Einkauf
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Der Begriff Einkauf bezog sich im Kontext der Betriebswirtschaftslehre ursprünglich auf die operativen Tätigkeiten zur Versorgung eines Unternehmens mit Gütern und Dienstleistungen, die zur Durchführung des Produktionsprozesses benötigt und von diesem Unternehmen nicht selbst hergestellt werden. Mit zunehmender Bedeutung der Unternehmensfunktion Einkauf wurden vermehrt auch strategische Aufgaben unter diesem Begriff zusammengefasst.
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[Bearbeiten] Begriffliche Abgrenzung
Bedingt durch die erst recht spät eingesetzte Auseinandersetzung der betriebswirtschaftlichen Forschung mit der Unternehmensfunktion Einkauf herrscht noch keine endgültige Einigkeit über die genaue Abgrenzung der Begriffe Materialwirtschaft, Beschaffung und Einkauf. Die herrschende Meinung in der betriebswirtschaftlichen Literatur sieht Einkauf als Teilgebiet der Beschaffung, die wiederum ein Teilgebiet der Materialwirtschaft ist. Diese Begriffshierarchie spiegelt sich jedoch in der Regel nicht in der betrieblichen Organisation wieder.
[Bearbeiten] Teilfunktionen
Die Unternehmensfunktion Einkauf umfasst – je nach Ausprägung in den einzelnen Unternehmen – unter anderem folgende Teilfunktionen:
- Strategische Teilfunktionen
- Planung und Steuerung der Materialkostenentwicklung
- Beschaffungsmarktforschung
- Analyse des Einkaufsverhaltens der Wettbewerber
- Gestaltung der Einkaufsstrategie (Lieferantenanzahl, Vergabestrategien, Make-or-Buy etc.)
- Koordination verschiedener Unternehmensteile zur Bündelung von Einkaufsmacht
- Vereinheitlichung von Bauteilen zur Volumenbündelung
- Einflussnahme auf Technologieentscheidungen unter Kostengesichtspunkten
- Lieferantenentwicklung
- Operative Teilfunktionen
- Verhandlung von Preisen und Konditionen mit Lieferanten
- Verwaltung von Preisen und Konditionen
- Ausschreibungen von Neuvergaben
- Prüfung und Vergleich von Angeboten
- Gestaltung und Abschluss von Verträgen mit Lieferanten
[Bearbeiten] Werkzeuge
Für die Erfüllung der Teilfunktionen stehen dem Einkauf verschiedene Werkzeuge zur Verfügung:
- Linear Performance Pricing (LPP)
- External Balanced Scorecard (EBSC)
- Kostenplanung
- Wertanalyse
- ABC-Analyse
- XYZ-Analyse
- Best-of-Bench-Analyse
- Verschiedene Vergabemethoden (z. B. Auktion, Konzeptwettbewerb)
[Bearbeiten] Strategische Optionen
[Bearbeiten] Lead Buying
Mit zunehmender Unternehmensgröße nehmen die strategischen Optionen des Einkaufs zu. So können durch zentral gesteuerte Zusammenarbeit verschiedener Unternehmensteile (Lead Buying) bessere Verhandlungspositionen gegenüber oft ebenfalls global agierenden Lieferanten aufgebaut werden.
[Bearbeiten] Verknüpfung verschiedener Verhandlungsgegenstände
In vielen Fällen lassen sich verschiedene Verhandlungsgegenstände, z. B. Vergabe von Neuproduktprojekten und Preisentwicklung des Altgeschäftes, in einer Verhandlung verknüpfen. Dazu werden sämtliche möglichen Forderungen an den Lieferanten vor einer Verhandlung recherchiert und zusammengestellt. Hier ist vor allem in großen und global organisierten Konzernen eine enge Zusammenarbeit der verschiedenen Teile der Einkaufsorganisation nötig.
[Bearbeiten] Festlegung der Lieferantenzahl
Je nach strategischer Situation, Höhe der Fixkosten und Stückzahl kann die Vergabe an mehr als einen Lieferanten sinnvoll sein. Der Vorteil einer Mehrlieferantenstrategie besteht darin, dass der Einkäufer sich bei Differenzen mit dem Lieferanten, z.B. bezüglich zukünftiger Preisgestaltung, die Option offen hält, kurzfristig Volumen zu anderen Lieferanten zu verlagern. Der Nachteil gegenüber einer Einlieferantenstrategie ist das mehrfache Anfallen von Fixkostenblöcken (z. B. Entwicklungskosten).
[Bearbeiten] Organisatorische Fragestellungen
[Bearbeiten] Interne Organisation des Einkaufs
Der Einkauf kann intern nach Lieferanten, Einkaufsgebieten oder internen Kunden (z. B. Werke) organisiert werden. In manchen Unternehmen wird eine Aufteilung in Projekteinkauf und Serieneinkauf vorgenommen, d.h. es gibt verschiedene Organisationseinheiten für Neuvergaben und Altgeschäft. Auch gibt es Organisationsmodelle, wo der Einkauf nach Produktgebieten gegliedert ist. Dies findet man z.B. sehr häufig in der Automobilindustrie, wo es sogenannte Kategorieneinkäufer für Plastik-, Metallteile oder Elektronikkomponenten gibt. In kleineren Unternehmen sind Einkauf und Disposition manchmal organisatorisch zusammengefasst.
[Bearbeiten] Einordnung des Einkaufs in der betrieblichen Organisation
Die Einordnung des Einkaufs in der betrieblichen Organisation ist abhängig von Unternehmensgröße, Unternehmensstruktur und der Bedeutung des Einkaufs für das Unternehmen, die z. B. am Verhältnis des Einkaufsvolumens zum Gesamtumsatz messbar ist.
Bei global aufgestellten Unternehmen mit hohen Einkaufsvolumen (z. B. in der Automobilindustrie) ist der Einkauf in der Regel ein unter dem Einkaufsvorstand organisierter Unternehmensbereich, der zur Bündelung der Einkaufsmacht zentral für alle Werke des Unternehmens einkauft. Bei Unternehmen mit geringerer Bedeutung des Einkaufs können einzelne Werke oder Niederlassungen auch über ihnen direkt zugeordnete Einkaufsabteilungen verfügen. Der Trend in der Industrie ist deutlich die Zentralisierung des Einkaufs.
Im Rahmen dieser Zentralisierung ist die Einhaltung von Einkaufsrichtlinien ein wichtiger Aspekt um die Standardisierung der Einkaufsprozesse sowie ihrer Kontrolle voranzutreiben. Vollautomatisierte Genehmigungsabläufe sorgen heute dafür, dass insbesondere in Großunternehmen vor dem eigentlichen Bestellvorgang eine fachliche Genehmigung und vor Auftragserteilung eine kaufmännische Genehmigung erteilt werden. So kann der Einkauf zwar zentralisiert, aber die notwendigen Kompetenzentscheidungen dezentralisiert werden. die dafür notwendigen Geschäftsprozesse und Regeln werden zentral vorgegeben und können weltweit ausgerollt werden.