Francesco di Marco Datini
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Francesco di Marco Datini (* 1335 in Prato; † 1410) war ein Florentiner Großkaufmann und Fernhändler.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Leben
Francesco di Marco Datini wurde 1335 als eines der vier Kinder des Schankwirts Marco di Datino und der Monna Vermiglia in Prato geboren. Kaum 13-jährig machte ihn die Große Pest zum Waisen. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder wurde er zunächst für dreizehn Monate bei einer Verwandten aufgenommen, dann ging er als Lehrling ins benachbarte Florenz, wo er in zwei Läden arbeitete.
Schon als 15-jähriger ging er nach Avignon, arbeitete dort zunächst als Botenjunge, leitete bald als Faktor eine Filiale. Datini machte mit Luxuswaren und Waffen gute Geschäfte, bei deren Abwicklung ihm die Anwesenheit einer großen florentinischen Kolonie sehr zustatten kam. 1358 holte er seinen jüngeren Bruder Stefano nach. Ab 1361 war er, zusammen mit Niccolò di Bernardo, einem Neffen seiner Ziehmutter und einem weiteren Toskaner, im Waffengeschäft zwischen Mailand und Avignon tätig. Fünf Jahre später war er bereits zum Sozius in verschiedenen Handelskompanien aufgestiegen. Im März 1373 übernahm er die Leitung einer eigenen Firma.
Ab 1376 wurde die Situation der über tausendköpfigen italienischen Händlerkolonie in Avignon äußerst schwierig. Das hing mit der Absicht des dort residierenden Papstes zusammen, nach Rom zurückzukehren, was bald zu Konflikten in Italien führte, in die auch Florenz verstrickt wurde. Obwohl sich die Florentiner Kolonie in Avignon bis 1381 auflöste, zögerte Datini angesichts des Krieges, nach Prato zurückzukehren. Dieser Krieg kostete die Florentiner allein zwei Millionen Florin und brachte ihnen den päpstlichen Bann ein - eine Katastrophe für den Handel der Stadt, der damit fast lahmgelegt wurde. Nur zwei Tage nach dem teuer erkauften Friedensschluss brach am 24. Juni 1378 ein Aufstand der von Kriegsabgaben überforderten unteren Volksschichten los. Bis zm 31. August herrschten die Ciompi, die Wollkämmer, forderten zusammen mit anderen Handwerkern der Tuchindustrie zu einem Viertel die Beteiligung an der Regierung und die Bildung neuer Zünfte. Als keine unmittelbare Verbesserung ihrer Lebensbedingungen erreicht wurde, die Tuchproduktion sich nicht, wie erhofft, erhöhen ließ und die Bewegung auseinanderfiel, brach der Aufstand zusammen. Datini, der 1376 Margherita di Domenico Bandini geheiratet hatte, eine Florentinerin aus niederem Adel, konnte nicht unberührt von diesen Vorgängen bleiben. Ihr Vater, Domenico Bandini, war schließlich 1360 als Aufstandsführer hingerichtet worden.
Noch 1382 gründete Datini eine bis 1400 bestehende Handelskompanie in Avignon und übernahm deren Leitung. Gewinn und Verlust wurden in diesen Gesellschaften entsprechend der Einlage von Geldanteilen und der geleisteten Arbeit aufgeteilt. Die Dauerhaftigkeit dieses und anderer Zusammenschlüsse sollte kennzeichnend für seine Geschäftstätigkeit werden, wie im übrigen für die toskanischen Gesellschaften insgesamt.
Von diesen Gesellschaften existierten verschiedene Typen. Eine Grundform stellte die Commenda dar, in der sich Vertragspartner Risiko und Gewinn teilten. In seiner einfachsten Form streckte einer der Partner dem anderen für eine Fahrt das notwendige Kapital vor, gab ihm also Kredit. Der Kreditnehmer führte alle für eine Kauffahrt erforderlichen Arbeiten durch und rechnete nach der Rückkehr mit dem Kreditgeber ab. Verlief die Fahrt erfolgreich, erhielt der Kreditgeber im Allgemeinen sein Kapital zurück und darüberhinaus drei Viertel des Gewinns. Ein Viertel ging an seinen Partner. Andere Vertragsformen sahen vor, dass der nicht mitfahrende Partner zwei Drittel des Kapitals vorstreckte. Das restliche Drittel und die Arbeit brachte der fahrende Kaufmann ein. Eventuelle Verluste wurden nach den Kapitalanteilen umgelegt, Gewinne aber zu gleichen Teilen. In den binnenländischen Städten zog man die Compagnia und die Societas Terre vor. In der Toskana mit ihren eng untereinander verbundenen Kaufleuten trugen die Partner der Compagnia Risiken, Verluste und Gewinne gemeinsam. In der Societas Terre trug der Kreditgeber das Risiko voll und ganz, die Gewinne wurden halbiert. Der entscheidende Unterschied zur Commenda: Der Vertrag wurde nicht auf eine einzelne Fahrt beschränkt, sondern auf mehr oder weniger lange Zeiträume. Um Familienkreise, wie die Datinis, bildeten sich durch eine Vielzahl solcher langfristiger Abmachungen Handelsgesellschaften. Sie sind aber nicht wie heute juristische Personen, sondern an Einzelpersonen gebunden. Die ständige Verlängerung oder Neuaufsetzung alter Verträge, die Wiederholung der immer gleichen Kauf- und Verkaufsvorgänge, bildeten sich zu stabilen Organisationen aus. So wurde es bald möglich, als Gesellschafter Arbeit und Geld in diese Organisationen einzubringen. Die Kompanien bündelten also Kapital mehrerer Einleger, die zugleich ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellten. Datini behielt dabei immer die Kapitalmehrheit.
Im zu Florenz gehörenden Prato, wohin der inzwischen wohlhabende Mann im Januar 1383 zurückkehrte, wurde er Mitglied der Arte della Lana, der Wollzunft. Erst mit dieser Mitgliedschaft durfte er einem entsprechenden Gewerbe nachgehen und konnte zugleich seine Interessen in der Stadtregierung vertreten. Zusammen mit seinem ehemaligen Vormund, dem Tuchweber Piero di Giunta und einem entfernten Verwandten, stieg er als Gesellschafter in zwei Firmen in Pisa und Florenz ein. Die eine stellte eine Familienhandelsfirma dar, die andere eine Alleininhaberfirma. 1384 erfolgte die Gründung einer bescheidenen Kompanie für Wolle in Prato, zusammen mit Piero di Giunta del Rosso (einem Färbermeister), und seinem Sohn Niccolò, innerhalb der Arte della Tinta, der Färberzunft. 1394, beim Tod Pieros, nahm er Agnolo, den Sohn Niccolòs als Partner auf. Diese Verbindung von Verwandtschaft und Teilhaberschaft unter persönlicher Mitarbeit blieb typisch für Datinis Handelsorganisationen, die im Ausland, insbesondere in England, unveredeltes Wolltuch einkauften, um es in Prato veredeln zu lassen. Zu dieser Kompanie kam bald eine Firma für Schleierstoffe. Da sein Geschäftsrahmen längst das kleine Prato sprengte, zog Datini nach Florenz um und gründete mit Stoldo di Lorenzo und einem weiteren Gesellschafter eine Kompanie in Florenz, 1388 eine weitere mit Domenico di Cambio, die bis zu seinem Tod fortbestand. Im selben Jahr wurde er Mitglied in der Seidenmachergilde. 1392 beteiligte sich die Florentiner Kompanie an einer Genueser Firma, in der die drei örtlichen Gesellschafter zu Leitern wurden: "Francesco di Marco, Andrea di Bonanno & Co". Zugleich machte Datini aus seiner Pisaner Firma eine Kompanie, in der die Florentiner Kompanie ebenfalls die meisten Anteile besaß. Diese Pisaner Kompanie konnte wiederum ihr Kapital anderen Firmen zur Verfügung stellen. Im folgenden Jahr gründete die Genueser Firma Zweigniederlassungen in Barcelona, Valencia und Mallorca. Luca del Sera - er sollte zu Datinis Testamentsvollstreckern zählen - ging nun nach Barcelona. 1394 erfolgte die Gründung dreier weiterer Firmen in Barcelona, Valencia und auf Mallorca, mit Agenturen auf Ibiza und in San Matteo, einem Dorf in Katalonien. Während San Matteo zum wichtigen Wollsammelpunkt wurde, war Ibiza für sein Salz berühmt. Die dortige Filiale wurde von Florentinern geleitet. Überhaupt umgab sich Datini fast nur mit Toskanern, möglichst aus den ihm bekannten Städten. 1395 wurde Datini Mitglied in der Florentiner Färberzunft. Ein Jahr später gründete er die Katalanische Handelskompanie mit Sitz in Barcelona, bzw. Valencia. Die Florentiner Firma war dabei wieder mehrheitlich am Kapital beteiligt, ihre drei Gesellschafter leiteten wiederum die drei Teilfirmen. Daneben bestand dort seine Alleininhaberfirma weiter, die ja eine leitende Rolle in seinem Firmensystem übernahm. Eine solche Verflechtung von Einlageanteilen sollte typisch für Datinis Gesellschaft werden, deren Fäden in Florenz zusammenliefen. Die einzelnen Kompanien waren einzig und allein durch seine Person untereinander verbunden, bzw. durch sein Kapital, das ihm die Entscheidungsgewalt gab. 1399 wagte sich Datini an die Gründung einer Bank in Florenz, zusammen mit einem Prateser. Solche Bankhäuser hatten zwar mit den einfachen Pfandleihern, den Lombardi, nur noch wenig gemein, aber auch sie verliehen Geld und gerieten damit in Verdacht, Wucher zu betreiben. Datinis Gesellschafter Domenico di Cambio meinte: "Francesco di Marco will seinen Ruf verlieren...um Geldwechsler zu werden, unter denen doch keiner ist, der nicht Wucher treibt". Datini wurde am 4. März 1399 Mitglied in der Arte del Cambio, der Wechslerzunft.
Doch Datini war längst - in den Augen der Zeitgenossen - auf viel rufschädigenderes Terrain vorgestoßen. Er hatte Spekulationsgeschäfte begonnen, bei denen er mittels Wechseln (insgesamt 5000!) auf Kursschwankungen verschiedener Währungen, vor allem zwischen Flandern, Barcelona und Italien setzte. Domenico di Cambio war hier der Ansicht, er wolle "lieber 12% an Warengeschäften verdienen, als 18% an Wechselgeschäften".
Dieser schier unaufhaltsame Aufstieg wurde im Jahre 1400 durch eine Katastrophe beinahe zunichte gemacht. Eine erneute Pestwelle tötete fast alle seine Gesellschafter, so dass er seine Firmen in Pisa und Genua schließen musste. Auch die Bank in Florenz wurde geschlossen und die Produktion von Wolle und Seidentüchern in Prato eingestellt. Datini erholte sich zwar binnen weniger Jahre von diesem furchtbaren Schlag, dachte aber immer häufiger - dies äußerte er in Briefen an seinen Freund Ser Lapo Mazzei aus Florenz - über die Gründung einer wohltätigen Stiftung nach. Dies war insofern naheliegend, als sich die Gesellschaften verpflichtet sahen, Gott einen Anteil des Gewinns zukommen zu lassen, ja, ihm ein eigenes Konto ("Messer Domeneddio") einzurichten. Er stand für die Armen und wurde bei der Auflösung einer Gesellschaft als erster ausbezahlt. 1404, im Alter von fast 70 Jahren, gelang ihm die Aufnahme in die allmächtige Florentiner Tuchveredlergilde, die Arte di Calimala. Ihr gehörten jene Tuchhändler an, denen der Handel mit Tüchern höchster Qualität vorbehalten war. Handelskontakte verbanden ihn nun mit mehr als vierzig italienischen und mindestens zehn französischen Städten, mit Brügge und einigen anderen Orten im Reich, aber auch mit Marokko, Algerien, Tunesien und der Levante - insgesamt mit 267 Orten. Allein 1634 Briefe von 63 verschiedenen Absendern erreichten ihn z. B. aus Rom.
Nach Datinis Tod am 17. Juli 1410 wurden seine Frau Margherita und sein Gesellschafter Luca del Sera als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Die beträchtliche Summe von genau 72.039 Florin, 9 Soldi und 4 Denaren ging nach Datinis Wunsch an eine fromme Stiftung. Dazu kam Immobilienbesitz in der geschätzten Höhe von 11.245 Florin. Die Stiftung feiert in wenigen Jahren ihr sechshundertjähriges Bestehen. Die Kommune Prato ernennt bis heute ein fünfköpfiges Leitungskomitee, sowie vier Honoratioren, von denen jeder ein Stadtviertel repräsentiert. Diese Stiftung verwaltet seitdem nicht nur das Vermögen Datinis zugunsten der Armen Pratos, sondern auch sein Haus und seine gesamte Korrespondenz.
[Bearbeiten] Das Handelsimperium
Datinis Firmensystem erreichte 1399 seine vorläufig größte Ausdehnung. Es umfasste Handelsgesellschaften, Banken und Produktionsbetriebe, insbesondere für die Weiterverarbeitung von halbfertigen Tuchprodukten. Zwar tätigte er auch Geschäfte im östlichen Mittelmeerraum, konzentrierte seine Unternehmungen aber, wie viele seiner Zeitgenossen, weitgehend im westlichen. Bei dieser Entscheidung für den Westen spielte die Möglichkeit, bargeldlos Geldmittel zu transferieren, eine entscheidende Rolle. Datini gründete im westlichen Mittelmeerraum sowohl Alleininhaberfirmen, als auch Kompanien. Dabei hatte entweder er selbst den Mehrheitsanteil am Kapital der jeweiligen Kompanie, wie in Avignon, in beiden Produktionsbetrieben und in der Bank, oder aber die Kompanie in Florenz verfügte über die Kapitalmehrheit, wie im Fall der Unternehmungen in Pisa, Genua und Katalonien. Da diese Kompanien nur Teile ihres Kapitals in andere Firmen investierten und nur durch Personalunion miteinander verbunden waren, konnten sie sich nicht mehr gegenseitig in einen Bankrott hineinziehen. Datini leitete diesen Komplex in Form einer Art Holding, in der die Kompanie in Florenz, ohne selbst zu produzieren, in den von ihr geführten Firmen einen großen Kapitalanteil innehatte. Eine Organisationsform, die die Medici des 15. Jahrhunderts voll entwickelten. Als "Maggiore" - so wurde Datini genannt - lenkte er persönlich das Gesamtunternehmen. Mit Unterstützung der Mitarbeiter aus der Florentiner Unternehmung regierte er bis in die unbedeutendsten Personalfragen hinein, traf seine Auswahl, sorgte für Ausbildung und Kontrolle, ließ sich von jedermann berichten und gab selbst unentwegt schriftliche Anweisungen.
In allen Handelsgesellschaften erledigten die Partner, vor allem aber Datini persönlich, einen Großteil der Arbeiten. Dessen ungeachtet hatte jede seiner Firmen auch noch fest angestellte Faktoren, Notare, Buchhalter oder Kassierer, Boten und Lehrlinge, die im Gegensatz zu den Compagni nicht am Gewinn beteiligt waren. Jeder von ihnen hatte seinen Aufgabenbereich. Die geringste Bezahlung erhielten die Garzoni oder Discepoli, die mit dem eigentlichen Schreibgeschäft nicht betraut waren, also Laufburschen, Bürodiener und Boten. Ein junger Ladenbursche dagegen, der es zum Faktor oder zum Buchhalter bringen wollte, bekam einen regelmäßigen und etwas höheren Lohn. Im Datini-Archiv findet sich ein Vertrag mit Berto di Giovanni, einem jungen Mann aus Prato, der drei Jahre lang für Datini arbeiten, im ersten Jahr 15 Florin, im zweiten dann 20 und im dritten 25 erhalten und darüber hinaus alle Spesen ersetzt bekommen sollte. Auch existiert eine Empfangsbestätigung über den Lohn eines jungen Buchhalters, der zwölf Florin im Jahr erhielt. Die Schreiber und Buchhalter bzw. Kassierer standen auf der zweiten Sprosse der Leiter. Sie wurden mitunter auch Fattori-Scrivani, Contabili oder Chiavai genannt. Sie führten die Bücher (schrieben und rechneten also, italienisch: scrivere und contare) und ihnen waren die Schlüssel, chiavi, für die Geldtruhen und Handkassen anvertraut.
Sammlung, Sichtung, Ordnung und schließlich Eintrag in rechenhaften Formen geschah in mehreren Stufen. So sind Datinis rund 600 Libri contabili Rechnungsbücher von ganz verschiedener Art, angefangen bei den Quadernacci di Ricordanze, die nichts weiter sind als Notizbücher, oder, wie der Name besagt Erinnerungsheftchen, in denen täglich Einnahmen und Ausgaben so, wie sie gerade anfielen, festgehalten wurden, dazu allerlei Notizen, ja sogar stichwortartig die neuesten Nachrichten vom Tage. In den Memoriali wurden dann die Einträge aus den Ricordanze systematisch zusammengestellt. Die Libri grandi schließlich, die jede Gesellschaft führte, und zwar in doppelter Buchführung, waren bei Francesco prachtvoll in Pergament oder in Leder gebunden, trugen seine Handelsmarke und waren fortlaufend mit den Buchstaben des Alphabets versehen. Nach damaligem Brauch war die Vorderseite des ersten Blattes fast immer mit einer religiösen Sentenz überschrieben wie: "Im Namen Gottes und der Heiligen Jungfrau Maria" oder "Im Namen Gottes und des Geschäfts". Außerdem wurden noch Ein- und Ausgangsbücher (libri d'entrata e d'uscita) geführt, auch Schuldner- und Kreditgeberbücher (libri dei debitori e creditori) genannt, in denen der Ein- und Ausgang von Bargeld eingetragen wurde, der dann wiederum in den Libri d'Entrata e d'Uscita della Cassa grande zusammengefasst wurde. In Avignon standen im Handelshaus Geldkassetten für das Bargeld, die allabendlich abgerechnet und danach in die Cassa grande entleert wurden, zu der Francesco Datini als einziger den Schlüssel besaß. Dann führte auch noch jedes einzelne Handelshaus seine Bücher, in denen Inventarlisten, Quittungen und Frachtbriefe etc. enthalten waren; die Partner und Faktoren im Ausland führten ebenfalls Buch, und außerdem gab es noch Immobilienregister, Lohnlisten, dazu die zwölf Handlungsbücher des Tuchbetriebs in Prato. Schließlich führte Datini auch privat Buch und hielt in den Kontobüchern "di Francesco proprio" seine persönlichen Ausgaben und die Ausgaben für seinen Haushalt fest, während er Partnerschaftsverträge, Abrechnungen, die über den jeweiligen Kapitalstand eines jeden Firmenmitglieds Aufschluss gaben, sowie Bilanzen vor allem in einem Libro segreto, einem geheimen Buch, niederlegte. Das Recht des Kaufmanns, diese Bücher öffentlicher Prüfung zu verschließen, war so fest verankert, dass ein Freund Datinis, als die Steuerbeamten der Stadtkommune von Florenz 1401 verlangten, sämtliche Bücher einzusehen, dazu schrieb: "Die finanzielle Notlage der Kommune zwingt sie, diese Schamlosigkeit zu begehen."
[Bearbeiten] Datinis Archiv
Datini begann bereits ab 1364 in Avignon, seine Papiere aufzubewahren. Die meisten Dokumente stammen aus den Jahren 1382 bis 1410, also der zweiten Hälfte seines Kaufmannslebens. Das Datini-Archiv ist mit Abstand das umfangreichste erhaltene Kaufmannsarchiv des Mittelalters. Es umfaßt rund 150.000 "Stücke" in 592 Mappen, davon mehr als 125.000 Geschäftsbriefe, rund 11.000 Privatbriefe, und weitere 15.802 Dokumente sonstiger Art. Allein die knapp 600 Rechnungs- und Hauptbücher bilden einen gewaltigen Fundus. Des weiteren finden sich rund 300 Partnerschaftsverträge, meist Verträge anderer Firmen, die mit Datinis Firmen in Geschäftsverbindung standen. Schließlich neben einer Vielzahl weiterer Dokumente etwa 5.000 Wechsel. Alle diese Dokumente befinden sich bis heute im ehemaligen Haus des Francesco und der Margherita Datini in Prato in der Via Lapo Mazzei. Das Obergeschoss befindet sich noch weitgehend im ursprünglichen Zustand. Kurz nach 1410 wurden heute stark verblasste Malereien durch die Stiftung angebracht. Die Fenster im Erdgeschoss sind erst im 17. Jahrhundert im Rahmen einer Renovierung verändert worden.
Als im 17. Jahrhundert die gesamte Einrichtung aus dem Haus entfernt wurde, um das Haus zu renovieren, riss man auch die "Papiere" Datinis aus den Schränken und deponierte sie unter einer Treppe des Hauses. Dort blieben sie bis 1870 liegen. Eigentlicher Wiederentdecker der Papiere der Prateser Erzdiakon Don Martino Benelli, der 1870 mit Hilfe von Don Livio Livi die in Säcken eingenähten Dokumente sortierte. Zunächst wanderten die Bestände während der Restauration des Datini-Hauses in die Bischofsresidenz. Erst 1958, anlässlich einer internationalen Ausstellung unter Beteiligung sowjetischer Wissenschaftler - schließlich hatten Datinis Handelsbeziehungen bis zur Krim gereicht - und unter Vorsitz des späteren Staatspräsidenten Luigi Einaudi, kam man überein, die Bestände wieder an ihren ursprünglichen Ort zurückzubringen. Das Innenministerium, dem in Italien alle Archive unterstehen, ordnete an, dass eine Dépendance des Florentiner Staatsarchivs eingerichtet werden sollte, die bald autonom wurde.
[Bearbeiten] Literatur
- Iris Origo, Luigi Einaudi: Im Namen Gottes und des Geschäfts. Lebensbild eines toskanischen Kaufmanns der Renaissance, Francesco do Marco Datini. Beck, München 1993, ISBN 3-406-30861-9.
- Joseph Patrik Byrne. Francesco Datini, "father of many" : piety, charity and patronage in early modern Tuscany. 1995.
Personendaten | |
---|---|
NAME | di Marco Datini, Francesco |
ALTERNATIVNAMEN | Datini, Francesco |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Kaufmann |
GEBURTSDATUM | 1335 |
GEBURTSORT | Prato, Italien |
STERBEDATUM | 1410 |