Sommerloch
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Das Sommerloch ist ein Phänomen der Medien, besonders der Tagespresse und der Nachrichtenagenturen, und bezeichnet eine nachrichtenarme Zeit, die vor allem durch die Sommerpause der politischen Institutionen bedingt ist. Viele Politiker und Lobbyisten sind im Sommerurlaub; es finden nur wenige politisch relevante Ereignisse und Termine statt. Der Nachrichtenumsatz der Presseagenturen geht spürbar zurück.
Da Sendezeit und Zeitungsspalten aber trotzdem gefüllt werden wollen, werden viele Ereignisse weit über ihren eigentlichen Nachrichtenwert hinaus aufgeblasen. Vor allem die Boulevard-Presse nutzt die Gelegenheit, gezielt Themen zu platzieren.
Viele Zeitungen bereiten sich während des Jahres auf diese Zeit vor und bringen verlockende, zeitlose oder scheinaktuelle Themen aus dem Archiv, die Inserenten werden mit Boni gelockt und jede auswertbare Nachricht wird dankbar aufbereitet. Diese nachrichtenarme Zeit ist auch die Geburtsstunde so mancher Zeitungsente, kurz auch nur Ente genannt. Denn nur zu oft werden leichtsinnig und unkritisch scheinbare Nachrichten übernommen, um die Seiten zu füllen und die Leser zu unterhalten. Im Web entstehen dazu oft die recht unterhaltsamen Legenden, die so genannten modernen Legenden.
Das nachrichtenarme Sommerloch wird von vielen als Chance begriffen, die sonst im Informationsfluss untergehen. So ist das Sommerloch für Randsportarten, politische Hinterbänkler etc. die Chance in Zeitungen, Hör- und Fernsehfunk zu kommen. Auch Informationsanbieter mit politischen oder wirtschaftlichen Absichten und Lobbyisten zielen immer wieder aufs Sommerloch.
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[Bearbeiten] Sommerloch-Themen in Deutschland
- 1982: In einer Zahnarztpraxis hält eine unheimliche Stimme aus dem Spucknapf („Chopper“ genannt) die Medien und schließlich sogar die Justiz auf Trab. Schließlich stellt sich heraus, dass sich das Praxispersonal einen Scherz erlaubt hatte[1].
- 1993: Der CSU-Politiker Dionys Jobst äußert in der Bild-Zeitung den Vorschlag, die Ferieninsel Mallorca für 50 Milliarden Mark zu kaufen und zum 17. Bundesland zu machen.
- 1994: In einem Baggersee in Dormagen (bei Neuss) entflieht der Kaiman „Sammy“ seinem Besitzer und wird fünf Tage lang gesucht.
- 1998: Das Rotnackenwallaby „Manni“ flüchtet aus dem Tierpark Bad Pyrmont und wird an verschiedenen Stellen Deutschlands gesichtet.
- 2000: Gerichtsverhandlung bei Richterin Barbara Salesch in Sat.1 über eine Streitigkeit über einen Maschendrahtzaun und das kurz darauf entstandene Lied Maschendrahtzaun.
- 2001: „Kuno“, dem „Killer-Wels“ aus Mönchengladbach, wird nachgesagt, im Stadtweiher sein Unwesen zu treiben. Angeblich hat er sogar einen Dackel mitsamt Halsband verschlungen. Laut WDR wurde 2003 in der Tat der 1,5 Meter lange Kadaver eines Welses aus dem Stadtweiher gefischt.[2]
- 2001: Im Rhein wird angeblich ein Krokodil gesichtet. Am 22. Juni war das „Rheinkrokodil“ zum ersten Mal in der Nähe von Hockenheim gesichtet worden. Danach tauchte es in Speyer und dann in Eltville bei Wiesbaden auf. Trotz intensiver Suche der Polizei gelang es jedoch nicht, eine Echse dingfest zu machen.
- 2003: Nach deutschenfeindlichen Äußerungen des italienischen Tourismus-Staatssekretärs Stefano Stefani sagt Bundeskanzler Gerhard Schröder seinen Italien-Urlaub ab.
- 2006: Ein Braunbär wird einige Wochen lang im Grenzgebiet Deutschland/Österreich gesichtet. Die Medien taufen ihn Bruno und er gewinnt Sympathien, da er immer wieder auftaucht (z. B. vor der Polizeiwache von Kochel), aber unter anderem einem finnischen Bärenjäger-Team mit Hunden mehrfach entkommt. Nachdem dieses die Suche aufgegeben hat, wird er zum Abschuss freigegeben und am 26. Juni erschossen.
- 2006: Bayerns Innenminister Günther Beckstein fordert eine allgemeine PKW-Maut per Vignette - als Begründung nennt er Steuerausfälle in Milliardenhöhe, die durch den Tanktourismus deutscher Autofahrer in die Nachbarländer entstünden.
- 2006: Jörg van Essen, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, schlägt in der Bild-Zeitung vor, die Immunität der Abgeordneten auf spezielle Einzelfälle zu reduzieren.
- 2006: Ex-SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter und der Grünen-Politiker Hans Christian Ströbele fordern die Einführung einer Siesta in heißen Sommern.[3]
- 2006 Magnus Gäfgen, der Mörder des Erben des Bankhauses Metzler, gründet eine Stiftung, die sich ausgerechnet gegen Gewalt an Kindern einsetzt.
- 2006 Empfänger von Hartz IV sollen auf Bahnhöfen und in Zügen als eine Art "Hilfssherrif" ("rail marshals") eingesetzt werden. Das wurde vom Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee angeregt.
- 2006 Der Pluto wurde zu einem Zwergplanet auf der Internationalen Astronomiekonferenz herunter gestuft.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ http://www.gespensterweb.de/Phanomene/Poltergeister/PoltChopper/poltchopper.htm
- ↑ http://www.wdr.de/themen/panorama/1/killerwels_kuno/kuno_tot.jhtml
- ↑ http://www.ftd.de/politik/deutschland/99591.html
[Bearbeiten] Literatur
- Norbert Blüm: Das Sommerloch Links und rechts der Politik, 2001. 223 S. m. Fotos. Gb. ISBN 3462029886