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Hornussen (Sport)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

„Abtun“, Abfangen des anfliegenden Nouss mit der Schindel. Ziel ist es, dass kein Nouss innerhalb des Spielfeldes ohne Berührung einer Schindel zu Boden fällt.
„Abtun“, Abfangen des anfliegenden Nouss mit der Schindel. Ziel ist es, dass kein Nouss innerhalb des Spielfeldes ohne Berührung einer Schindel zu Boden fällt.
„Schlagen“, Abschlag des Nouss vom Bock, Ziel ist es den Nouss möglichst weit zu schlagen.
„Schlagen“, Abschlag des Nouss vom Bock, Ziel ist es den Nouss möglichst weit zu schlagen.
Die Nouss auf dem Bock, kurz vor dem Abschlag durch den Stecken
Die Nouss auf dem Bock, kurz vor dem Abschlag durch den Stecken
Schindel und Schutzhelm
Schindel und Schutzhelm

Hornussen ist eine Schweizer Mannschaftssportart, die hauptsächlich in den Mittellandkantonen Bern, Solothurn und Aargau betrieben wird.

Das Hornussen wird zusammen mit dem Schwingen und dem Steinstossen zu den Schweizer Nationalsportarten gezählt. Ausserhalb der Schweiz gibt es nur durch zwei deutsche Gesellschaften in Münnerstadt und Grossrinderfeld einen regelmäßigen Spielbetrieb (Freundschaftsspiele und Deutsche Gruppenmeisterschaft). Ausserdem leben in Südafrika einige Hornusser, diese nehmen regelmäßig an den interkantonalen Festen und am Eidgenössischen Hornusserfest teil. Die Südafrikaner nennen das Hornussen Swiss Golf.

Das Hornussen verbindet sowohl Elemente des Einzelwettkampfes (Schlagen) mit Elementen des Mannschaftssportes (Abtun) als auch Angriff (Schlagen) und Verteidigung (Abtun). Die Elemente des Angriffs wurden im zwanzigsten Jahrhundert durch diverse Regeländerungen abgeschwächt.

Das Hornussen ist eng mit anderen Schlag- und Fangspielen wie Cricket, Baseball, Knurr and Spell oder Mazza sowie dem Scheibenschlagen in der Alemannischen Fasnacht verwandt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Begriffe

Gesellschaft 
Mannschaft, bestehend aus mehreren Spielern, wovon (je nach Spielmodus) 16–20 an einem Spiel teilnehmen.
Hornuss/Nouss 
Ursprünglich aus Holz oder Horn gefertigte Scheibe, welche ins Ries geschlagen wird. Der Begriff „Hornuss“ leitet sich vom Wortstamm Horn ab. Den gleichen Wortstamm haben verschiedene ausgestorbene Spiele wie Hürnen, Hora schlagen, Horniggle, Horranus etc. Die Nouss wird heute aus Kunststoff hergestellt (Spritzguss).
Ries  
Trapezförmiges Spielfeld von 200m Länge. Das Spielfeld beginnt 100m vom Abschlagort (Bockstand) und hat dort eine Breite von 10 Meter, 300m vom Abschlagort ist die Breite 15 Meter. Die Länge des Spielfelds ist vom Spielmodus abhängig.
Stecken  
Ursprünglich Weidenrute mit am Ende befestigtem runden Hartholzklotz (Träf). Heute meist aus Karbonfaser oder Fiberglas gefertigt.
Träf  
Runder Klotz aus gepresstem Hartholz
Bock  
Abschlagrampe aus Aluminium oder Stahl
Schindel 
Abfangschaufel (in der Form ähnlich einer Bäckerschaufel). Wird verwendet, um den fliegenden Nouss vor dem Fall auf den Boden zu stoppen.
Streich  
Einzelner Schlag
Nummero  
Nouss, der nicht durch Schindel gestoppt wird, sondern innerhalb des Spielfeldes zu Boden kommt. Zählt für die Bewertung der Mannschaftsleistung.
Punkte  
Schlagweite der Streiche über 100 Meter (pro zusätzliche 10 Meter ein Punkt). Wird für Bewertung der Einzelleistung und der Mannschaftsleistung verwendet. Mannschaften der Nationalliga A erzielen in einem Spiel zwischen 1300 und 1100 Punkte, Mannschaften der Nationalliga B zwischen 1200 und 1000 Punkte.
Stärkeklasse
Anhand der Festresultate berechnete Spielstärkeklasse einer Mannschaft. Wird für die Einteilung bei Hornusserfesten verwendet. Nicht zu verwechseln mit der Ligazugehörigkeit (Meisterschaft).

[Bearbeiten] Das Spiel

[Bearbeiten] Spieldauer

Ein Spiel hat keine fix festgelegte Dauer (wie dies z. B. beim Fussball üblich ist). Im Normalfall (Wettspiel/Meisterschaft/Kleinanlass) werden 2 Umgänge gespielt, wobei jede Mannschaft pro Umgang einmal schlägt und einmal abtut. Jeder einzelne Spieler schlägt pro Umgang 2 Streiche. Das Spielen von 2 Umgängen nimmt ca. 3 - 4 Stunden in Anspruch.

Bei Hornusserfesten werden 3 Umgänge - an Eidgenössischen Hornusserfesten sogar 4 Umgänge - gespielt. Dabei wird der erste Umgang, bei den eidgenössischen Festen die ersten zwei Umgänge, als Anhornussen (Analog "Qualifikationsrunde" bei anderen Sportarten) bezeichnet. Für die verbleibenden Umgänge (dem Ausstich) werden die Gegner dem Resultat des Anhornussens entsprechend neu eingeteilt.

Während bei Hornusserfesten mit 3 gespielten Umgängen der Wettkampf am selben Tag abgeschlossen wird, findet der Ausstich beim Eidgenössischen Fest am Folgetag statt.

[Bearbeiten] Sieg

Es gewinnt die Gesellschaft mit weniger Nummero, d. h. diejenige bei welcher weniger Hornusse unabgetan (ungestoppt) im Spielfeld zu Boden gegangen sind. Herrscht Gleichstand entscheidet das Total der Schlagpunkte, sind auch die Schlagpunkte identisch, entscheidet das längste Ries (Ries: Total 1. Streich, Total 2. Streich etc.). Ein Unentschieden als Spielresultat kann somit ausgeschlossen werden.

Zusätzlich zur Mannschaftswertung wird bei der Schweizermeisterschaft und bei Festanlässen eine Einzelschlägerwertung geführt. Massgeblich für die Einzelschlägerwertung sind bei Festanlässen die geschlagenen Punkte. Die komplexere Wertung in der Meisterschaft umfasst, um Mannschaften mit vorteilhaften Spielfeldern nicht zu begünstigen, zusätzlich Rangpunkte aus den einzelnenen Spielen.

[Bearbeiten] Zvieri und Wettspiel

In den Ursprüngen des Hornussens oblag die Bezahlung des, nach dem Spiel eingenommenen, Zvieri (Brotzeit) der verlierenden Gesellschaft. Heute wird zwischen den Mannschaften stattdessen eine Wette über den Spielausgang abgeschlossen. Der Einsatz liegt bei 50-100CHF pro Spiel. Diese Wetten sind auch bei reinen Freundschaftsspielen üblich weshalb diese als Wettspiele bezeichnet werden. Zwischen einzelnen Spielern ähnlicher Spielstärke ist es ebenfalls üblich, über die geschlagenen Punkte ein Bier zu verwetten.

[Bearbeiten] Verletzungen

Die 78 Gramm schwere Nouss trifft mit bis zu 160 km/h im Ries ein. Trotz fehlender Verpflichtung zum Tragen von Schutzausrüstung (Helmpflicht nur für Spieler mit Jahrgang 1984 oder jünger) sind Verletzungen durch direkte Körpertreffer selten. Dies ist unter anderem auch einer veränderten Spielphilosophie zu verdanken: In den Zeiten ohne festes Regelwerk (vor 1900) wurden Körpertreffer häufig höher gewertet als Nummero, später wurden sie zumindest billigend in Kauf genommen. Das absichtliche Schlagen des Nousses in eine flache (den Horizont kaum übersteigende) Flugbahn wurde in der zweiten Hälfte des 20sten Jahrhunderts durch die Einführung der Schussblende (siehe Fotografie) verhindert. Eine weitere Regeländerung strich das Recht auf einen zusätzlichen Schlag nach einem gefallenen Nummero.

[Bearbeiten] Physik

Bei Versuchen der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) wurden die folgenden Werte gemessen:

  • Flugweite des Nouss: Bis 330 Meter
  • Flughöhe des Nouss: Bis 70 Meter
  • Geschwindigkeit bei Abschlag: Bis 306 km/h
  • Geschwindigkeit bei Aufprall: Bis 160 km/h

[Bearbeiten] Geschichte

Die Ursprünge des Hornussens sind nicht geklärt. In der Literatur (Jeremias Gotthelf) sind Hornusserspiele bereits im 19. Jahrhundert beschrieben. Damals war das Hornussen ein spielerischer Wettkampf zwischen Jungbauern im Emmental und wurde hauptsächlich im Herbst auf den abgeernteten Äckern gespielt. Die Regeln wurden jeweils vor Spielbeginn zwischen den Mannschaften vereinbart. Spieleinsatz war ein Zvieri (inkl. Getränke) welches die Verlierergesellschaft der Gewinnenden ausrichten musste. Im Anschluss an die Spiele wurden, befeuert durch Regelstreitigkeiten und Alkoholkonsum, häufig Raufhändel ausgetragen. Dies und die Tatsache, dass die Spiele meist am Sonntag stattfanden (was den Kirchgang tangierte) führte zu einigen Verbotsversuchen durch die Obrigkeit.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte auch beim Hornussen die Vereinsbildung und Reglementierung ein. 1902 wurde der Nationale Dachverband (Eidgenössischer Hornusserverband) gegründet. Der Eidgenössische Verband und seine Regionalen Unterverbände organisieren die Meisterschaft der Nationalliga A und B sowie der restlichen 5 Ligen, das alle 3 Jahre stattfindende Eidgenössische Hornusserfest, das Hornussen am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest sowie die jährlich stattfindenden Unterverbands- und Interkantonalen Feste.

[Bearbeiten] Aberglaube und Etikette

  • Unter Hornussern ist der Aberglaube verbreitet, dass das Töten von Hornissen in einem Jahr, in welchem ein Eidgenössisches Hornusserfest stattfindet, Unglück bringt. Das Eidgenössische Hornusserfest findet alle 3 Jahre statt, zum nächsten Mal im Jahr 2009.
  • Es gilt als unpassend, dass die schlagende Mannschaft nach dem Fallen eines Nummero jubelt.
  • Das Absichtliche "suchen" eines Nummero durch zu hohes bzw. zu tiefes Setzen des Nouss (ergibt, auf Kosten der Schlagpunkte, unüblich hohe oder sehr flache Flugbahn) ist zwar Regelkonform, aber verpönt.

[Bearbeiten] Weblinks

Andere Sprachen
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