aufnahmeposition zurückzubringen und wie oft ein solches Mitziehmanöver durchführbar ist. Die Gyros zu Stabilisierung und Flugbahnregelungsoperationen verbrauchen kontinuierlich Energie.

[Bearbeiten] Auflösung

Im Lupen-Modus können Auflösungen von unter einem Meter erreicht werden. Diese Angabe bezieht sich dabei möglicherweise nur auf die Vertikalauflösung (quer zur Flugrichtung). Zu beachten ist, dass der Neigungswinkel des Satelliten zum Zielgebiet die Auflösung ebenfalls beeinflusst. Laut Hersteller ist die Auflösung höher als die amerikanischer und russischer Radarsatelliten. Die Beispielfotos des Herstellers haben Kantenbreiten von 5,5 × 5,5 km² in "höchster Auflösung" und 60 × 8 km² in "hoher Auflösung". Die Breite dürfte dabei tatsächlich durch die Radartechnik begrenzt sein, die Länge (im Strip-Map Modus) entweder durch die interne Datenverarbeitung oder die Stromversorgung. Sicher ist jedoch, dass eine wirkliche Flächenabdeckung nur mit wesentlich mehr Satelliten möglich ist; eine Beschränkung, die jedes Satellitensystem hat.
Genaue Angaben zur Auflösung bezüglich Höhe und Geschwindigkeit sind nicht öffentlich verfügbar.

[Bearbeiten] Weitere Werte der Satelliten

Das Gewicht eines einzelnen Satelliten beträgt ca. 720 kg, seine Größe wird mit 4 × 3 × 2 m³ angegeben. Die geschätzte Lebensdauer beträgt mindestens 10 Jahre, bei einer Verlässlichkeit von mindestens 97 % pro Jahr. Die durchschnittliche Leistungsaufnahme wird mit ca. 250 Watt angegeben.

Die Satelliten kreisen in drei verschiedenen polnahen Umlaufbahnen, die jeweils im Mittel 500 km hoch sind. Die durchschnittliche Antwortzeit (Zeit von der Anfrage bis zur Rückgabe der Bilder) beträgt dabei 11 Stunden, 95 % der Anfragen können innerhalb von 19 Stunden beantwortet werden.

Der Bordspeicher von mehr als 128 GByte erlaubt dabei die Aufnahme von ca. 30 Bildern pro Tag (möglicherweise wird diese Beschränkung aber auch durch die Stromversorgung oder Übertragungsbandbreite gesetzt). Für die Datenübertragung wird das X-Band benutzt (über den gleichen Parabolspiegel wird das Radar abgestrahlt; eine Verbindung zur Bodenstation ist nur möglich, wenn sich der Satellit über ihr befindet), Steuerungs- und Telemetrie-Daten werden verschlüsselt über S-Band ausgetauscht (direkt mit der Bodenstation oder über Intersatellitenlink).

Die Ausrichtung erfolgt mit Hilfe von Magnetspulen und Schwungrädern, die Orbitalkontrolle mit Hydrazin-Triebwerken. Da die Solarzellen ebenfalls nicht schwenkbar auf der Rückseite des Satelliten angebracht sind, passt der Satellit die bereitgestellte elektrische Leistung durch seine Ausrichtung zur Sonne an.

Die Nutzlastverkleidung der Kosmos 3M Trägerrakete musste speziell angepasst werden, da der Antennendurchmesser der Satelliten zu groß ist. Die neue Nutzlastverkleidung wurde Anfang 2005 bei einem Flug der Kosmos 3M mit einem russischen Satelliten erfolgreich getestet.

[Bearbeiten] Bodenstation

Die Bodenstation ist unterteilt in die zwei Segmente, dem Nutzer- (NBS) und dem Satellitenbodensegment (SBS). Ersteres übernimmt im wesentlichen die Zielauswahl und Auswertung der Bilder, das SBS kümmert sich um die technische Steuerung, Datenaustausch und Bilderzeugung (der Satellit nimmt selbst keine Vorverarbeitung vor, sondern liefert nur Rohdaten).

[Bearbeiten] Entstehungsgeschichte und Kooperationen

Das SAR-Lupe System ist eigentlich eine Low-Cost-Lösung: das Vorgängerprojekt Horus wurde abgebrochen, da die Kosten von bis zu 5 Milliarden D-Mark der Bundesregierung zu hoch waren. Der Kosovo-Krieg und der damit einhergehende erste Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Ausland machte jedoch schnell deutlich, dass die neue Doktrin der deutschen Außenpolitik ein Aufklärungssystem erforderlich macht. So wurde 1998 mit Arbeiten am SAR-Lupe-System begonnen, das nur noch ca. 370 Millionen Euro kostet. Dies wurde zum einen durch Einschränkungen der Leistungsfähigkeit erreicht (so kann zum Beispiel das Radar nicht geschwenkt werden, stattdessen muss der gesamte Satellit gedreht werden), vor allem aber durch die Verwendung bereits existierender Einzelteile, die Kleinsatellitenbauweise sowie durch die Vergabe der Unteraufträge an den jeweils billigsten Zulieferer (weniger als die Hälfte der Einzelteile kommen aus Deutschland). Der endgültige Vertrag wurde schließlich am 17. Dezember 2001 unterzeichnet.

[Bearbeiten] E-SGA und FSLGS

Am 30. Juli 2002 wurde in Schwerin ein Kooperationsvertrag mit Frankreich geschlossen, die mit ihren Helios Satelliten optische Aufklärung bieten. Da sich die beiden Systeme gut ergänzen, sollen sie gekoppelt werden. Ziel ist dabei, mittelfristig einen gemeinsamen Aufklärungsverbund für die EU zu schaffen. Dies wurde schon in der technischen Planungsphase berücksichtigt: das System ist modular aufgebaut und leicht erweiterungsfähig.

Am 1. Dezember 2006 erhielt OHB vom BWB den Auftrag zur Realisierung des Aufklärungsverbundes. Das Auftragsvolumen beträgt rund 87 Millionen Euro.

Es wird gehofft, dass sich auch andere EU-Partner mit weiteren Satelliten beteiligen.

Der gesamte multinationale Systemverbund wird unter dem Namen E-SGA („Europäisierung der satellitengestützten Aufklärung“) entwickelt. Die Schnittstelle, die es dem französischem Militär ermöglicht Zugriff auf die SAR-Lupe Satelliten zu erhalten, heißt FSLGS („French SAR-Lupe Ground Segment“). Im Gegenzug stellen die Franzosen eine Zugriffsmöglichkeit auf das Helios System zur Verfügung.

[Bearbeiten] Beteiligte Firmen und Behörden

Das System untersteht der Bundeswehr, Auftraggeber sind das Verteidigungsministerium (BMVg) und das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB). Die neugegründete "Abteilung satellitengestützte Aufklärung" (Abt SGA) des Kommando Strategische Aufklärung (KdoStratAufkl) betreibt das Nutzerbodensegment. Die Sollstärke dieser Abteilung beträgt 31 Offiziere, 39 Unteroffiziere und 23 zivile Mitarbeiter.

Anforderungsberechtigte Dienststellen sind:

Das Zentrum für Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ZNBw) legt dann die Reihenfolge der Auftragsbearbeitung fest und leitet diese an die Abteilung SGA weiter.

Die Herstellung unterliegt einem Konsortium europäischer Unternehmen, angeführt von der OHB-System AG, der auch die Gesamtleitung obliegt und die das Satellitenbodensegment betreiben wird. Das SAR wird von Alcatel Space geliefert, die zugehörigen Verstärker kommen von TESAT-Spacecom, die darin operierenden Wanderfeldröhren wurden von THALES in Deutschland entwickelt und gefertigt [1]. Die Parabolantenne kommt von Saab Ericsson Space, die Batterien stammen von Diehl Eagle Pitcher, die Gyros von Kearfott und die Reaktionsräder von Teldix. Weitere Partner: Carlo Gavazzi Space SpA, COSMOS International Satellitenstart GmbH, EADS, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), RTG, ZARM und Astro- und Feinwerktechnik.

[Bearbeiten] Anmerkungen

Sämtliche technische Werte zur Leistungsfähigkeit werden in den öffentlich zugänglichen Quellen nur mit Mindestwerten angegeben. So kann es durchaus sein, dass die tatsächliche maximale Auflösung erheblich höher ist. Möglicherweise liegt dieser Wert bei etwa 50 cm, also ungefähr doppelt so hoch, wie offiziell angegeben.

[Bearbeiten] Starttermine

[Bearbeiten] SAR-Lupe 1

Der erste Satellit wurde am 21. September 2006 an das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) ausgeliefert. Vor dem Start durchlief der Satellit umfassende Testreihen im Satellitentestzentrum der IABG in Ottobrunn.

Er ist am 19. Dezember 2006 um 14:00:19,562 Uhr (MEZ) in Plesetsk mit einer Kosmos-3M-Rakete gestartet. Ca. 90 Minuten später wurden erste Daten empfangen. Der Satellit hat seinen Orbit erreicht, ist stabil, reagiert auf Kommandos und sendet Daten.

Am 8. Januar 2007 wurde die Satellitenkontrolle an die militärische Bodenstation übergeben. Am 19. Januar 2007 meldete OHB, dass die Funktionsfähigkeit der gesamten Bildaufnahmekette (Radaraufnahme, Lagekontrolle, Übermittlung, Verarbeitung) demonstriert sei: in allen Aufnahmemodi wurden erfolgreich Bilder in der erwarteten Qualität geliefert.

[Bearbeiten] SAR-Lupe 2-5

SAR-Lupe 2 soll im Juli 2007 gestartet werden.[1] Die weiteren Satelliten folgen in Abständen von vier bis sechs Monaten, bis 2008 soll das Gesamtsystem in Betrieb sein.

[Bearbeiten] Siehe auch

  • TerraSAR - ziviles Radarsatellitenprojekt, das auf Militärtechnik zurückgreift (Dual Use)
  • SATCOM - zukünftiges Satellitenkommunikationssystem der Bundeswehr
  • Galileo - europäisches Satellitennavigationssystem zur zivilen und militärischen Nutzung
  • Helios - französischer optischer Aufklärungssatellit
  • Lacrosse - amerikanischer Radarsatellit
  • Weltraumwaffe

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Quellen

  1. OHB-System: Satellit SAR-Lupe 1 ist erfolgreich in Betrieb genommen und liefert hervorragende Bilder 19. Januar 2007
Andere Sprachen
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