Bernhard Claußen
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Prof. Dr. Bernhard Claußen (* 1948) ist Diplompädagoge und Politikwissenschaftler und lehrt an der Universität Hamburg am Institut für Didaktik der Politik.
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[Bearbeiten] Zur Person
Des Weiteren ist er freier Mitarbeiter verschiedener Trägereinrichtungen zur sozialwissenschaftlichen Weiterbildung und zur politischen Jugend- und Erwachsenenbildung, außerdem arbeitet er im ETHICA mit (eine interdisziplinäre Quartalschrift für Verantwortung in Wissenschaft, Forschung, Lehre und Verhalten), ist Mitglied im Bund Deutscher SoziologInnen und in der Gesellschaft Politiklehrender. Seine Arbeitsschwerpunkte sind fachliche und didaktisch-methodische Grundlagen der Politischen Bildung, Theorie und Praxis der politischen Sozialisation, sowie Problemfelder einer demokratischen Politischen Kultur, Politologie der Pädagogik und politische Dimensionen kritisch-emanzipatorischer Gesellschaftstheorie.
Bernhard Claußen ist Herausgeber/ Schriftleiter der Sozialwissenschaftlichen Umschau der Studiengesellschaft für Sozialwissenschaft und Politische Bildung.
[Bearbeiten] Arbeitsschwerpunkte
[Bearbeiten] Politische Bildung
[Bearbeiten] Inhalt
Der Sinn der Politischen Bildung ist es, dem Menschen politische Sachverhalte näher zubringen. Durch Bewusstseinserweiterung sollen ihm die Merkmale und Chancen von (politischen) Veränderungen verdeutlicht werden, mit dem Ziel, ihm mehr Kompetenz in der Bewertung und Handhabung von politisch relevanten Situationen zu verschaffen, primär in der demokratischen Regelung öffentlicher Angelegenheiten. Untersuchungsgegenstände sind Schlüsselprobleme, die direkt auf das menschliche Leben einwirken und auch das Individuum sowie seine Persönlichkeit beeinflussen. Diese Probleme sollen in Diskussionsgruppen (Schulunterricht, Abendkurse, etc.), die der breiten Masse zugänglich sind (anders als die Politikwissenschaft), erörtert und untersucht werden Anhand dieser Problemuntersuchungen werden Ausprägung und Funktionsweise von Institutionen, Regelwerken, Verfahren und Inhalten diskutiert. In diesem Kontext wird Partizipation auf intellektueller, emotionaler und operativer Ebene erreicht.
[Bearbeiten] Position
Claußen beschäftigt sich vorrangig mit den in seinen Augen vernachlässigten Themen der politischen Bildung, die im Kontext zu einem Diskussionsdefizit in der deutschen Demokratie stehen. Er betont dabei die Relevanz der Politischen Bildung in Hinsicht auf die Deutsche Wiedervereinigung. Laut Claußen ist der Wiedervereinigungsprozess noch längst nicht abgeschlossen, im Gegenteil, er bedürfe wieder viel mehr Aufmerksamkeit und einer genaueren, detaillierten Darstellung in der sowohl Öffentlichkeit als auch in der Fachwelt. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass unerkannte, da unbehandelte Faktoren die Vereinigung in negativer Art und Weise beeinträchtigten. Als vernachlässigte Faktoren nennt er die wirtschaftliche und gesellschaftliche Vereinheitlichung, gestaute und geballte Gefühle sowie verzerrte Wahrnehmungen seitens der Ostdeutschen und Westdeutschen. Ausschlaggebend jedoch sei die Einheit des Volkes, und deswegen muss dieses aktiv eingebunden werden, sie muss angesichts dieser spannungsgeladenen Herausforderung partizipieren. Ein anderer Schwerpunkt Claußens betrifft den Umweltsektor. Claußen sieht den Gentechnologie-Diskurs als vernachlässigt an. Während am Anfang der 90er Jahre noch erörtert wurde, welche Risiken und welche Vorteile die Gentechnik berge, sei schon drei Jahre später die Diskussion erloschen aufgrund von wirtschaftlichen Interessen (Standortsicherung und Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb). Da auch eine eindeutige Abneigung der Bevölkerung gegen die Gentechnologie ignoriert wurde, sieht Claußen hierbei nicht nur die Vernachlässigung der Diskussion als Gefahr, sondern auch den Sinn einer solchen Diskussion an sich gefährdet, wenn dabei ihre Bedenken ganz und gar überhört werden.
[Bearbeiten] Politische Sozialisation
[Bearbeiten] Inhalt
Die Politische Sozialisation beschreibt einen lebenslangen, individuell unterschiedlich verlaufenden und sehr komplexen Prozess, der, geprägt von psychischen und umweltbedingten Faktoren, die Entstehung und Veränderung von politischen Dimensionen im menschlichen Individuum beinhaltet. Jede Wechselwirkung zwischen Individuen und ihrer politischen Umgebung bzw. der sozialen, kulturellen, ökonomischen und zivilisatorischen Umgebung, beeinflussen die geistige, emotionale und operative Gesinnung dieser Individuen. Unter welchen Bedingungen und mit welchen Ausprägungen diese entweder selbstständige oder gemeinschaftliche Entwicklung verläuft, ist eine der zentralen Fragestellungen des Faches. In den 60er Jahren etablierte sich die Fachrichtung der Politischen Sozialisation an den amerikanischen Hochschulen, zunehmend dann auch an deutschen Hochschulen. Seitdem findet sie ihre Anwendung nicht nur in der Politischen Bildung, sondern auch in der Praxis der Politik. Gerade in Zeiten von politischen Systemveränderungen (Zusammenbrüche, Umbrüche, Entstehung von nichtstaatlichen und internationalen Kollektiven) sind grundlegende Erkenntnisse und Gegenstände der Politischen Sozialisation eine Hilfestellung zur Bewältigung solcher Neustrukturierungen (z.B. müssen anhand von Erkenntnissen über und Wirkungen von Sozialisationsfaktoren neue Möglichkeiten und Instanzen in Ländern mit ehemals unterdrückter Bevölkerung geschaffen werden, die z.B. der politischen Bildung verpflichtet sind). Die Gestaltung, Beschaffenheit und Ausrichtung solcher Einrichtungen ist teil der praktischen Sozialisation.
[Bearbeiten] Position
Laut Claußen ist die gesellschaftliche Praxis und die wissenschaftliche Theoriebildung über politische Sozialisation sehr problemgeladen. Bei der Theorie stehe man vor dem Problem, dass durch die lose Verknüpfung zu etablierten Wissenschaften die Politische Sozialisation als Querschnittsaufgabe nur wenig direkte Erwähnung fände und wenn überhaupt, meist überlagert werde von dem Bezug des Gegenstandes zu dem eigentlichen Ausgangsproblem. Des Weiteren herrsche in der Allgemeinheit eine negative Begrifflichkeit durch Assoziation mit unkonventionellem, unerwünschtem politischem Denken, bzw. verschiedenen Verständnissen von Politisierung (Politisierung als vermehrte Intervention des Staates, Politisierung als geheime erzieherische Maßnahme der staatlichen Institutionen, etc.). Letztendlich fehle eine vollkommene Identifikation ihrer selbst (der politischen Sozialisation) als Instrument der Politikvermittlung mit dem Bewusstsein der Reichweite und Konsequenzen ihrer Einflussnahme. Die Praxis stehe vor dem Problem der verschiedenen Zuständigkeitsbereiche bzw. Sozialisationsfaktoren und deren Ausgestaltung. Claußen spricht sich dafür aus, einen weiten Instanzenbegriff zu verwenden, der die einzelnen Sozialisationsfaktoren in verschiedene Klassen typologisiert. Als da wären:
- Zentrale Instanzen mit Primär- und Verstärkungseffekt zur Grundlegung der Politisierung. Hierzu zählen grundlegende Lebensräume, die jedem Individuum zugänglich sind bzw. waren: Familie, Schule, Cliquen bzw. Freundschaften, Arbeitsplatz, Zugang bzw. Beeinflussung von Massenmedien, usw.
- Instanzen mit pädagogischer Relevanz als direkte oder indirekte Ergänzung der politischen Sozialisation. Hierzu zählen Einrichtungen, deren Absolvierung/Besuch keinesfalls Voraussetzung oder Pflicht ist: Jugendfreizeitaktionen (Sportvereine, etc.), außerschulische Stätten wie Volkshochschulen, Hochschulen, staatliche Einrichtungen zur Ableistung von Wehr- oder Zivildienst oder auch Strafvollzug oder Krankenhäuser, usw.
- Instanzen der Sozialisationsstandards (Hierzu zählen alle kurz- oder langfristigen Lebensumstände, die die Existenz sichern oder bedrohen, mit extremen Einfluss auf die zentralen und pädagogisch relevanten Instanzen:
- - die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die eigene wirtschaftliche Lage
- - der daraus resultierende Lebensstil inklusive Zugang zu diversen Einrichtungen, Geldausgabemöglichkeiten, etc.
- -religiöse oder kulturelle Prinzipien
- Meistens sind dies Faktoren, die allgegenwärtig sind, jedoch nicht als so wahrgenommen werden, auch die Auswirkungen machen sich eher indirekt bemerkbar.
- Elemente des politischen Systems, die die anderen Instanzen umfassen und direkte Auswirkungen auf die politische Sozialisation haben. Hierzu zählen staatliche Institutionen (die z.B. die Rahmenbedingungen für alle oben genannten Instanzen festlegen)und Bürgerbewegungen (z.B. Massendemonstrationen, die den Handlungsspielraum der Politiker einengen), sowie Ordnungsprinzipien wie beispielsweise der Parlamentarismus. Wichtig ist, dass diese Instanzen Realität sind, d.h. sie sind nicht nur Thema, sondern direkt erfahrbar, außerdem sind immer nur kleine elitäre Gruppen an ihr beteiligt.
Diese Instanzen wirken auf verschiedene Weise, in verschiedener Stärke und zu verschiedenen Zeiten auf verschiedene Menschen ein, und dirigieren somit die politische Sozialisation
[Bearbeiten] Bibliographie
- Vorschule, Emanzipation und politisch-soziale Erziehung, von Bernhard Claußen, (1973)
- Theoretische Grundlegung sowie ansatzweise Entwicklung und Evaluation einer emanzipatorischen Lerneinheit als Baustein zur Förderung alternativer Geschlechtsrollenerwartungen. …im Bereich des politisch sozialen Lernens, von Bernhard Claußen, Pätzoldt, Björn, Dr. (1975)
- Materialien zur politischen Sozialisation. Von Bernhard Claußen (Hrsg.), Uni-TB. GmbH, Stuttgart (1976)
- Zur Theorie der politischen Erziehung im Elementar- und Primarbereich. Eine
Analyse neuerer Konzeptionen. Von Bernhard Claußen (1977)
- Sozialerziehung und politisches Lernen im Elementarbereich. Anregungen und
Erfahrungen aus einem Modellversuch, von Bernhard Claußen, Haag u. H., Frankfurt/Main (1978)
- Aspekte politischer Pädagogik. Beiträge zu Wissenschaftstheorie, Fachdidaktik und
Praxisbezug, von Bernhard Claußen (1979)
- Konzepte einer Kritischen Erziehungswissenschaft. Einführende Texte. Von Bernhard Claußen, Horst. Scarbath E. Reinhardt, München (1979)
- Politische Sozialisation in Theorie und Praxis. Beiträge zu einem demokratienotwendigen Lernfeld. Von Bernhard Claußen (Herausgeber) E. Reinhardt, München (1980)
- Methodik der politischen Bildung. Von Bernhard Claußen, VS Verlag für Sozialwissenschaften (1981)
- Kritische Politikdidaktik. Von Bernhard Claußen, VS Verlag für Sozialwissenschaften (1981)
- Politisches Lernen durch visuelle Kommunikation. Texte zur Grundlegung, Konkretisierung und Kritik. Von Bernhard Claußen (Hrsg.), Ravensburger Buchvlg.(1982)
- Handbuch der politischen Sozialisation, von Bernhard Claußen (Herausgeber),
Klaus Wasmund (Herausgeber), Hahner Verlagsgesellschaft mbH (1982)
- Sexualerziehung kontrovers. Analysen, Perspektiven, Hilfen von Bernhard Claußen,
u. a. Bonz, Fellbach-Offing (1982)
- Didaktische Konzeptionen zum sozialen Lernen Übersicht und Vorüberlegung zur Integration, von Bernhard Claußen, Ehrenwirt, München (1984)
- Politische Bildung und Kritische Theorie. Von Bernhard Claußen, Leske u. B., Vlg., L. (1985)
- Familiencircusse – Kulturarbeit ohne Netz und doppelten Boden? Von Bernhard Claußen (Herausgeber), Karl Ermert (Herausgeber), Evangelische Akademie Loccum (1986)
- Didaktik und Sozialwissenschaften. Beiträge zur Politischen Bildung, von Bernhard Claußen, Hahner V.-G. (1987)
- Political Socialization of the Young in East and West, von Bernhard Claußen, Horst
Mueller (Herausgeber),(1990)
- Entwicklung der Demokratie und Politische Erwachsenenbildung. Für Joachim
Oertel zum 65. Geburtstag, von Bernhard Claußen, u. a. (1991)
- "Politik" im Lehramtsstudium. Demokratieorientierte und bildungswissenschaftliche
Überlegungen - unter Berücksichtigung des Vereinigungsprozesses in Deutschland, von Bernhard Claußen, (1993)
- Bewältigungen von Bernhard Claußen, Birgit Wellie, Krämer, Hamburg (1995)
- Grundzüge der Politikwissenschaft, von Bernhard Claußen, u.a. Oldenbourg, München (1995)
- Entwicklung und Erprobung eines informellen Tests für den Politikunterricht in
einer achten Hauptschulklasse. Von Bernhard Claußen, Haag u. H., Frankfurt/Main (1988)
- Politische Bildung und Frauenemanzipation von Bernhard Claußen, Sighart Leifert, Haag u. H., Frankfurt/Main (1998)
- Politische Persönlichkeit und politische Repräsentation, von Bernhard Claußen, Haag u. H., Frankfurt/Main (1998)
- Umweltpädagogische Diskurse. von Bernhard Claußen, Birgit Wellie, Haag u. H., Frankfurt/Main (2000)
- Texte zur politischen Bildung I. Von Bernhard Claußen (Herausgeber), Haag u. H., Frankfurt/Main (2002)
- Texte zur politischen Bildung II. Von Bernhard Claußen (Herausgeber), Haag u. H., Frankfurt/Main (2002)
- Texte zur politischen Bildung III. Von Bernhard Claußen (Herausgeber), Haag u. H., Frankfurt/Main (2002)
- Politische Bildung, von Bernhard Claußen, Primus Verlag (2001)
- Die Politisierung des Menschen von Bernhard Claußen, Rainer Geißler (2001)
- Krise der Politik - Politische Bildung in der Krise. Diskurse im Kontext von
Globalisierung und Ost-West-Perspektiven, von Bernhard Claußen, u. a. Galda, Michael u. Astrid Wilch (2001)
- Politik - Bildung - Gesellschaft. Studien zur exemplarischen Verhältnisbestimmung
in sozialgeschichtlicher und zeitdiagnostischer Perspektive. Für Wolfgang Lobeda zum 70. Geburtstag, von Bernhard Claußen (Herausgeber), Susann Zschieschang (Herausgeber), Galda, Michael und Astrid Wilch (2002)
- Familie als Politikum. Sozialwissenschaftliche Skizzen in fachdidaktischer Orientierung, von Bernhard Claußen, Galda, Michael u. Astrid Wilch (2002)
Personendaten | |
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NAME | Claußen, Bernhard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Pädagoge und Politikwissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 1948 |