Heterogenität (Pädagogik)
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Heterogenität (auch: Inhomogenität) bezeichnet die Uneinheitlichkeit der Elemente einer Menge hinsichtlich eines oder mehrerer Merkmale.
In der pädagogischen Diskussion wird der Begriff der Heterogenität im Hinblick auf die Schüler in einer Lerngruppe verwendet. Er beschreibt die Unterschiedlichkeit der Schüler hinsichtlich verschiedener Merkmale, die als lernrelevant eingeschätzt werden. Diskutiert werden vor allem die Heterogenität hinsichtlich der schulischen Leistungen bzw. der Begabungen, hinsichtlich des Alters sowie die kulturelle Heterogenität in einer Lerngruppe.
Das deutsche Schulsystem zielt eher auf eine Vermeidung von heterogenen Lerngruppen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass alle Schüler vom gemeinsamen Unterricht profitieren können indem niemand über- oder unterfordert wird. Maßnahmen zur Herstellung homogener Lerngruppen sind die Trennung nach dem Alter der Schüler sowie das dreigliedrige Schulsystem nach der gemeinsamen Grundschule.
Diese Maßnahmen werden mit Argumenten vor allem aus drei Richtungen kritisiert: Erstens wird die Erreichbarkeit von Homogenität bezweifelt: So seien die Schulempfehlungen nach der Grundschule in hohem Maße zufällig. Zudem gebe es zu viele Merkmale, die für das schulische Lernen relevant seien. Zweitens wird die Zweckmäßigkeit homogener Lerngruppen bestritten: Heterogene Gruppen böten demnach besondere Gelegenheiten zum sozialen Lernen. Auch sei es möglich, dass erfahrenere Schüler andere anleiten. Drittens werden Nebeneffekte der Homogenisierung kritisiert: Die frühe Aufgliederung in Schultypen führe zu Ungleichheit im Hinblick auf Bildungschancen. Die Kritik insbesondere am dreigliedrigen Schulsystem bekam neuen Auftrieb durch die PISA-, und TIMSS-Studien.
Neuere Studien (nach Tillmann/Wischer 2006) stellen fest:
- Die Lerngruppen an deutschen Sekundarstufen sind im internationalen Vergleich sehr homogen hinsichtlich kognitiver Merkmale. Dennoch ist die Streuung z. B. der Lesekompetenz so hoch, dass schwache Gymnasialschüler etwa den Stand des Durchschnitt an Hauptschulen erreichen und starke Hauptschüler etwa den Stand des Durchschnitts an Gymnasien.
- Lernschwache oder lernbehinderte Schüler verschlechtern die Leistungsentwicklung stärkerer Schüler in derselben Lerngruppe nicht.
- Die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten fällt bei lernschwachen Schülern negativer aus, wenn sie in leistungsheterogenen Lerngruppen sind.
- Homogene Lerngruppen von Schülern mit Lern- und Erziehungsproblemen („Homogenisierung am unteren Ende“) verschlechtert deren Lernchancen erheblich.
[Bearbeiten] Literatur
- BRÄU, K./U. SCHWERDT (Hg. 2005): Heterogenität als Chance. Lit Verlag, Münster.
- BÜLTER, Helmut (2005): Heterogenität entdecken - Gemeinsamkeiten finden (Dokumentation einer Zusammenarbeit zwischen Schulen, Ausbildungsseminar und Universität). DIZ-Verlag der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Band 525. (siehe: Liste der Oldenburger VorDrucke, Heft 525/05, Bd. 1 und 2
- JENNESSEN, S. u.a. (2005): Heterogenität als Herausforderung in der Grundschule: ausgewählte Aspekte schulischer Handlungsmöglichkeiten. In: Lehren und Lernen nach IGLU / F. HELLMICH (Hrsg.). Oldenburg.
- THURN, S./K.-J. TILLMANN (2005): Laborschule – Modell für die Schule der Zukunft. Klinkhardt-Verlag, Bad Heilbrunn
- TILLMANN, Klaus-Jürgen; WISCHER, Beate: Heterogenität in der Schule. Forschungsstand und Konsequenzen. In: Pädagogik 3/2006.
[Bearbeiten] Zeitschriften
- PÄDAGOGIK (Beltz-Verlag) 9/2003
- FRIEDRICH-JAHRESHEFT XXII 2004