Literaturverlag Droschl
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Der Literaturverlag Droschl hat seinen Sitz in Graz, der "heimlichen Hauptstadt der Literatur", und widmet sich ausschließlich und mit bemerkenswerter Kontinuität der Gegenwartsliteratur, deutsch- und fremdsprachigen Autoren gleichermaßen.
Die ersten Titel erschienen 1978 (Kunstbücher von Giuseppe Zigaina und Adolf Frohner), nachdem es Droschl schon seit mehreren Jahren als Galerie und Buchhandlung gegeben hatte. Unter den ersten Autoren waren so bekannte Namen wie Wolfgang Bauer und Bernhard Hüttenegger, in den nächsten Jahren folgen Helmut Eisendle, Gerhard Roth, Klaus Hoffer, Reinhard P. Gruber und Alfred Kolleritsch.
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[Bearbeiten] Gegenwartsliteratur
Schon mit den ersten Büchern bei Droschl war es klar, daß von den vielen Schreibweisen dieses Landes besonders die Tradition der Aufsässigen, der formalen Erneuerer und Traditionsbrecher, der ›Schwierigen‹, einen Publikationsort gefunden haben würde. Die ersten Bücher – von Autoren wie Reinhold Aumaier, Lucas Cejpek, Michael Donhauser, Antonio Fian, Eleonore Frey, Ingram Hartinger, Gabriel Loidolt, Gian Pedretti, Georg Pichler, Walter Vogl oder Peter Waterhouse –, alles in den 80er Jahren, verkauften sich zwar bescheiden, errangen aber durchwegs die Aufmerksamkeit der Kritiker und literarische Preise und Auszeichnungen. Dieses risikofreudige Publizieren von Erstveröffentlichungen wurde fortgesetzt: Debütbände von Bettina Balàka, Helga Glantschnig, Lydia Mischkulnig, Rosa Pock, Sissi Tax, Matthias Göritz, Ingeborg Horn und Almut Tina Schmidt erschienen; der Siegeszug von Werner Schwab begann 1992 mit den Stücken in seinem Erstlingsband Fäkaliendramen; 1988 ging der 3sat-Preis des Bachmann-Preises an Anselm Glück; Klaus Händl erhielt 1994 sowohl den Rauriser Literaturpreis als auch den Robert Walser Preis für sein Debüt; 1995 erhielt Gundi Feyrer das Grazer Stadtschreiberamt und 1997 den Preis des Landes Kärnten; 1999 wurde Bettina Balàka mit dem Meta-Merz-Preis und dem Ö1-Essay-Preis ausgezeichnet; die erste Trägerin des Holfeld-Tunzer-Preises war 2001 Sissi Tax, Bodo Hell wurde nun im März 2003 der Preis der Literaturhäuser verliehen; und Ernst Jandl rühmte den Verlag (in Profil) als mutige und dynamische Ausnahme in der Verlagslandschaft. Diese jüngeren Autoren stehen neben den bereits anerkannten älteren, die im Droschl-Programm mit Werkausgaben vertreten sind, Autoren, deren Bedeutung von Kritik, Literaturwissenschaft und Preisgebern untermauert wurde: Wilhelm Muster, Alfred Kolleritsch, Wolfgang Bauer, Reinhard P. Gruber …
[Bearbeiten] Übersetzungen
Ein zweiter Schwerpunkt der Droschl-Aktivitäten sind die Übersetzungen. Der erste Titel erschien 1986: Frisbees, zweisprachige Gedichte von Giulia Niccolai, der »Mutter der italienischen Avantgarde«; seitdem werden kontinuierlich Bücher veröffentlicht: die modernen Klassiker Miguel de Unamuno, Victor Segalen, Henri Michaux, Julien Gracq, Michel Butor, Michel Leiris und Paul Bowles. Für seine Michaux-Übersetzungen erhielt Dieter Hornig übrigens den Aristeion-Preis der Europäischen Union. Im Falle von Lyrik erscheinen oft zweisprachige Ausgaben – von Tomas Šalamun und Tadeusz Rozewicz, von Bohumila Grögerová und Josef Hiršal, der Ungarn Endre Kukorelly und Dezső Tandori, von englischer (Michael Hamburger, Basil Bunting) und amerikanischer Lyrik (Robert Creeley), von marokkanischen Geschichten (von Mohammed Mrabet und Larbi Layachi) und kroatischen und bosnischen Autorinnen (wie Irena Vrkljan und Dragana Tomaševic). Viele Autoren wurden mit ihren Droschl-Veröffentlichungen dem deutschsprachigen Publikum zum ersten Mal vorgestellt, angefangen mit Andrea Zanzotto, Marina Palej, Maja Vidmar, César Aira bis zu Rada Ivekovic, Ferenc Szijj, László Garaczi und Tobias Wolff. 1992 wurde Heimrad Bäckers Verlag edition neue texte übernommen. Sie versammelte kompromißlose Entwürfe einer neuen Art von Literatur in einem konsistenten Programm; ein Verlagsprogramm, das die von rigoroser Sprachreflexion wie von striktem Materialbezug gleichermaßen bestimmten Stränge der Moderne weiterentwickelte und so eine kontinuierliche Brücke zwischen den ›älteren‹ Autoren etwa der Wiener Gruppe und den nachfolgenden Generationen ermöglichte – ein verdientes Forum ›experimenteller‹, sprachkritischer Schriftsteller wie Franz Josef Czernin, Andreas Okopenko, Reinhard Priessnitz, Gerhard Rühm, Ferdinand Schmatz, Dominik Steiger oder Hansjörg Zauner; Elfriede Gerstl wurde 1999 für ihr Werk sowohl mit dem Trakl-Preis als auch mit dem Erich-Fried-Preis ausgezeichnet, und Heimrad Bäckers Lebenswerk wurde Ende 2002 in einer umfassenden Ausstellung in der Landesgalerie in Linz gewürdigt.
[Bearbeiten] Reihen - Dossier, Essay
Seit der Gründung des Verlags sind mehrere Reihen gestartet worden, viele von ihnen werden weitergeführt, vor allem die Reihen Essay und Dossier. Jeder Dossier-Band ist einer führenden Persönlichkeit des österreichischen Literaturlebens gewidmet – bisher den Autoren Ilse Aichinger, H. C. Artmann, Wolfgang Bauer, Albert Drach, Gunter Falk, Barbara Frischmuth, Elfriede Gerstl, Peter Handke, Raoul Hausmann, Klaus Hoffer, Elfriede Jelinek, Gert Jonke, Michael Köhlmeier, Alfred Kolleritsch, Hans Lebert, Friederike Mayröcker, Peter Rosei, Gerhard Roth, Gerhard Rühm, Leopold von Sacher-Masoch, Michael Scharang, Werner Schwab und Josef Winkler. Und die Essay-Reihe, mit bisher 49 Titeln, soll in Einzelausgaben und Sammelbänden den literarischen Essay in seinen unterschiedlichsten Erscheinungsweisen als Kunstform präsentieren. Hier sind, immer in Erstausgaben, Texte von so herausragenden und unverwechselbaren Autoren erschienen wie Elfriede Czurda, Dorothea Dieckmann, William Gass, Hans-Jürgen Heinrichs, Felix Philipp Ingold, Birgit Kempker, Brigitte Kronauer, Miodrag Pavloviç, Schuldt, Jesper Svenbro, Yoko Tawada, Dieter Wellershoff, Paul Wühr und anderen.
Das Droschl-Programm ist nicht einfach, es gibt keine klare Linie, kein schlichtes Profil. Der neugierige Leser soll angesprochen werden, der, der etwas entdecken möchte, der Wortfixierte, dessen große Liebe der Sprache gehört, den Sprachen, den zahllosen verschiedenen Sprechweisen. Dieses Programm – das auch die Nationalbibliothek in Wien mit dem Ankauf des Archivs der ersten beiden Jahrzehnte würdigte – war das unformulierte Credo des Verlagsgründers Maximilian Droschl, der das Unternehmen mit bemerkenswerter Kontinuität die ersten 25 Jahre lang führte, und mit demselben Bekenntnis übernahm auch seine Nachfolgerin Annette Knoch, Max Droschls Tochter, im Mai 2003 die Geschicke des Literaturverlages.