Kosmische Geschwindigkeiten
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Als kosmische Geschwindigkeiten bezeichnet man Mindestgeschwindigkeiten, die ein ballistisches Geschoss – ohne Berücksichtigung des Luftwiderstands – bräuchte, um nach dem Abschuss ohne weitere Beschleunigungsmanöver dem Gravitationsfeld eines kosmischen Körpers zu entkommen.
Nach der Erde, der Sonne oder der Milchstraße (Galaxis) berechnet man vier Geschwindigkeiten. Sie sind keine Naturkonstanten, sondern werden für jedes Gravitationsfeld eigens berechnet. Im Wesentlichen haben sie theoretische Bedeutung; in der Raumfahrt sind oft deutlich geringere Geschwindigkeiten nötig, da Raumfahrzeuge und Raumsonden einen eigenen Antrieb mitführen oder durch Swing-by-Manöver an großen Planeten zusätzlich beschleunigt werden.
Viele beobachtete kosmische Körper wie Asteroiden, Planetesimale und andere Sterne in Bezug zum Milchstraßenkern usw. weisen Geschwindigkeiten auf, die einer der vier kosmischen Geschwindigkeiten nahe kommen. Dies hat statistische Gründe, denn Körper mit anderen Geschwindigkeiten entziehen sich den erwarten Bahnen und somit der Beobachtung. Eine Gesetzmäßigkeit, nach der kosmische Körper dazu tendieren, bevorzugt bestimmte Geschwindigkeitsstufen einzunehmen, wird ausgeschlossen.
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Erste kosmische Geschwindigkeit
Die erste kosmische Geschwindigkeit (russischer Sprachgebrauch) oder Kreisbahngeschwindigkeit (US-amerikanischer Sprachgebrauch), v1, ist die Geschwindigkeit, bei der ein tangential zu einer Planetenoberfläche bewegter Körper gerade nicht mehr auf den Planeten zurückfällt, sondern sich auf einer Kreisbahn nahe der Oberfläche des Planeten bewegt.
Es ist die Geschwindigkeit, die benötigt wird, um eine erdnahe Umlaufbahn zu erreichen. Sie ist die Geschwindigkeit, die ein Satellit mindestens haben muss, um nicht auf die Planetenoberfläche aufzuprallen. Die Kreisbahn ist eine beschleunigte Bewegung, da der Satellit permanent in Richtung des Planeten beschleunigt wird. Es muss also eine Kraft in Richtung Kreisbahnmittelpunkt wirken. Diese Kraft nennt man Zentripetalkraft. In diesem Fall wird diese Kraft durch die Gravitationskraft aufgebracht. Die Kreisbahngeschwindigkeit folgt also aus dem Gleichsetzen von Gravitationskraft und Zentripetalkraft. Auf der Erde beträgt die Kreisbahngeschwindigkeit ca. 7,9 Kilometer pro Sekunde.
Voraussetzung: Gravitationskraft = Zentripetalkraft
oder über das Newtonsche Gravitationsgesetz
mit .
Es ist zu beachten, dass für den Erdradius der Wert am Äquator und für die Schwerebeschleunigung der entsprechende Wert ohne die Erdrotation eingesetzt wurde. Je nachdem, ob mit oder entgegen der Erddrehung oder in einem anderen Winkel gestartet wird, ergeben sich unterschiedliche Geschwindigkeiten in Bezug auf die Oberfläche. Wird am Äquator tangential zur Oberfläche nach Osten gestartet, so sind nur etwa 7,44 km/s nötig.
Zweite kosmische Geschwindigkeit
Die zweite kosmische Geschwindigkeit braucht ein Körper, um das Gravitationsfeld eines Planeten zu verlassen. Für die Erde ist sie auf ihrer Oberfläche etwa 11,2 km/s. Siehe auch Fluchtgeschwindigkeit.
Dritte kosmische Geschwindigkeit
Damit ein von der Erde gestartetes Objekt das Sonnensystem verlassen kann, muss es die dritte kosmische Geschwindigkeit erreichen. Sie beträgt 42,1 km/s heliozentrisch oder mindestens 12,3 km/s geozentrisch (Erdumlaufgeschwindigkeit = 29,8 km/s). Hinzu kommt noch die zur Überwindung des Erdgravitationsfeldes nötige Fluchtgeschwindigkeit, so dass für die resultierende Abschussgeschwindigkeit von der Erdoberfläche gilt:
Somit beträgt die 3. kosmische Geschwindigkeit vom Erdboden aus mindestens 16,6 km/s.
Vierte kosmische Geschwindigkeit
Die vierte kosmische Geschwindigkeit, die ähnlich wie die dritte berechnet wird, ist schließlich nötig, um auch die Galaxis zu verlassen. Sie beträgt 129 km/s (heliozentrisch).