Mühlviertler Hasenjagd
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Die so genannte Mühlviertler Hasenjagd war ein Kriegsverbrechen im nationalsozialistischen Österreich, bei der im Februar 1945 nationalsozialistische Verbände sowie Soldaten und Zivilisten entflohene sowjetische Offiziere nach einem Großausbruch aus dem KZ Mauthausen im Mühlviertel „jagten“ und ermordeten.
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[Bearbeiten] Verlauf
In der Nacht zum 2. Februar 1945 unternahmen ungefähr 500 Häftlinge, fast ausnahmslos sowjetische Offiziere, einen Fluchtversuch aus dem Todesblock 20 des KZs Mauthausen. Mit den Feuerlöschern ihrer Baracke und diversen Wurfgeschossen (Decken, Brettern) griff eine Gruppe die beiden Wachtürme an, während eine zweite Gruppe mit feuchten Decken und Kleidungsstücken den elektrischen Zaun kurzschloss. Dann kletterten die Häftlinge über die Mauer. Viele der ausgehungerten Flüchtlinge brachen bereits kurz nach der Mauer erschöpft im Schnee zusammen oder starben im Kugelhagel der Maschinengewehre. Alle, die nicht in die Wälder entkommen konnten, und 75 im Block zurückgebliebene Kranke wurden in derselben Nacht noch exekutiert.
Nur etwa 150 von ihnen gelang vorerst die Flucht.
Noch am selben Morgen rief die SS-Lagerleitung eine Treibjagd aus, an der sich neben SS, SA, Gendarmerie, Wehrmacht, Volkssturm und Hitler-Jugend auch die aufgehetzte Zivilbevölkerung der Umgebung beteiligten. Das Ziel dieser drei Wochen langen Hetzjagd war, „niemanden lebend ins Lager zurückzubringen“.
Der Großteil der Flüchtigen wurde aufgegriffen und meistens an Ort und Stelle erschossen oder erschlagen. Die getöteten Häftlinge wurden nach Ried in der Riedmark, dem Stützpunkt der Jagd, gebracht und dort zu einem Haufen gestapelt - wie bei Treibjagden Tradition. Mitglieder des Volkssturms, die Gefangene zurück zum KZ brachten, wurden beschimpft, weil sie diese nicht sogleich erschlagen hatten.
Es ist nur von 11 Offizieren bekannt, dass sie die Menschenjagd überlebten. Einzelne Bauernfamilien und zivile ausländische Zwangsarbeiter versteckten trotz des extrem hohen Risikos Häftlinge oder versorgten die in den umliegenden Wäldern versteckten Flüchtlinge mit Nahrungsmitteln. Drei Monate später ging der Krieg zu Ende, und die Häftlinge waren in Sicherheit.
Von der SS wurde diese Menschenjagd „Mühlviertler Hasenjagd“ genannt. Der Ausbruch selbst und die Tatsache, dass einigen die Flucht gelungen ist, stellt einen einzigartigen Vorfall in der Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen dar.
[Bearbeiten] Film
Die Geschehnisse wurden 1994 vom Regisseur Andreas Gruber unter dem Titel Hasenjagd – Vor lauter Feigheit gibt es kein Erbarmen verfilmt.
[Bearbeiten] Literatur
- Elisabeth Reichart: Februarschatten. Müller, Salzburg und Wien 1995, ISBN 3-7013-0899-3
- Walter Kohl: Auch auf dich wartet eine Mutter. Die Familie Langthaler inmitten der „Mühlviertler Hasenjagd”. Verlag Franz Steinmassl, Grünbach 2005, ISBN 3-902427-24-8
[Bearbeiten] Weblinks
- KZ-Gedenkstätte Mauthausen mit genauen Schilderungen der Abläufe, Bildern und Zeugenberichte
- Ausschnitte aus der Dokumentation der Gedenkstätte KZ Mauthausen (PDF) mit Berichten von Zeitzeugen und Zitaten aus Originaldokumenten
- Bericht vom Bundesministerium für Inneres
[Bearbeiten] Siehe auch
- „Hasenjagd“ in Celle (Massaker an KZ-Häftlingen, 8.–10. April 1945)