Doggerstollen
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Der Doggerstollen (auch Doggerwerk genannt) ist ein von Mai 1944 bis April 1945 im Bergstock der Houbirg von Häftlingen des Konzentrationslagers Hersbruck angelegtes Stollensytem für eine geplante unterirdische Fabrik (U-Verlagerung). Im so genannten Doggerstollen sollten kriegswichtige BMW-Flugzeugmotoren produziert werden. Die Bauleitung und der SS-Führungsstab befanden sich in Happurg. Der Tarnname war „Esche 1“.
Die Häftlinge kamen in der Regel zu Fuß die fünf Kilometer lange Strecke vom Barackenlager in Hersbruck und arbeiteten in zwei Schichten. Bis Kriegsende wurden 0,5 Millionen Kubikmeter Sandstein in 3,9 Kilometer Stollen gebrochen; davon wurden ca. 750 Meter betoniert. Die Gesamtfläche hätte 100.000 Quadratmeter betragen sollen, fertig gestellt wurden davon lediglich 15.000 Quadratmeter.
In dieser Zeit war das KZ-Außenlager mit rund 9.000 Häftlingen besetzt, im besagten Zeitraum kamen auf Grund der Arbeits- und Lebensbedingungen rund 4.000 Menschen ums Leben.
Die Stollen sind heute zugemauert und nur mit Sondergenehmigung durch normalerweise verschlossene Türen zu betreten. Derzeit laufen Bestrebungen durch den Verein „Dokumentationsstätte KZ Hersbruck“, einen Stollenabschnitt von rund 250 Meter als zeitgeschichtliches Dokument zu öffnen und begehbar zu machen. Von der zuständigen Bundesbehörde liegt dafür die Zustimmung bereits vor.
Finanzielle Hoffnungen macht sich der Verein auf das Leader-Plus-Programm der Europäischen Union, die über den Titel „Gesundheitsregion und touristische Belebung“ rund 50 % der notwendigen 325.000 Euro teuren Maßnahme beitragen könnte.
Im Mai 2006 stellte ein Gutachten, das die Bayerischen Gedenkstättenstiftung in Auftrag gegeben hatte, fest, dass dem Konzept des Vereins fachlich historische, didaktische und museologische Qualitätsstandards fehlen. Dr. Jens-Christian Wagner, Gutachter und Leiter der „Mahn- und Gedenkstätte Mittelbau-Dora“ Nordhausen, befürchtet in seiner Expertise, dass in der gegenwärtigen Konzeptform bei den Besuchern eher „Höhlenromantik und Technikbegeisterung“ überwiegen und sozialgeschichtliche Aspekte wie die Leidensgeschichte ungarischer Juden oder die Mitarbeit von Fremdarbeitern und Polizeihäftlingen nicht genügend herausgearbeitet werden.
In einer Stellungnahme vom Juli 2006 widerlegte und entkräftete der Verein die Kritikpunkte des Gutachtens und machte vor allem deutlich, dass diese Expertise auf Grund von nicht zutreffenden Annahmen zu der negativen Bewertung gekommen ist. Der Gutachter ging davon aus, dass der Verein eine komplett eingerichtete Dokumentationsstätte in oder bei den Stollen in Happurg anstrebt. Dies ist nicht der Fall: Der Schwerpunkt der Aufklärungs- und Erinnerungsarbeit soll nach wie vor in Hersbruck liegen und den gesamten Komplex "Außenlager KZ Hersbruck" umfassen. Das Doggerwerk selbst ist darin ein wichtiger Lern- und Gedenkort, allerdings nur einer untere mehreren anderen. So wird auch im Urteil der Expertise dem Gesichtspunkt, dass das Projekt "Öffnung der Doggerstollen" nur einen Teil eines umfassenden Konzepts darstellt, zu wenig Rechnung getragen.
Dass das Thema mit dieser Expertise nicht vom tisch ist, beweist die Expertise selbst, in der auf die Bedeutung des ehemaligen KZ-Geländes in Hersbruck und der Doggerstollen in Happurg hingewiesen wird und die Notwendigkeit der Erhaltung und Kennzeichnung der beiden Stätten im Sinne von Erinnerungs- und Lernorten gefordert wird. Mit dem Gutachten ist jedoch die Möglichkeit zunichte gemacht worden, jetzt oder in naher Zukunft die Stollen mit Hilfe von - jetzt vergebenen - EU-Geldern zur Hälfte der Kosten zu öffnen. Es ging letztendlich nicht um fachdidaktische und museologische Gesichtspunkte, sondern um die Frage, ob ein solches Projekt einer Privatinitiative überlassen werden soll oder ob dieses nicht doch von einer staatlichen Stiftung übernommen werden solle. Man hat sich für Letzteres entschieden. Dass es jedoch auch anders geht, beweisen die vielen Gedenkstätten in Baden-Württemberg, die von Gemeinden und Bürgerinitiativen initiiert worden sind und auch von diesen betreut werden.
Bei einer Tagung am 17. und 18. November 2006 der Stiftung Bayrischer Gedenkstätten unter dem Motto "Die KZ-Außenlager in Bayern, Bestandsaufnahme und Perspektiven" auf dem Gelände der Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände in Nürnberg hatten auch die eingeladenen Vertreter des Hersbrucker Vereins die Gelegenheit, ihre Vorstellungen einer Gedenkstätte Hersbruck/Happurg vor dem anwesenden Fachpublikum, vor KZ-Überlebenden und Vertretern der internationalen Politik darzulegen. Dabei zeigte sich, dass die Vorstellungen des Hersbrucker Vereins und diejenigen der Stiftung Bayrischer Gedenkstätten nicht sehr weit auseinander liegen. In Zukunft will man aufeinander zugehen und gemeinsam ein Konzept für eine Dokumentationsstätte "KZ-Hersbruck" ausarbeiten.
Ein Zeitplan für die Umsetzung der Pläne ist noch nicht vorhanden.
[Bearbeiten] Dokumentarfilme
Der Spiegel-TV-Dokumentarfilm „Brutalität in Stein - Die Bauten der Nazis“ aus dem Jahr 2002 zeigt den Doggerstollen von innen und bietet Einblicke in dessen Geschichte.
Des Weiteren gibt es noch den Dokumentarfilm „KZ Hersbruck und das Doggerwerk“ aus dem Jahr 1999.
[Bearbeiten] Literatur
- G. Faul: Sklavenarbeiter für den Endsieg. Hersbruck 2003. (Hrsg. von Dokumentationsstätte KZ Hersbruck e.V.)