Galvanokaustik
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Der Begriff Galvanokaustik bezeichnet
- eine medizinische Operationsmethode
- ein Verfahren zur Herstellung von Druckplatten im Hoch- und Tiefdruck
[Bearbeiten] Medizintechnik
In der Medizin wird damit eine Operationsmethode bezeichnet, die mittels galvanischen Strom erzeugte Glühhitze zu chirurgischen Zwecken einsetzt. Der breslauer Mediziner Albrecht Theodor Middeldorpf (1824-1868) entwickelte diese Methode und führte sie in die Praxis ein.
Ein dünner Platindraht wird zwischen zwei Pole einer galvanischen Kette geschaltet. Sobald der Stromkreis geschlossen wird, beginnt der Draht zu glühen. Verschiedene Vorrichtungen der Medizin werden mit diesem Prinzip in Anwendung gebracht: kugel- oder messerförmige Instrumente, mittels deren man statt des Glüheisens chirurgisch trennen und schneiden kann. Zum „Schneiden“ wird ein Stück Platindraht angewendet, den Galvanokauter. Zum „Brennen“ wickelt man den Platindraht um einen kleinen Porzellankegel.
Die von dem Chirurgen Victor von Bruns (1812-1883) entwickelte galvanokaustische Schneideklinge war vorzugsweise im Gebrauch und ersetzte das langsame Abschnüren durch straff umgelegte Fäden. Der Platindraht von 0,3-1 mm Stärke wird in Form einer Schlinge um den zu trennenden Körperteil herumgeführt und zusammengezogen. Die Blutung durch das „Verschweißen“ des Schnittes ist sehr gering, was bei Abtragungen von sehr blut- und gefäßreichen Teilen von besonderem Wert ist. Außerdem ist die galvanokaustischen Schneideschlinge dazu geeignet an sehr schwer zugänglichen Stellen zu operieren und die Glühhitze einwirken zu lassen, nachdem man zuvor ungehindert den noch kalten Draht appliziert. Die Galvanokaustik eignet sich besonders Operationen im Mund, am Mastdarm und am männlichen Glied.
[Bearbeiten] Technik (Metallbearbeitung)
In der Technik bezeichnet man als Galvanokaustik oder galvanisches Gravieren ein kombiniertes Ätzverfahren, das sowohl eine chemische als auch eine galvanischem Reaktion beinhaltet. Gegenüber dem gewöhnlichen Ätzen bietet die Galvanokaustik den Vorteil, dass eine nur ganz schwache Ätzflüssigkeit angewandt wird, wodurch ein Unterfressen der Linien der Zeichnung vermieden wird. Eine Metallplatte aus Kupfer oder Stahl wird mit Deckgrund überzogen, in den man die Zeichnung radiert (bis auf das Metall freilegt). Die Platte wird dann in eine schwache Kupfervitriollösung oder stark verdünnte Schwefelsäure gehängt und mit dem positiven Pol einer Spannungsquelle verbunden. Der negative Pol befindet sich an einer Eisenplatte (unedleres Metall). Das Metall der Kupferplatte löst sich an allen nicht bedeckten Stellen der Platte und ergibt eine Vertiefung an diesen Stellen. Die Einfärbung der Platte kann dann als Hochdruckverfahren oder Tiefdruckverfahren erfolgen. In der Regel werden damit Walzen graviert, die für den Druck von Geweben, Tapetenrollen usw. verwendet werden.
[Bearbeiten] Literatur
- Middeldorpf, Die Galvanokaustik (Breslau 1854)
- Bruns, Galvanochirurgie (Tübingen 1870)
- Hedinger, Die Galvanokaustik seit Middeldorpf (Stuttgart 1878)
Siehe auch: Faradaysches Gesetz, Galvanotechnik
Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel soweit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen. |