Die Ratten
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Die Ratten ist eine Tragikomödie in fünf Akten von Gerhart Hauptmann. Die Uraufführung fand am 13. Januar 1911, im Lessingtheater, Berlin statt.
Es spielt in Berlin am Ende des 19. Jahrhunderts; Handlungsort ist eine ehemalige Kaserne (Alexanderstraße 10 / Ecke Voltairestraße, nahe dem Alexanderplatz); Sie wurde in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts von etwa 60 Familien bewohnt und im Volksmund "Wanzenburg" genannt.
Der Literaturhistoriker Hans Mayer nannte "Die Ratten" den vielleicht "wichtigsten Beitrag Gerhart Hauptmanns zum modernen Welttheater". Bei diesem Stück handele es sich um "eine Großstadtdichtung ganz eigentümlicher Art, die das Geschehen im Berliner Mietshaus stark in die Nähe expressionistischer Großstadtdichtung rückt".
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Figuren
- Frau Henriette John
- Paul John, ihr Mann
- Bruno, Frau Johns Bruder
- Dienstmädchen Pauline Piperkarcka
- Frau Sidonie Knobbe
- Harro Hassenreuter, Theaterdirektor
- Walburga Hassenreuter, seine Tochter
- Frau Hassenreuter
- Spitta, Schauspielschüler
- Selma Knobbe
[Bearbeiten] Handlung
Frau John, die sich und für ihren auswärts als Maurer arbeitenden Mann ein Kind wünscht, nachdem sie ihr eigenes Kind durch eine Krankheit verloren hat, kauft dem schwangeren Dienstmädchen Pauline deren uneheliches Kind ab. Diese bereut das "Geschäft" jedoch, meldet ihr Kind auf dem Standesamt an und nennt Frau John dabei als Pflegemutter. Als Frau John, mit dieser Information konfrontiert, um den Verlust "ihres" Kindes fürchtet, versucht sie, Pauline ruhigzustellen, indem sie ihr das todgeweihte Baby der Morphinistin Knobbe unterschiebt. Frau Johns Bruder Bruno versucht, Pauline durch Einschüchterung davon abzuhalten, über den "Handel" zu reden, tötet diese jedoch dabei. Frau John gesteht ihrem Mann den Betrug mit dem Kind und stürzt sich vor einen Bus.
Parallel (und zum Teil sogar gleichzeitig) zu dem genannten "proletarischen" Handlungsstrang läuft ein grotesk entgegengesetzter, satirisch überspitzter "bürgerlicher". Der Theaterdirektor Hassenreuter hat im Dachgeschoss des von Frau John und ihrem Mann bewohnten Mietshauses seinen Theaterfundus (wo Frau John auch putzt). Während die dort spielenden Handlungsteile inhaltlich weitgehend irrelevant sind (Liebe zwischen Schauspielschüler Spitta und Hassenreuters Tochter Walburga, Engagement Hassenreuters in Straßburg), so haben sie auf die Gesamtlogik des Stückes bezogen, dennoch eine Funktion, denn sie fungieren in jeder Hinsicht als Gegenpol zum John-Strang. Auf diese Art und Weise gelingt es Hauptmann nicht nur, die gesellschaftliche Situation zu versinnbildlichen und die Geschehnisse um Frau John und Pauline noch dramatischer erscheinen zu lassen, sondern die Diskussionen um verschiedene Vorstellungen von Theater und dessen Beziehung zum Leben (v.a. zu Beginn des 3. Aktes zwischen Spitta und Hassenreuter) werden damit in gewisser Weise ad absurdum geführt. Bezeichnenderweise dreht Hauptmann den zu erwartenden Hintergrund um: In Johns Wohnung ist es hell und sauber, der Dachstock ist dunkel und schmutzig.
[Bearbeiten] Literatur
- Werner Bellmann. Rinnsteinsprache. Anmerkungen zu Hauptmanns "Die Ratten". In: Wirkendes Wort 37 (1987) S. 265-268.
- Werner Bellmann: Gerhart Hauptmann. "Die Ratten". Erläuterungen und Dokumente. Reclam, Stuttgart 1990. ISBN 3-15-008187-4
- Friedhelm Marx: "Schiller ganz anders". Gerhart Hauptmanns Spiel mit der Weimarer Klassik in der Tragikomödie "Die Ratten". In: Zeitschrift für deutsche Philologie 115 (1996), S. 122-136.
- Michael Schaudig: Literatur im Medienwechsel. Gerhart Hauptmanns Tragikomödie "Die Ratten" und ihre Adaptionen für Kino, Hörfunk und Fernsehen. München 1992.
- Gérard Schneilin: Zur Entwicklung des Tragikomischen in der Berliner Dramaturgie: Gerhart Hauptmanns "Ratten" und Sternheims "Bürger Schippel". In: Revue d'Allemagne 14 (1982) S. 297-312.
- Peter Sprengel: Gerhart Hauptmann: "Die Ratten". Vom Gegensatz der Welten in einer Mietskaserne. In: Dramen des Naturalismus. Interpretationen. Reclam, Stuttgart 1988. S. 243-282. ISBN 3-15-008412-1
- Brigitte Stuhlmacher: "Vom Teil zum Ganzen..." Gerhart Hauptmanns "Ratten". In: Zeitschrift für Germanistik 4 (1983) S. 5-24.
- Rudolf Ziesche: Mutter John und ihre Kinder. Zur Vor- und Textgeschichte der "Ratten". In: Peter Sprengel / Philip Mellen (Hrsg.): Hauptmann-Forschung. Neue Beiträge. Frankfurt a. M. 1986. S. 225-248.
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/sams_ratten/
- http://www.dhm.de/lemo/html/kaiserreich/kunst/ratten/
- http://german.imdb.com/title/tt0048542/ Der Film "Die Ratten" in der IMDb