Awwakum
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Awwakum Petrow (russisch Аввакум; * 20. November 1620 oder 1621 in Grigorovo, südöstlich von Nischni Nowgorod; † 14. April 1682 in Pustosersk an der Petschora, Kreis Archangelsk) war Protopope und Begründer der Altgläubigen (Raskolniki), sowie ein bedeutender Vertreter der altrussischen Literatur.
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[Bearbeiten] Leben
Awwakum war der Sohn eines Dorfgeistlichen. Er wurde streng religiös erzogen und hatte schon früh einen Hang zum Asketentum. 1640 heiratete er, 1642 wurde er zum Diakon geweiht, 1644 Geistlicher in Lopatitschi. Hier führte Awwakum eine sehr strenge Form der orthodoxen Gottesverehrung ein, die ihn bei der Bevölkerung verhasst machte: z. B. vor und während der Vesperfeier 300 Verbeugungen bis auf den Boden, 600 Jesusgebete und 100 Gebete zur Gottesmutter, oder eine Form des Gottesdienstes, der sieben Stunden anstatt sonst vier Stunden dauerte. Außerdem vertrieb er Gaukler und Bärentreiber aus dem Dorf.
1646 wurde er deshalb vertrieben und ging mit seiner Familie nach Moskau, wo er durch Vermittlung des Beichtvaters des Zaren eine kaiserliche Urkunde erhielt und wieder in sein Dorf zurückkehrte. Doch schon 1648 wurde er von den Bewohnern erneut vertrieben, so dass er bis 1652 in Moskau bieb. Awwakum wurde Protopope im Städtchen Jurjewets-Powolski, nach einer erneuten Flucht nach acht Monaten ging er nach Moskau an die Kathedrale der Muttergottesikone von Kasan nahe dem Roten Platz. Als 1652 Nikon Patriarch und Oberhaupt der russischen Kirche wurde, kam es alsbald zum Konflikt und zur Auseinandersetzung zwischen diesem und Awwakum. Patriarch Nikon führte einige Reformen im Bereich der Liturgie ein, die zum Ziele hatten, eine vereinheitlichte Praxis mit den übrigen orthodoxen Kirchen des Auslandes herzustellen. Awwakum betrachtete diese Veränderungen jedoch als Häresien und bekämpfte die Reform mit allen Mitteln. Vor allem das Kreuzeszeichen mit drei Fingern empfand Awwakum als dogmatischen Rückschritt und hielt mit aller Macht am Kreuzzeichen mit zwei oder fünf Fingern fest, wie es bisher geübt worden war. Er musste mit seiner Familie Moskau verlassen.
Als er weiterhin unnachgiebig gegen Nikon auftrat und auch der Zar Alexei I. Michailowitsch selbst Awwakum nicht mäßigen konnte, wurde er nach Sibirien verbannt, wo er über Tobolsk und Jenisseisk bis nach Nertschinsk ziehen musste (1653–1664). 1664 kehrt Awwakum nach Moskau zurück und wird im selben Jahr nach Mesen verbannt. Die große Landessynode der russischen Kirche verhängte 1666/67 über Awwakum und seine Anhänger den Kirchenbann. Immer weiter unnachgiebig gelangte er schließlich in die Verbannung in den äußersten Norden Russlands, nach Pustosersk an der Eismeerküste. Hier verfasste er 1672/73 seine Lebensbeschreibung. Schließlich wurde Awwakum 1682 auf dem Scheiterhaufen verbrannt und starb als Märtyrer für seinen Glauben.
[Bearbeiten] Werk
Abgesehen von seiner religiösen Bedeutung spielt Awwakum eine wichtige Rolle als Schriftsteller für die altrussische Literatur. In der Verbannung an der Eismeerküste, eingesperrt in eine Hütte, verfasste er auf Anregung seines Beichtvaters 1672/73 seine Autobiographie Das Leben des Protopopen Awwakum, von ihm selbst niedergeschrieben. Es handelt sich um die erste russische Autobiographie überhaupt, für die Awwakum lediglich Heiligenlegenden als Vorbild zur Verfügung standen. Die Sprache seines Berichtes ist Kirchenslawisch mit volkssprachlichen Elementen. Awwakum schildert in einer kunstlosen, realistischen Sprache seinen Leidensweg und seinen Kampf um den wahren Glauben. Darin finden sich jedoch auch ausgesprochen humorvolle Schilderungen, wie die Schilderung einer schwarzen Henne, deren Eier die Familie mit Nahrung in Sibirien versorgten und zu den schönsten Tierschilderungen der Literatur überhaupt zählen. Nach allgemeiner Einschätzung wird die Lebensgeschichte des Protopopen Awwakum als literarisches Kunstwerk von höchstem Rang gesehen, das bis ins 19. Jh. Einfluss auf die russische Literatur ausübte. Lange Zeit nur handschriftlich verbreitet, fand der erste Druck erst im Jahre 1861 statt, da bis dahin der Einfluss der orthodoxen Kirche noch zu groß war - schließlich galt Awwakum als Ketzer. Im 20. Jh. wurde das Werk in mehrere europäische Sprachen übersetzt, darunter 1930 in die deutsche Sprache. Awwakum verfasste auch Briefe an den Zaren und seine Anhänger, die ebenfalls ein wichtiges Zeugnis für die Literatur des alten Russland sind. In den 1670er Jahren entstand das Buch der Auslegungen (Kniga tolkowanij).
[Bearbeiten] Nachleben
Awwakum hatte in religiöser Hinsicht große Bedeutung in Russland, da er durch seine starre Haltung gegenüber den Reformen des Patriarchen Nikon eine große Anhängerschar hinter sich versammelte. Auch nach Awwakums Tod lebte diese exkommunizierte Gruppe weiter. Sie sahen sich als Altgläubige, also als Gläubige die nach dem alten Glauben, wie er vor der Reform Nikons praktiziert wurde, handelten. In ihrer Eigendefinition sahen sie sich als die eigentlichen wahren Orhodoxen, während die russische Staatskirche sie als Ketzer betrachtete. Die Altgläubigen bildeten zahlreiche Gemeinden, oft in weit entlegenen Gebieten Russlands, wo sie bis heute alle Repressionen überstanden. Für sie gilt der Protopope Awwakum als Heiliger, er wird auf Ikonen mit Heiligenschein dargestellt. 1971 hob die Russisch-Orthodoxe Kirche den Bannfluch gegen die Altritualisten wieder auf. Heute gibt es Altgläubige in Russland, Weißrussland, Lettland, Litauen, Estland, Polen, Rumänien und den Vereinigten Staaten.
[Bearbeiten] Literatur
- Peter Hauptmann: Altrussischer Glaube. Der Kampf des Protopopen Avvakum gegen die Kirchenreformen des 17. Jahrhunderts. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1963
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Awwakum im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Text auf der russischen Webseite liber (Russisch)
- Russischer Text der Autobiographie Awwakums (.pdf)
- Russischer Text der Briefe Awwakums (.pdf)
- Ausschnitte der Autobiographie in englischer Sprache
Personendaten | |
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NAME | Awwakum |
KURZBESCHREIBUNG | war Protopope und Begründer der Altgläubigen (Raskolniki), sowie ein bedeutender Vertreter der altrussischen Literatur |
GEBURTSDATUM | 20. November 1620 |
GEBURTSORT | Grigorovo, südöstlich von Nischni Nowgorod |
STERBEDATUM | 14. April 1682 |
STERBEORT | Pustosersk an der Petschora, Kreis Archangelsk |