Überleitungsvertrag
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Der Überleitungsvertrag (eigentlich: Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen) beseitigte die noch bestehenden Beschränkungen für die deutsche Justiz hinsichtlich der Strafverfolgung nationalsozialistischer Verbrechen.
Er trat mit Beendigung des Besatzungsstatuts in der Bundesrepublik Deutschland am 5. Mai 1955 im Rahmen des Deutschlandvertrags in Kraft.
Artikel 3, Absatz 3 des Vertrages sah vor, dass Täter, die von britischen, französischen oder US-amerikanischen Gerichten verurteilt oder freigesprochen wurden, in Deutschland nicht mehr für die fraglichen Taten vor Gericht gestellt werden konnten, auch wenn der Schuldbeweis später möglich gewesen wäre. Aufgrund der alliierten Begnadigungspraxis und durch Urteile in Abwesenheit der Angeklagten – die durch das Grundgesetz vor einer Auslieferung geschützt waren – kam es deshalb zu Fällen, in denen hohe SS-Offiziere vor Gericht als Zeugen gegen Untergebene auftraten, die dadurch zu langen Haftstrafen verurteilt wurden, während die Befehlsgeber den Gerichtssaal frei verlassen konnten.
Erst das am 30. Januar 1975 ratifizierte Zusatzabkommen zum Überleitungsvertrag ließ eine Wiederaufnahme solcher Verfahren in der Bundesrepublik zu. Dieses Zusatzabkommen war bereits vier Jahre zuvor, am 2. Februar 1971 von Paris und Bonn unterzeichnet worden. Erst nachdem diese Verzögerung zu einem Skandal geführt hatte – Beate Klarsfeld hatte mit einigen Franzosen versucht, den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Kurt Lischka nach Frankreich zu entführen, wo ihn wegen seiner Beteiligung an der Durchführung des Holocaust eine lebenslange Freiheitsstrafe erwartete – verabschiedete der Deutsche Bundestag das Zusatzabkommen. Allerdings kam es nur selten zu einer neuen Anklage, da viele Verbrechen inzwischen verjährt waren oder die Täter inzwischen verhandlungsunfähig oder verstorben waren.
Der Überleitungsvertrag wurde am 28. September 1990 infolge der Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrags außer Kraft gesetzt. Lediglich einige wenige Passagen behalten ihre Gültigkeit.