Dominium terrae
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dominium terrae (dt. "Herrschaft über die Erde") ist ein theologischer Fachbegriff für ein wirkungsgeschichtlich bedeutendes Motiv aus dem alten Testament, nämlich den Auftrag Gottes an den Menschen, Herrschaft über die Erde auszuüben (Genesis 1,28: "Macht Euch die Erde untertan").
[Bearbeiten] Quellentext
"1:27 Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib.
1:28 Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht." (Übersetzung: revidierter Luthertext von 1912)
Zur wichtigen Frage der Übersetzung ist seitens der Wissenschaft folgendes aufgezeigt worden:
"Die hebräische Exegese findet erst in den letzten Jahren angemessenere Übersetzungen. Das hebräische Verb 'kabasch' (bisher übersetzt als "untertan machen") hat auch die Bedeutung: "als Kulturland in Besitz nehmen", "dienstbar / urbar machen", wie Vergleiche mit Verbübersetzungen in anderen biblischen Büchern (Num 32 und Jos 18) zeigen. Das Verb 'radah' (bisher übersetzt als "königlich bzw. herrschaftlich auftreten") wird in Mari-Texten für den Umgang eines Hirten mit seiner Kleinviehherde verwendet und müßte die verantwortungsvolle, fürsorgliche Konnotation zum Ausdruck bringen." (Matthias Schlicht)
[Bearbeiten] Ideengeschichte
Der Dominium terrae-Gedanke hat im Laufe der Geschichte unterschiedliche Interpretationen erfahren. Zu den wichtigsten Stationen gehören die neuzeitliche Auslegung im Sinne einer umfassenden instrumentellen Naturbeherrschung (etwa bei Descartes: der Mensch sei Herrscher und Besitzer der Natur ("maître et possesseur de la nature" und Francis Bacon formuliert.) In diesem Zusammenhang hat man verschiedentlich das Christentum für die ökologische Krise verantwortlich machen wollen, so etwa der Technikhistoriker Lynn White. Dies nicht nur im Sinne des Herrschaftsauftrags,sondern auch im Hinblick auf die im Christentum konsequent erfolgte "Entgötterung" der Natur, wie sie etwa in der Bekämpfung der Naturgottheiten bei anderen religiösen Traditionen zum Ausdruck kommt (Schiller: "Einen zu bereichern unter allen,/ Mußte diese Götterwelt vergehn." Die Götter Griechenlands)
Eine im 20. Jahrhundert verstärkt auftretende Deutung versteht den Herrschaftsauftrag eher im Sinne einer treuhänderischen, gleichsam hütenden Aufgabe ("stewardship").
[Bearbeiten] Literatur
- Rüterswörden, Udo, Dominium terrae: Studien zur Genese einer alttestamentlichen Vorstellung (BZAW 215), Berlin/ New York 1993
- Weippert, Manfred, Tier und Mensch in einer menschenarmen Welt. Zum sog. dominium terrae in Genesis 1. In: Mathys, Hans-Peter (Hg.), Ebenbild Gottes - Herrscher über die Welt. Studien zu Würde und Auftrag des Menschen (Biblisch-theologische Studien 33) Neukirchen-Vluyn 1998, 35 - 55.
- Lynn White jr., The historical Roots of our ecological Crisis, 1973
- Matthias Schlicht: Gentechnik aus theologischer Perspektive [1]