Ekphrasis

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Unter Ekphrase oder Ekphrasis (griechisch ἔκ-φρασις für Beschreibung, lat. descriptio) versteht man eine literarische bzw. rhetorische Form, durch welche etwas sehr anschaulich und bildlich beschrieben, nachgeahmt oder geschildert wird. Der Grad der Anschaulichkeit unterscheidet die Ekphrasis dabei vom sachlichen Bericht. Es handelt sich um eine literarische Visualisierungsstrategie: Die Ekphrase versucht, den "Zuhörer zum Zuschauer zu machen " (Nikolaus von Myra) Vgl. hierzu den lateinischen Begriff des "sub oculus subiecto":"etwas vor Augen stellen", die Qualität der lat. evidentia/griech: enargeia. Das Ideal ist eine quasi-synästhetische Entgrenzung die eine ganzheitliche Erfahrung suggeriert.

Im engeren Sinne bezeichnet man als Ekphrasis die literarische Bildbeschreibungen. Diese Spezialisierung ist den antiken Rhetorikern und Autoren jedoch fremd, alles kann Gegenstand einer Ekphrase sein (z.B. Personen, Orte, Ereignisse, Gegenstände...). Für die Moderne setzt sich dennoch weitgehend die Bestimmung der Ekphrasis als Kunstbeschreibung durch. Dabei wird häufig mehr das Dargestellte (die Bildhandlung) veranschaulicht als die Wirkung oder die Wahrnehmung des Bildes. Dies hängt mit der Betonung der "storia" (Erzählung) als herausragender bildnerischer Qualität seit Leon Battista Alberti zusammen. Eine grundsätzliche Vergleichbarkeit von Text und Bild (bzw. ihrer Funktionsweisen) wird vorausgesetzt. Daher wird am Beispiel der Ekphrasis auch immer wieder das Verhältnis von Wort/Literatur und Bild diskutiert (vgl. u.a. Horaz "ut pictura poiesis", den Paragone (Wettstreit der Künste) und die Laokoon-Debatte). Diese Betonung der narrativen Handlung muss jedoch mit der zunehmenden Lösung der Malerei von narrativen und repräsentativen Aufgaben (vgl. abstrakte Malerei)in Frage gestellt werden. Vor dem Hintergrund des Verständnisses als Kunstbeschreibung ist auch die Definition der Ekphrasis als "verbal representation of visual representation" (James A. Heffernan), also der E. als doppelter Vermittlung des Realen bzw. Abbildung des Abgebildeten zu verstehen.In diesem Verständnis wäre z.B. die Beschreibung eines Blumenstraußes keine Ekphrasis, wohl aber die Beschreibung des Bildes eines Blumenstraußes.

Ekphraseis kommen vor als eigene Gattung oder als Bestandteil narrativer Texte. In letzteren dienen sie u.a. zur emotionalen Beteiligung der Leser/Hörer, als Parallelerzählung, intratextuelles Fenster oder zur Überbrückung von Ort/Zeit. Dem Glauben an ihre überzeugende Wirkung steht häufig der Vorwurf gegenüber, sie sei nur überflüssiger Schmuck.

Berühmte Ekphraseis sind u.a. die Beschreibung des Schildes des Achilles bei Homer, die Schildbeschreibung in der Aeneis von Vergil, die Imagines des Philostrat oder das Gedicht "Ode on a Grecian Urn" von Keats. Als Beispiel der poetischen Gemälde dienten im 18. Jahrhundert häufig die Gedichte von Albrecht von Haller.