Guter Glaube
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Guter Glauben (lat. bona fides) ist ein Begriff aus der Rechtswissenschaft. Bedeutung erlangt er vor allem beim Gutglaubensschutz, dabei handelt es sich um einen Vertrauensschutz in einen Rechtsschein.
Das Fehlen von gutem Glauben bezeichnet man als Bösgläubigkeit.
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[Bearbeiten] Deutschland
[Bearbeiten] BGB allgemeiner Teil
Bei der Vorlage einer Vollmachtsurkunde im Original ist der Vertragspartner im Regelfall berechtigt, den Schutz des guten Glaubens in Anspruch zu nehmen (§ 172 BGB)
[Bearbeiten] Sachenrecht
Von besonderer rechtlicher Bedeutung ist der gutgläubige Erwerb des Eigentums an beweglichen Sachen gemäß § 932 BGB. Ein Erwerber kann von einem Veräußerer, der nicht Eigentümer, aber Besitzer ist, Eigentum an der Sache erwerben. Die Voraussetzung ist, dass der Erwerber gutgläubig in Bezug auf das Eigentum des Veräußerers ist. Er darf also weder wissen, noch aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht wissen, dass der Veräußerer nicht Eigentümer ist, so § 932 Absatz 2 BGB. Damit trifft das Gesetz eine Definition des Guten Glaubens. Die Sache darf dem richtigen Eigentümer aber nicht abhanden gekommen – also etwa gestohlen – sein, bestimmt § 935 BGB. Hier bildet der Besitz des Veräußerers an der Sache den Rechtsschein, auf den der Erwerber vertrauen darf.
[Bearbeiten] Erbrecht
Der Erbschein begründet ebenfalls einen Gutglaubensschutz (§ 2366 BGB)
[Bearbeiten] Handelsrecht
Bei Handelsgeschäften genügt wegen der Flexibilität und Schnelligkeit des Geschäftsverkehrs und der Erfahrung von Kaufleuten auch der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis (§ 366 HGB). Ob hingegen auch der gute Glaube an die Vertretungsmacht (also das Handeln in fremdem Namen) geschützt wird, ist sehr umstritten, aber wohl eher abzulehnen.
Siehe auch: Scheingesellschaft.
[Bearbeiten] Schweiz
[Bearbeiten] Definition
Das schweizerische Recht liefert keine Legaldefinition des Begriffes. Wohl am besten umschrieben wird er wie folgt: "Guter Glaube ist das Fehlen des Unrechtsbewusstseins trotz eines Rechtsmangels." [1]
[Bearbeiten] Gesetzliche Verankerung
Die BV der Schweizerischen Eidgenossenschaft statuiert in Art. 5 Abs 3, dass der Staat und die Privaten nach Treu und Glauben handeln. Als Konkretisierung gilt im Zivilrecht die Gutglaubens-Präsumption. Gemäss Art. 3 ZGB wird sein Dasein vermutet, d.h. wer den guten Glauben seines Gegners bestreiten will, muss den Beweis für dessen Bösgläubigkeit erbringen (und nicht umgekehrt). Zudem muss zur Vermutung mit dem Beweis des Gegenteils umgestossen werden, ein Gegenbeweis reicht nicht aus.
Wer jedoch bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.
[Bearbeiten] Anwendungsfälle
Die folgende Liste ist nicht abschließend:
- Art. 714 Abs. 2 ZGB: gutgläubiger Eigentumserwerb
- Art. 884 Abs. 2 ZGB: gutgläubiger Pfandrechtserwerb
- Art. 895 Abs. 3 ZGB: Retentionsrecht
- Art. 933 ZGB: gutgläubiger Erwerb anvertrauter Sachen
- Art. 935 ZGB: gutgläubiger Erwerb von Geld und Inhaberpapieren
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Alfred Koller: Der gute und der böse Glaube im allgemeinen Schuldrecht. Freiburg i.Ü. 1984
- Carl Georg von Wächter: Die bona fides, insbesondere bei der Ersitzung des Eigenthums. Edelmann, Leipzig 1871 (Digitalisat)
[Bearbeiten] Weblinks
- BGH-Urteil zum Gutglaubensschutz bei Bankvollmacht
- § 932 BGB -- Bundesgesetze im Netz - zur Verfügung gestellt vom Bundesjustizministerium und Juris
- § 172 BGB -- Bundesgesetze im Netz - zur Verfügung gestellt vom Bundesjustizministerium und Juris
- § 2366 BGB -- Bundesgesetze im Netz - zur Verfügung gestellt vom Bundesjustizministerium und Juris
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