Der stille Amerikaner
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Der stille Amerikaner (Originaltitel: The Quiet American) ist ein 1955 erschienenes Buch von Graham Greene. Der Roman beschreibt, wie der britische Journalist Fowler seine Neutralität verlässt, sich in den Indochinakrieg einmischt und an einem Mordkomplott gegen einen Amerikaner beteiligt.
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[Bearbeiten] Inhalt
Der Brite Thomas Fowler lebt als Auslandskorrespondent mit der einheimischen jungen Geliebten Phuong in Saigon zur Zeit des Indochinakrieges, gegen Ende der französischen Besetzung. Er hat sich England und seiner Frau entfremdet, von der er sich vielleicht scheiden lassen will - vielleicht aber ist die Scheidung nur einer seiner Tricks, um seine Geliebte an sich zu binden.
Fowler erlebt den Kolonialkrieg der Franzosen gegen die Vietminh (ein Bündnis nationaler und kommunistischer Kräfte für die Unabhängigkeit eines vereinten Vietnam) als ein einsamer Berichterstatter, der sich bisher um „Objektivität“ und „Neutralität“ bemüht hat. Er lernt den jungen Amerikaner Alden Pyle kennen, der verzaubert ist von den Visionen eines Buches von York Harding, der nur für eine kurze Zeit in Vietnam war, aber glaubt, die Lösung des Krieges läge in der Ergänzung durch eine unbestimmte dritte Kraft. Pyle, Mitarbeiter des US-Handelsattachés, will nun zur Unterstützung der Demokratie diese westlich orientierte „dritte Kraft“ aufbauen, indem er den Terrorismus eines Warlords durch Lieferung von Plastiksprengstoff für sog. Fahrradbomben unterstützt.
Der junge Amerikaner verliebt sich in Fowlers vietnamesische Geliebte, spannt sie ihm nach einem längeren „fairen“ Wettbewerb durch ein Heiratsversprechen aus und rettet Fowler bei einem gemeinsamen Besuch an der Front das Leben. Fowlers vietnamesische Kontaktleute informieren ihn über die subversiven Aktionen des Amerikaners und Fowler lockt Pyle in einen Hinterhalt, in dem der Amerikaner von den Vientminh ermordet wird, sowohl der nationalen Sache und auch der Wiedereroberung seiner Geliebten dienend - ein doppelt „stiller Amerikaner“, der für den terroristischen Untergrund arbeitete und bei Einsetzen des Buches schon tot ist.
Der Roman wechselt häufig zwischen der obersten Ebene der polizeilichen Untersuchung des Mordes an dem Amerikaner und den Rückblicken, die die Dreiecksgeschichte zwischen Fowler, seiner vietnamesischen Geliebten und Pyle erzählen. Dabei wird die Mitwirkung Fowlers am Tod seines Nebenbuhlers erst auf den letzten Seiten deutlich.
[Bearbeiten] Deutung / Bedeutung
Greene hat sehr weitsichtig die Beteiligten zu einer Zeit beschrieben, als die USA gerade erst begannen, in den Indochina-Krieg einzusteigen. Mit offenen Augen skizziert er das Tableau der Kräfte: Die breite Unterstützung der Vietminh durch die Bevölkerung, den überlebten Kolonialanspruch der Franzosen und die globale, überhebliche und im Hinblick auf die Wahl ihrer Mittel skrupellose Strategie der USA.
Der Berichterstatter Fowler, der sich bisher stets um Neutralität bemüht hat, erkennt in einer lebensbedrohlichen Situation an der Front, dass schon seine bloße Anwesenheit die Abläufe verändert und er dadurch mitschuldig wird am Tod anderer Menschen: Eine neutrale Existenz zwischen den Fronten wird für ihn zur Illusion. So verlässt er seine Beobachterrolle und entschließt sich zur Mithilfe bei der Ermordung des Amerikaners: „Früher oder später muß man Partei ergreifen. Wenn man ein Mensch bleiben will (...) Ich war mittlerweile genauso engagé wie Pyle, und es schien mir, dass nie wieder eine Entscheidung einfach sein würde.“
Ungewöhnlich nüchtern und „fair“ bleibt dabei der restneutrale Standpunkt des Ich-Erzählers, der den Amerikaner mehrfach als einen „Unschuldigen“ bezeichnet. Pyle erscheint ihm als ein Romantiker - der für seine hehren Ziele allerdings über Leichen geht: „Er war bis zur Unverwundbarkeit gepanzert mit seinen seinen guten Absichten und seiner Unwissenheit.“ Greenes offene Blick findet beim Bösen (Pyle) ein Gutes wie auch beim Guten (Fowler) eine moralisch faule Stelle (Fowler lässt seinen Konkurrenten um die Gunst der Vietnamesin aus dem Weg räumen).
Wie auch in anderen Werken erzählt Greene seine Geschichte so, dass wir nicht in die Fallen unserer Vereinfachungen stürzen: Auch bei Tag sind alle Katzen grau.
[Bearbeiten] Literatur
- Graham Greene: Der stille Amerikaner. Dtv-Verlag, München 2005, ISBN 3-423-13129-2
[Bearbeiten] Verfilmungen
- 1958: Vier Pfeifen Opium (The Quiet American) - Regie: Joseph L. Mankiewicz; mit Michael Redgrave, Bruce Cabot u.v.a.)
- 2002: Der stille Amerikaner (The Quiet American) - Regie: Phillip Noyce; mit Michael Caine, Brendan Fraser, Do Thi Hai Yen u.v.a.)