Lineare Differenzengleichung
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Lineare Differenzengleichungen oder lineare Rekursionsgleichungen sind Beziehungen einer besonders einfachen Form zwischen den Gliedern einer Folge. Das bekannteste Beispiel ist die Fibonacci-Folge
konkret
- 0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, …
Jedes Folgenglied ist also die Summe der beiden vorherigen.
Allgemein nennt man jede Gleichung der Form
- an + 1 = uan + van − 1
eine (homogene) lineare Differenzengleichung 2. Ordnung (mit konstanten Koeffizienten).
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Lösungstheorie homogener linearer Differenzengleichungen 2. Ordnung
Die erste Idee zur Lösung besteht in der Beobachtung, dass derartige Folgen meist exponentiell wachsen. Das legt den ersten Ansatz an = λn nahe. Eingesetzt ergibt das
- λn + 1 = uλn + vλn − 1,
nach Division durch λn − 1 also
- λ2 − uλ − v = 0.
Diese quadratische Gleichung heißt charakteristische Gleichung der Rekursion. Folgen der Form an = λn mit einem λ, das (reelle oder komplexe) Lösung der charakteristischen Gleichung ist, erfüllen also die gewünschte Rekursionsgleichung.
Die zweite Idee ist die der Linearkombination: Sind an und bn Folgen, die die Rekursionsgleichung erfüllen, so gilt das auch für
- cn = xan + ybn
für beliebige (reelle oder komplexe) Zahlen x,y. (Man kann das auch so ausdrücken: Die Menge aller Folgen, die die Rekursionsgleichung erfüllen, bildet einen Vektorraum.)
Sind jetzt Anfangswerte a0,a1 gegeben, und hat die charakteristische Gleichung zwei verschiedene Lösungen λ1,λ2, so können die Koeffizienten x,y aus dem folgenden linearen Gleichungssystem bestimmt werden:
Dann gilt für alle n.
Im Beispiel der Fibonacci-Folge sind
es ergibt sich also die so genannte Binet-Formel
[Bearbeiten] Sonderfall: die charakteristische Gleichung hat eine doppelte Lösung
Hat die charakteristische Gleichung nur eine, doppelte Lösung, so hat die allgemeine Lösung die Form
- an = xλn + ynλn.
Beispielsweise erfüllt an = n (also x = 0,y = 1,λ = 1) die Rekursionsgleichung
- an + 1 = 2an − an − 1.
[Bearbeiten] Allgemeine Theorie
Eine Lineare Differenzengleichung k-ter Ordnung besitzt allgemein die Form:
ak(n)f(n + k) + ak − 1(n)f(n + k − 1) + ... + a0(n)f(n) = b(n)
Ist die rechte Seite b(n) = 0 für alle , dann ist die Gleichung homogen. Ansonsten ist sie inhomogen.
[Bearbeiten] Rechenregeln
[Bearbeiten] Satz 1
Sind f1 und f2 Lösungen der homogenen linearen Differenzgleichung ak(n)f(n + k) + ak − 1(n)f(n + k − 1) + ... + a0(n)f(n) = 0, dann ist auch αf1 + βf2 für beliebige eine Lösung.
[Bearbeiten] Satz 2
Sind f1 und f2 Lösungen der inhomogenen linearen Differenzgleichung ak(n)f(n + k) + ak − 1(n)f(n + k − 1) + ... + a0(n)f(n) = b(n), dann ist f1 - f2 eine Lösung der zugehörigen homogenen linearen Differenzgleichung mit b(n) = 0 für alle .
[Bearbeiten] Satz 3
Ist f1 eine Lösung der inhomogenen linearen Differenzgleichung ak(n)f(n + k) + ak − 1(n)f(n + k − 1) + ... + a0(n)f(n) = b(n) und f2 eine Lösung der zugehörigen homogenen linearen Differenzgleichung mit b(n) = 0 für alle , dann ist auch f1 + αf2 für beliebige
eine Lösung der inhomogenen linearen Differenzgleichung.
[Bearbeiten] Lösung linearer Differenzengleichungen mit konstanten Koeffizienten
Eine lineare Differenzengleichung mit konstanten Koeffizienten hat die Form akf(n + k) + ak − 1f(n + k − 1) + ... + a0f(n) = b(n). Alle ai sind konstant.
[Bearbeiten] Lösung der homogenen Gleichung
Mit dem Ansatz f(n) = λn wird eine Lösung der homogenen Gleichung akf(n + k) + ak − 1f(n + k − 1) + ... + a0f(n) = 0 ermittelt.
Dies führt auf die charakteristische Gleichung
Die verschiedenen Nullstellen der Gleichung ergeben dann die linear unabhängigen Lösungsfolgen und damit eine homogene Lösung.
Sind die Nullstellen nicht verschieden, so kommt die zu dieser Nullstelle gehörende Lösungsfolge nicht mit einem konstanten Faktor in der Lösung vor, sondern als Vielfaches eines Polynoms in n, dessen Grad um 1 kleiner ist als die Vielfachheit der Nullstelle.
Beispiel:
-
homogene Differenzengleichung Ansatz: charakteristische Gleichung mit Lösung der Gleichung als Linearkombination der Lösungen, Konstanten können aus Anfangsbedingungen bestimmt werden.
[Bearbeiten] Partikuläre Lösung
Die Bestimmung geschieht hier analog zu Differentialgleichungen.
Störfunktion u(n) | Ansatz partikuläre Lösung |
Konstante | Konstante |
Polynom | Polynom gleichen Grades |
un | ![]() |
![]() |
![]() |
Falls das Einsetzen des Ansatzes in die Differenzengleichung ein Ergebnis der Art 0 = 0 liefert, ist der Ansatz mit n,n2,n3 zu multiplizieren, bis er nicht mehr 0 = 0 liefert.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
Wikibook: Lineare Rekurrenzen, Potenzreihen und ihre erzeugenden Funktionen