Wohnturm
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
Bewohnbare Türme wurden im europäischen Mittelalter zum Schutz vor feindlichen Angriffen erbaut. Anders als unbewohnbare oder nur vorübergehend provisorisch zum Wohnen ausgelegte Wehrtürme waren sie als dauerhafte Wohnstatt angelegt. Im südeuropäischen Raum (Balkan, insbesondere Albanien) waren wohnturmartige Gebäude auch im 19. Jahrhundert noch von fortifikatorischen Wert gegen umherziehende Räuberbanden. Im Arabischen Raum, insbesondere im Yemen, sind wehrhafte Wohntürme auch heute noch in Gebrauch.
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[Bearbeiten] Charakteristika
Da solche Wohntürme aufgrund relativ dicker Mauern schwerer einzunehmen waren als normale Häuser, wurden sie häufig innerhalb von Burgen oder als innerstädtische Adelssitze errichtet. In einigen italienischen Städten wurden Wohntürme auch von normalen Bürgern als sogenannte Geschlechtertürme errichtet; bekanntestes Beispiel hierfür ist San Gimignano und nördlich der Alpen in Regensburg. Die überwiegende Mehrzahl der Wohntürme waren aber allein stehende Anlagen des niederen Adels. Der Übergang zwischen Wohnturm und festen Häusern war fließend. Eine Sonderform bilden nicht bewohnbare steinerne Türme, die einen bewohnbaren Aufsatz - häufig aus Holz - trugen, wie das Töpplerschlösschen.
Bis in die heutige Zeit werden Wohntürme als Kerngebäude einzelner Gehöfte in den ländlichen Regionen des Irans, Afghanistans, Turkmenistans, Tibets und Nordchinas errichtet.
In Deutschland sind noch einige Wohntürme erhalten, die größtenteils unter Denkmalschutz stehen, wie zum Beispiel der Juliusturm der Zitadelle Spandau, der Frankenturm in Trier oder der fast 1000 Jahre alte „Wohnturm I“ der Neuenburg in Sachsen-Anhalt. Der Granusturm in Aachen gilt als das älteste erhaltene Gebäude der Stadt; es wird vermutet, dass der Turm dem Kaiser Karl dem Großen als Wohnung gedient hat. Auch in einer der größten Burganlagen Deutschlands, der Reichsburg Kyffhausen in Thüringen, wurden bei Ausgrabungen Reste eines Wohnturms entdeckt. Ein weiterer Wohnturm existiert auf der Runneburg in Weißensee (Thüringen).
Teilweise wurden die Gebäude unter Beibehaltung der ursprünglichen Gebäudeausmaße inzwischen so weit renoviert, dass sie wieder vollständig genutzt werden können. So beherbergt der Turm Jerusalem in Trier heute das Standesamt, das Trierer Dreikönigenhaus ist wieder ein normales Wohnhaus.
[Bearbeiten] Abgrenzung
Baulich ähnlich ist der Bergfried. Zu bedenken ist, dass insbesondere bewohnbare Bergfriede wie auf Burg Payrsberg oder Burg Neuhaus sehr schwer vom Wohnturm abgrenzbar sind; auch hier ist der Übergang fließend, so dass ein und der selbe Turm in der einen Fachpublikation noch als Wohnturm, in der anderen bereits als bewohnbarer Bergfried geführt wird.
Ein spezieller Wohnturm in einer mittelalterlichen Burg ist der Donjon.
[Bearbeiten] Moderne "Wohntürme"
Auch heute noch werden sehr hohe, bewohnte Hochhäuser als Wohntürme bezeichnet. Den Rekord hierbei hält der über 300 Meter hohe Turm Eureka in Melbourne (Australien), dessen Wohnungen auf 90 Stockwerke verteilt sind. Sehr viele Wohntürme stehen wohl in den Vereinigten Arabischen Emiraten; allein in der Hauptstadt Dubai sollen bis 2007 etwa 80 Wohnhochhäuser errichtet werden. Eine andere Stadt mit zahlreichen Wohnhochhäusern ist New York, vor allem der dicht besiedelte Stadtteil Manhattan.
[Bearbeiten] Bilder
Wohnturm in Temnitztal-Garz |