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Wolfgang Gurlitt

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Wolfgang Gurlitt (* 15. Februar 1888 in Berlin; † 26. März 1965 in München) war ein ursprünglich deutscher Kunsthändler und -sammler, Verleger und Galerist.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Familie und Freundschaften

Er war der Bruder von Manfred und Wilibald Gurlitt und der Sohn des Gründers der Galerie Fritz Gurlitt, die er nach dem Ersten Weltkrieg weiterführte. Gleichzeitig arbeitete er als Verleger. Mit Alfred Kubin und Oskar Kokoschka befreundet, zeigte er als einer der ersten Galeristen Deutschlands Werke von Künstlern wie Lovis Corinth, Henri Matisse oder Max Slevogt. Schon in seinen ersten Geschäftsjahren geriet er allerdings in geschäftliche Schwierigkeiten und musste mehrfach Kredite aufnehmen. 1925 konnte er Schulden in Höhe von 50 000 Dollar nicht zurückzahlen und musste stattdessen die für diesen Kredit eingesetzten Pfandobjekte hergeben; 1932 leistete er den Offenbarungseid. Obwohl bereits zahlreiche Kunden geschädigt worden waren und Gurlitt seine Schulden, insbesondere auch Steuerschulden, nach wie vor nicht abtragen konnte, betätigte er sich aber weiter im Kunsthandel. Der Berliner Landesleiter der Reichskammer der Bildenden Künste, Artur Schmidt, intervenierte mehrfach erfolgreich in Gurlitts Interesse und drückte die Forderungen der Gläubiger, während Gurlitt auf das Konto seiner geschiedenen ersten Ehefrau Julia wirtschaftete. Auch seine teilweise jüdische Abstammung konnte Gurlitt bis 1938 noch vertuschen, während andere Mitglieder seiner Familie bereits emigrieren mussten. 1940 wurde allerdings die Gestapo mit einer Untersuchung seines Falls betraut. Insbesondere seine jüdische Lebensgefährtin und Geschäftspartnerin Lilly Agoston sowie seine früheren Geschäftsbeziehungen erweckten das Misstrauen der Nationalsozialisten.

[Bearbeiten] Die NS-Zeit

Seine Rolle während der Zeit des Dritten Reiches ist schwer festzustellen. Einerseits hatte er mit den o. g. Verdächtigungen und Untersuchungen zu leben, trat aber dennoch für zwei Kollegen, deren Geschäfte zwangsweise geschlossen worden waren, ein, andererseits konnte er sich weiterhin im internationalen Kunsthandel betätigen und war am Verkauf beschlagnahmter Werke der "Entarteten Kunst" ins Ausland sowie an der Beschaffung von Material für das geplante "Führer-Museum" in Linz beteiligt - letzteres allerdings wohl eher peripher. Aus der Beschaffung von Kunstwerken im Auftrag des Propagandaministeriums Joseph Goebbels' zog er nicht unerhebliche Vorteile und es ist anhand diverser Versteigerungen im Dorotheum belegt, dass er auch mit "arisiertem", also zwangsenteignetem jüdischem Besitz handelte.

1939 schlug Gurlitz dem Konservator des Basler Kunstmuseums vor, ihm ein Konvolut erstklassiger Werke aus den von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Beständen zusammenzustellen. Dieser Handel kam jedoch nicht zustande. Stattdessen erwarb er, über seine Lebensgefährtin, mehrere aus Museen beschlagnahmte Kunstwerke für seinen eigenen Besitz, und kassierte für andere Kunstwerke, die er im Auftrag der Obrigkeit ins Ausland verkaufte, erhebliche Prämien.

1940 erwarben Gurlitts Ex- und seine zweite Ehefrau eine Villa in Bad Aussee, in der Gurlitt seine Kunstsammlung unterbrachte. Auch diese Aktion kann zwiefach gedeutet werden. Einerseits handelte es sich dabei eindeutig um Sicherung eines erheblichen Privatbesitzes vor dem drohenden Bombenkrieg etc. (1943 wurden Gurlitz' Berliner Wohn- und Geschäftsräume tatsächlich ausgebombt), andererseits bedeutete diese "Auslagerung" der Gemälde etc. auch einen Schutz vor dem Zugriff der Nationalsozialisten, die "entartete" Kunst zu zerstören drohten.

Das Lentos, die heutige Heimat der Sammlung Gurlitt
Das Lentos, die heutige Heimat der Sammlung Gurlitt

[Bearbeiten] Die Nachkriegszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb Wolfgang Gurlitt in Österreich - möglicherweise, um nicht von seiner Vergangenheit eingeholt zu werden. Bereits 1946 war er an Verhandlungen über eine Galerie moderner Kunst in Linz beteiligt. Ein Großteil der Exponate sollte aus Gurlitts Sammlung stammen, die künstlerische Leitung Gurlitt selbst anvertraut werden. 1947 fand eine provisorische, 1948 die tatsächliche Eröffnung statt.

Gurlitt organisierte aufsehenerregende Ausstellungen; zunächst präsentierte er das Werk Kubins, es folgte eine Kokoschka-Ausstellung; 1952 war unter dem Motto "Nie wieder Krieg!" eine bemerkenswerte Grafikausstellung zu sehen.

Gurlitt selbst profitierte auch in Österreich von seinem geschickten Umgang mit den Machthabern. Schon 1946 wechselte er die Staatsbürgerschaft; er erhielt Reise- und Transportmöglichkeiten sowie raschen Zugriff auf seine zunächst gesperrten Konten etc. 1949 entging er auch einer Auflage des Bundesministeriums für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung, das ihn ohne Interventionen verschiedener maßgeblicher Stellen und Personen öffentlichen Verwaltern unterstellt hätte.

Trotz zahlreicher Zusammenstöße mit den Trägern des Museums war Gurlitt bis zum 31. Januar 1956 Leiter der Neuen Galerie in Linz. Wieder geriet er in diesen Jahren in große finanzielle Schwierigkeiten; dies mag mit dazu beigetragen haben, dass die Sammlung Gurlitt 1953 großenteils in den Besitz der Stadt Linz überging. Allerdings war die Herkunft zahlreicher Kunstwerke nicht nachzuweisen, was die Verhandlungen erschwerte und den Kaufpreis verminderte.

Weitere Unstimmigkeiten - Gurlitt trennte seine Interessen als Leiter der Neuen Galerie und als Kunsthändler nicht sauber genug - führten schließlich dazu, dass er zum Rücktritt bewogen wurde und 1960 auch beschlossen wurde, dass sein Name nicht mehr Bestandteil des Museumsnamens - zu diesem Zeitpunkt noch "Neue Galerie der Stadt Linz, Wolfgang Gurlitt Museum" - sein sollte. Drei Jahre später setzte Gurlitt jedoch auf dem Gerichtswege durch, dass der alte Name wieder eingeführt wurde.

[Bearbeiten] Weblinks

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