Fraternisierung (Krieg)
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar. Hilf mit, die Situation in anderen Ländern zu schildern. |
Als Fraternisierung (von lateinisch frater: "Bruder") bezeichnet man im Kontext von Krieg und Besatzung die Verbrüderung von Soldaten untereinander oder zwischen Besatzungssoldaten und der einheimischen Bevölkerung. Oft ist die Fraternisierung den Soldaten durch die militärische Führung verboten.
[Bearbeiten] Fraternisierungsverbot
Als Fraternisierungsverbot bezeichnet man das Dekret der westlichen Alliierten, dass ihre Truppen keinen gesellschaftlichen Umgang mit der deutschen Bevölkerung pflegen durften. Dieses Verbot währte von Herbst 1944 bis zum 1. Oktober 1945.
In dem Ausbildungsfilm No Fraternisation der US-Army aus dem Jahr 1945 lauten die Warnungen und Ermahnungen:
„Deutschland scheint geschlagen. Du siehst Ruinen, du siehst Blumen, du siehst schöne Landschaften. Lass dich nicht verwirren; du bist in Feindesland. Sei auf der Hut, sei misstrauisch; jeder Deutsche kann eine Gefahr sein. Es darf keine Fraternisierung geben. Fraternisierung heißt: sich Freunde machen, aber die Deutschen sind nicht unsere Freunde. Sie können nicht kommen und ihre Hand ausstrecken und sagen: Es tut uns leid. Es tut ihnen nicht leid, dass sie den Krieg verursacht, sondern dass sie ihn verloren haben.“
Im Herbst 1944 betraten erstmals alliierte Verbände deutschen Boden: Aachen wurde erobert und der weitere Vormarsch war nur eine Frage der Zeit. Aus mehreren Gründen erwog deshalb die alliierte Truppenleitung das Verbot des Umgangs mit der deutschen Bevölkerung:
- Widerstand: Man befürchtete deutsche Sabotageakte oder Untergrundbewegungen, ähnlich der Resistance in Frankreich.
- Kriegsschuld: Durch das öffentliche Zeigen der Ignoranz sollte den Deutschen deutlich werden, dass sie alle am Krieg und seinen Verbrechen Schuld hätten, und nicht nur das Militär oder das NS-Regime.
- Heimat: Man wollte in den eigenen Ländern die Vorstellung vermeiden, dass man Deutsche nach all den Kriegsgräueln wie Freunde behandelte.
Obwohl die Armeeführung harte Sanktionen bei Nichtbeachtung des Befehls androhte, konnte der Befehl nie wirklich durchgesetzt werden. Es waren keine Einheiten übrig, um zu prüfen, wie sehr sich die Soldaten an die Anweisung hielten, und nach zwei, drei Monaten merkten die alliierten Soldaten, dass von den Deutschen kaum Gefahr ausging. Somit wurde das Fraternersierungsverbot inoffiziell immer mehr gelockert, bis es schließlich am 1. Oktober 1945, am Anfang der Besatzungszeit, endgültig aufgehoben wurde.
Etwa ein Jahr später kam es im gesamten westlichen Besatzungsgebiet bereits zu geschätzten 180.000 Eheschließungen allein im deutsch-amerikanischen Bereich.