Überschussbeteiligung
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Überschussbeteiligung findet man normalerweise nur in meist langfristigen Personenversicherungsverträgen, wie Lebens- und Krankenversicherungen. Sie ist konstruktionsbedingt entstanden und daher auch nur aufgrund der besonderen Verhältnisse in solchen Verträgen zu erläutern.
Im Wege der Überschussbeteiligung werden die Versicherungsnehmer insbesondere in der Lebens- und der (privaten) Krankenversicherung am Rohüberschuss des Versicherungsunternehmens beteiligt.
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[Bearbeiten] Hintergrund
Wegen der Notwendigkeit, bis zu lebenslänglich bestehenden Versicherungsschutz auch bei verschlechtertem Gesundheitszustand zu erhalten, werden viele Lebens- und Krankenversicherungen mit sehr langen, teilweise viele Jahrzehnte umfassenden Laufzeiten abgeschlossen. Für diese verspricht das Versicherungsunternehmen ohne Rücksicht auf die gesundheitliche Entwicklung des Versicherten Versicherungsschutz zum bei Abschluss vereinbarten Preis. Bei verschlechterter Gesundheit ist der Versicherte zugleich an dieses Versicherungsunternehmen gebunden, da kein anderes Versicherungsunternehmen ihn mehr zum gleichen Preis aufnehmen würde; bei sehr schlechtem Gesundheitszustand müssten nicht mehr bezahlbare Beiträge erhoben werden („Versicherung eines brennenden Hauses“). Daher erwarten die Versicherungsnehmer, dass sich das Versicherungsunternehmen für die Laufzeit auf gewisse Mindeststandards verpflichtet, insbesondere dass das Preis- / Leistungsverhältnis eines bestimmtes Niveau niemals übersteigt. Dies sind die „garantierten Beiträge“ und „garantierten Leistungen“, an die das Versicherungsunternehmen über die ganze Vertragslaufzeit gebunden ist, gleich wie sich durch Veränderung der Sterblichkeit, der Inflation, der Kapitalmärkte etc. seine eigenen „Produktionskosten“ entwickeln. Da die Entwicklung für 20 oder gar bis zu 80 oder sogar 100 Jahren in keiner Weise absehbar ist, sagen Versicherungsunternehmen solche Garantien nur auf einem sehr niedrigen, nach menschlichem Ermessen immer erreichbaren Niveau zu. Dies ist nicht nur wirtschaftliches Eigeninteresse der Versicherungsunternehmen, sondern auch sozialpolitisch geboten. Denn gesundheitlich beeinträchtigte Versicherte würden im Fall eines Konkurses des Versicherungsunternehmens den in dieser Situation besonders benötigten Versicherungsschutz nicht mehr anderweitig erhalten. Daher gelten Konkurse von Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen als sozialpolitisch inakzeptabel und es wird weltweit eine strenge staatliche Beaufsichtigung dieser Unternehmen durchgeführt. Hiernach dürfen die Versicherungsunternehmen Garantien nur in gewissen Grenzen aussprechen.
Aus dieser Notwendigkeit, im Vergleich zu den tatsächlichen garantierten Leistungen sehr vorsichtig bestimmte Beiträge zu erheben, ergibt sich fast zwangsläufig in den meisten Jahren, bis auf sehr wenige besonders ungünstige, ein durch diese Vorsicht entstehender Überschuss des Versicherungsunternehmens. Da dieser Überschuss weitestgehend nicht durch die unternehmerische Leistung des Versicherungsunternehmens sondern konstruktionsbedingt entsteht, wird er praktisch seit den Anfängen der Lebensversicherung, im wesentlichen aus Wettbewerbsgründen, zu einem gewissen Teil an die Versicherten als Überschussbeteiligung durch die „Beitragsrückerstattung“ zurück erstattet. Dies geschah erstmals im Jahr 1768; schon 6 Jahre nach der Gründung des ersten auf mathematisch/statistischer Basis arbeitenden Lebensversicherers waren so hohe Überschüsse entstanden, dass eine Ausschüttung an die Versicherungsnehmer erforderlich wurde.
Da dieser Überschuss durch die staatlichen Vorschriften zur vorsichtigen Gewährung von Garantien mit verursacht ist, sehen viele Staaten zugleich Regelungen zur Überschussbeteiligung vor. Deutschland gehört zu den Staaten mit den strengsten diesbezüglichen Regelungen. Das BVerfG hat im Jahr 2005 zusätzlich noch dem Gesetzgeber aufgegeben, die wenigen bislang noch nicht geregelte Bereiche bis Ende 2007 gesetzlich zu regeln. In vielen Staaten ist die Rückerstattung von Überschüssen mehr oder weniger ungeregelt und damit weitgehend oder sogar vollständig im Gutdünken der Versicherungsunternehmen, die diese dann nach Wettbewerbsgesichtspunkten vornehmen. In Österreich und der Schweiz haben die Aufsichtsbehörden zwar Eingriffsrechte, doch sind die rechtlichen Pflichten der Versicherungsunternehmen wenig konkretisiert. Man verlässt sich hier, wie in den meisten Staaten, auf den Wettbewerb der Versicherungsunternehmen und die Mündigkeit der Verbraucher.
[Bearbeiten] Gesetzliche Regelungen
Die §§ 81c (Lebensversicherung) und 81d (Krankenversicherung) des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) verlangen eine angemessene Beteiligung der Versicherungsnehmer, soweit der Vertrag einen Anspruch auf Überschussbeteiligung überhaupt vorsieht, am Überschuss des Versicherungsunternehmens. Die aufgrund dieser Paragraphen erlassenen Verordnungen präzisieren dieses Erfordernis. Werden die Versicherten nicht angemessen am Überschuss beteiligt, so liegt ein Missstand vor, und die Versicherungsaufsicht kann demnach schon bei einfacher Unangemessenheit entsprechende Maßnahmen vornehmen. Sonst kann die Aufsichtsbehörde erst unter wesentlichen strengeren Voraussetzungen nach § 81 VAG tätig werden. Diese Vorschriften gelten nur für Versicherungsunternehmen mit Sitz in Deutschland. Die aufgrund des freien Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen von Versicherungsunternehmen mit Sitz in anderen EU-Staaten in Deutschland angebotenen Verträge unterliegen den Vorschriften des Sitzlandes, soweit solche zur Überschussbeteiligung erlassen wurden. Die EU hat keinerlei diesbezügliche Schutzvorschriften vorgesehen, da der freie Binnenmarkt nur auf der Basis mündiger Verbraucher funktionieren kann. Deutschland darf diese Vorschriften nur für Versicherungsunternehmen mit Sitz in Deutschland vorsehen (die in der EU zulässige „Inländerdiskriminierung“).
[Bearbeiten] Lebensversicherung
Aufgrund § 81 c VAG wurde die Verordnung über die Mindestbeitragsrückerstattung in der Lebensversicherung (ZRQuotenV) erlassen. Hiernach ist der Überschuss des Versicherungsunternehmens, wie er sich nach den handelsrechtlichen Vorschriften ergibt, in die verschiedenen Ergebnisquellen (Zins, Risiko, Kosten und sonstiges) aufzuteilen. An jeder positiven Ergebnisquelle sind die Versicherungsnehmer angemessen zu beteiligen. Damit ist Deutschland einer der wenigen Staaten, in denen eine so genannte Querverrechnung zwischen Ergebnisquellen, z.B. zwischen Kostenverlusten und Zinsüberschüssen, effektiv unmöglich ist. Defizite in einzelnen Ergebnisquellen muss das Versicherungsunternehmen aus seinem Anteil der anderen Ergebnisquellen ausgleichen; sie gehen also nicht zu Lasten der Versicherungsnehmer.
Neben diesem Verbot der Querverrechnung und der Anforderung einer angemessenen Beteiligung an jeder Ergebnisquelle, sieht § 81 c VAG konkretisiert durch die ZRQuotenV auch noch eine formelmäßige Untergrenze für eine angemessene Überschussbeteiligung vor. Hiernach muss die Überschussbeteiligung insgesamt so hoch sein, dass sie zusammen mit den vertraglich den Versicherungsnehmern gut gebrachten Zinsen mindestens 90% der anteilig auf die Passiva der Versicherungsnehmer entfallenden gesamten Kapitalerträge des Versicherungsunternehmens (auch von Kapitalerträgen, die nicht mit Beiträgen sondern mit dem Kapital des Versicherungsunternehmens erworben wurden) entspricht.
Für vor 1994, dem Jahr der Deregulierung des europäischen Versicherungsmarktes, abgeschlossene Verträge sind weiterhin die bisherigen Gesamtgeschäftspläne für die Überschussbeteiligung maßgeblich. Gemäß der ZRQuotenV bemisst sich die Mindestüberschussbeteiligung teilweise am Marktdurchschnitt der Versicherungsunternehmen in Deutschland, teilweise am tatsächlichen Risikoergebnis des Versicherungsunternehmens.
[Bearbeiten] Krankenversicherung
Auch hier muss der Versichterte angemessen am Kapital-, Risiko- und Kostenergebnis beteiligt werden.
Aus dem Kapitalergebnis wird zunächst die Verzinsung der tariflichen Alterungsrückstellung bezahlt. Der restliche Betrag geht in das Überzinsergebnis ein. Circa 90 % hiervon werden verwendet um die angesammelten Beitragszuschläge mit dem tatsächlich erwirtschafteten Zins zu verzinsen. Der überbleibende Betrag wird aufgeteilt: in die Alterungsrückstellung werden 2005 60% eingeführt, in die erfolgsunabhängige Rückstellung für Beitragsrückerstattung 40 %. In den folgenden Jahren ändern sich die prozentualen Anteile, der RfB-Anteil sinkt pro Jahr um 2%, der Alterungsrückstellung-Anteil steigt um 2%. Das Risiko- und das Kostenergebnis werden mit den restlichen 10% des Überzinsergebnis zusammengefasst. Hiervon gehen 80 % in die erfolgsabhängige Rückstellung für Beitragsrückerstattung, der Rest wird als Jahresüberschuss ausgewiesen.
[Bearbeiten] Direktgutschrift und RfB
Aus Sicht des Versicherungsunternehmens können die Mittel zur Überschussbeteiligung
- zulasten des Geschäftsjahres ausgeschüttet werden (Direktgutschrift).
- über die Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) geführt werden. Die den Versicherten zugeteilten Überschussanteile werden der RfB entnommen, wurden also bereits in der Vergangenheit erwirtschaftet. Ebenso werden aus dem Rohüberschuss des Geschäftsjahres Beträge der RfB zugeführt, die für die Ausschüttung in künftigen Jahren zur Verfügung stehen. Damit sind die Zuweisung an die Versicherten und die Aufwendungen des Unternehmens zeitlich entkoppelt.
[Bearbeiten] Überschussdeklaration
In der Lebensversicherung beschließt der Vorstand auf Vorschlag des Verantwortlichen Aktuars die Höhe der Überschussanteilssätze i. d. R. für das folgende Jahr.
Hier werden für die einzelnen die Tarife die Überschusssätze in Relation zu den jeweiligen Bemessungsgrundlagen festgelegt. Die jeweiligen Bemessungsgrundlagen sind für den Altbestand im Geschäftsplan festgelegt. Im Neubestand sind sie in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen festzulegen.
- Beispiel einer Überschussdeklaration für eine Kapitalversicherung (es können sowohl die Bezugsgrößen wie auch die Sätze abweichen):
- 1,5% des Deckungskapitals (wobei für den jeweiligen Tarif festgelegt ist, welches Deckungskapital genommen wird, z.B. das zum Jahrestag vor der Zuweisung)
- 20% des Risikobeitrags
- 2% des Beitrags und
- 0,1% der Versicherungssumme
Daraus errechnet sich für jeden Versicherungsvertrag ein bestimmter Betrag, der ihm zum folgenden Jahrestag zugeteilt wird. Über den gesamten Versicherungsbestand ergeben sich dann Beträge, die
- soweit sie im Wege der Direktgutschrift erbracht werden, im Folgejahr erwirtschaftet werden müssen
- soweit sie der RfB entnommen werden, in der RfB gebunden werden (und innerhalb der RfB vorhanden sein müssen).
Die festgelegten Überschusssätze sind im Anhang des Jahresabschlusses anzugeben.
[Bearbeiten] Überschussverwendung
[Bearbeiten] Lebensversicherung
In der Lebensversicherung gibt es sowohl Schlussüberschüsse, die erst bei Vertragsende (oder bei Rentenversicherungen am Ende der Aufschubzeit) fällig werden, als auch laufende Überschussanteile, die den Versicherten i. d. R. jährlich zugeteilt werden.
Die wichtigsten Formen der laufenden Überschussbeteiligung in der Lebensversicherung sind:
- Erhöhung der garantierten Leistungen (Bonussystem)
- verzinsliche Ansammlung der Überschussanteile
- Verrechnung mit Beiträgen
- "gleich bleibender" Rentenzuschlag (bei laufenden Rentenversicherungen)
Daneben gibt es Mischformen (z. B. aus Rentenzuschlag und Bonus) sowie seltenere Formen der Überschussverwendung, wie Barausschüttung oder Verkürzung der Vertragslaufzeit.
[Bearbeiten] Schlussüberschüsse
Schlussüberschüsse werden erst bei Ablauf bzw. Ende der Aufschubzeit fällig. Während der Vertragslaufzeit werden sie ratierlich verdient, sind jedoch meist nicht garantiert. Bei Vertragsbeendigung durch Tod oder Rückkauf werden meist gekürzte Zahlungen fällig.
Die Schlussüberschüsse werden über die Vertragslaufzeit in einer Teil-Rückstellung der Rückstellung für Beitragsrückerstattung (Schlussüberschussanteilfonds) anfinanziert.
Eine Sonderform des Schlussüberschusses bildet der Todesfallbonus: Hier wird im Todesfall neben der Versicherungssumme eine zusätzliche Zahlung geleistet.
[Bearbeiten] Bonussystem
Beim Bonussystem wird die garantierte Versicherungsleistung erhöht. Meist hat die zusätzliche Leistung das gleiche Leistungsspektrum wie die Grundversicherung.
Dabei wird die Deckungsrückstellung um den Barwert der zusätzlichen beitragsfreien Versicherungsleistung erhöht. Technisch erfolgt diese Erhöhung durch einen Einmalbeitrag, der allerdings nicht vom Versicherungsnehmer zu zahlen ist, sondern der, sofern er nicht unmittelbar zu Lasten des Jahresergebnisses geht (Direktgutschrift), der RfB entnommen wird.
[Bearbeiten] Verzinsliche Ansammlung
Die Überschüsse werden den Versicherten auf ein besonderes Konto gutgeschrieben, das selbst jährlich mit dem Ansammlungszins verzinst wird. Die verzinslich angesammelten Überschussanteile werden im Passivposten Verbindlichkeiten aus dem selbst abgeschlossenen Versicherungsgeschäft gegenüber Versicherungsnehmern bilanziert.
Im Vergleich zum Bonussystem führt die verzinsliche Ansammlung zu einer höheren Zahlung bei Vertragsablauf, während beim Bonussystem höhere Todesfallleistungen fällig werden.
[Bearbeiten] Beitragsverrechnung
Hier wird die Überschusszuteilung mit der Beitragszahlung verrechnet, das heißt der Beitragszahler zahlt nur einen Teil des fälligen Beitrags, der Restbetrag wird aus der Überschussbeteiligung erbracht.
[Bearbeiten] Rentenzuschlag
Während das Bonussysstem bei einer Rentenversicherung im Rentenbezug dazu führt, dass die Rentenhöhe jährlich steigt, werden diese steigenden Rentenhöhen in einen äquivalenten (d.h. barwertgleichen) Betrag einer konstanten Rentenerhöhung umgerechnet.
Damit werden hier ab Beginn höhere Renten gezahlt. Später kehrt sich das jedoch wieder um. Da beim Bonussystem die Rentenerhöhung für die gesamte Laufzeit garantiert ist, wird die Deckungsrückstellung um den Barwert der Bonusrente erhöht. Beim Rentenzuschlag sind die Erhöhungsrenten nur für ein Jahr garantiert. Obgleich zu Beginn beim Rentenzuschlag eine höhere Zahlung fällig wird, ist anfangs der Aufwand beim Bonussystem höher. Der Differenzbetrag ist innerhalb der RfB zu binden.
Problematisch ist diese Form der Überschussverwendung, wenn die Überschusssätze gesenkt werden müssen. Während es dann beim Bonussystem zu einer geringeren Rentenerhöhung kommt, wird beim Rentenzuschlag der Auszahlungsbetrag gegenüber dem Vorjahr gekürzt.
[Bearbeiten] Krankenversicherung
Die wichtigsten Formen der Überschussverwendung in der Krankenversicherung sind:
- Milderung von Beitragsanpassungen
- Beitragsermäßigung im Alter
- bare Beitragsrückerstattung bei Leistungsfreiheit
[Bearbeiten] Milderung von Beitragsanpassungen
Krankenversicherungen haben mindestens jährlich ihre Beiträge zu überprüfen und ggf. anzupassen. In der Regel führen die Beitragsanpassungen zu einer Erhöhung des Beitrags. Durch Einsatz von Mitteln aus der Überschussbeteiligung kann diese Anpassung limitiert werden. Dabei wird die Alterungsrückstellung um den Betrag erhöht, der benötigt wird, den Teil der Beitragserhöhung, der nicht an die Versicherten weiter gegeben wird, auf Dauer zu finanzieren.
[Bearbeiten] Beitragsermäßigung im Alter
[Bearbeiten] bare Beitragsrückerstattung
Hier werden den Versicherten, die im Vorjahr keine Versicherungsleistung in Anspruch genommen haben, Teile des Beitrags, z.B. drei Monatsbeiträge, zurück erstattet (z.B. als Überweisung oder Verrechnung). Damit versucht das Versicherungsunternehmen auch, die Regulierungskosten zu vermindern, indem Bagatellzahlungen vermieden werden. Denn erst wenn die Versicherungsleistungen höher sind als die Beitragsrückerstattung, lohnt es sich für den Versicherungsnehmer, die gesammelten Rechnungen einzureichen.
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