Stephen Gardiner

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Stephen Gardiner (* um 1493 in Bury St Edmunds; † 12. November 1555 in London) war ein englischer Bischof und Staatsmann im Zeitalter der Reformation.

Als Bischof von Winchester war er unter König Heinrich VIII. ebenso an der Gründung der Anglikanischen Staatskirche beteiligt wie unter dessen Tochter Königin Maria I. an der versuchten Rekatholisierung Englands.

[Bearbeiten] Aufstieg

Stephen Gardiner war der Sohn eines Tuchhändlers und ließ schon früh eine Begabung für humanistischen Studien erkennen. Er erhielt eine gute Ausbildung, u.a. in Paris , wo er 1511 noch als Kind Erasmus von Rotterdam begegnete. Später studierte er am Trinity College in Cambridge Griechisch und die Rechtswissenschaften. 1520 promovierte er in Zivilrecht, im Jahr darauf in Kirchenrecht.

Aufgrund seiner Fähigkeiten wurde Kardinal Thomas Wolsey auf Gardiner aufmerksam, der wichtigste Ratgeber des Königs. Als Sekretär des Kardinals, der damals die Außenpolitik des Landes maßgeblich bestimmte, wurde er mit verschiedenen diplomatischen Missionen betraut. So verhandelten Gardiner und Thomas More 1527 mit Frankreich über den Beitritt Englands zur Liga von Cognac.

[Bearbeiten] Königlicher Berater und Bischof

In der Scheidungsaffäre König Heinrichs mit seiner ersten Frau Katharina von Aragón, die Wolseys Sturz herbeiführte, bewährte sich Gardiner als Berater des Königs. Er verfasste die Rechtsgutachten, mit denen Heinrich VIII. die Ungültigkeit seiner Ehe begründete und auf die er den Anspruch des englischen Königtums auf Suprematie über die englische Kirche stützte. Seine Schrift De vera obedientia war die maßgebliche theologische und staatrechtliche Begründung für das Entstehen der Anglikanischen Kirche.

Für seine Dienste belohnte Heinrich VIII. Gardiner, indem er ihn 1529 zu seinem eigenen Sekretär machte und 1531 zum Bischof von Winchester ernannte. Anders als Thomas Cranmer, der Erzbischof von Canterbury, vertrat Stephen Gardiner aber stets die Auffassung, dass die Suprematie des Königs über die Kirche von England nicht deren Trennung von Rom bedeute. Er betrachtete die anglikanische Kirche weiterhin als Teil der katholischen und trat daher von Beginn an protestantischen Tendenzen in ihr entgegen.

[Bearbeiten] Sturz und Rückkehr an die Macht

Diese Haltung brachte Gardiner unter der kurzen Regierungszeit von Heinrichs Sohn und Nachfolger Eduard VI. in Gegensatz zur offiziellen Regierungspolitik. Er wurde daher 1548 für fünf Jahre im Tower inhaftiert, beim Regierungsantritt Marias I. aber sofort befreit.

Die neue Königin setzte Gardiner 1553 wieder in sein Bischofsamt ein und machte ihn, trotz seines Alters und der Rolle, die er vor Jahren bei der Scheidung ihrer Mutter gespielt hatte, zu ihrem Lordkanzler. Er widerrief nun seine früheren Anschauungen über den Supremat und erklärte die erste Ehe Heinrichs VIII. wieder für gültig - und damit Maria zur legitimen Thronerbin.

Als Lordkanzler war er gegen die Heirat Marias mit dem spanischen König Philipp II., weil er zu Recht befürchtete, England werde dadurch erneut in ein habsburgisches Bündnis gegen Frankreich einbezogen werden. Schließlich handelte er aber selbst den Ehekontrakt aus, um jeden Einfluss des Königs auf die englische Politik auszuschließen.

Gardiner beteiligte sich an der Wiedereinführung der Gesetze gegen Häresie in England und an der Verfolgung protestantischer Geistlicher. Gemeinsam mit Kardinal Reginald Pole betrieb er die Rekatholisierung Englands, versuchte aber zugleich, das Leben seines großen Gegenspielers Cranmer zu retten. Während Maria I. etliche Protestanten als Ketzer verbrennen ließ, wurde in Gardiners Diözese Winchester niemand zum Tode verurteilt.

Im Mai 1555 wurde Gardiner ein letztes Mal auf eine diplomatische Mission geschickt. Seine Friedensverhandlungen mit Frankreich in Calais blieben jedoch erfolglos. Zurück in England eröffnete er als Lordkanzler im Oktober des selben Jahres noch einmal das Parlament. Einen Monat später erkrankte er und starb nach kurzer Zeit. Stephen Gardiner wurde in der Kathedrale von Winchester beigesetzt, wo sich bis heute sein Grabmal befindet.

Personendaten
NAME	Gardiner, Stephen
KURZBESCHREIBUNG	englischer Bischof und Staatsmann im Zeitalter der Reformation
GEBURTSDATUM	um 1493
GEBURTSORT	Bury St Edmunds
STERBEDATUM	12. November 1555
STERBEORT	London