Manifest - latent

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Mit den Adjektiven manifest (von lateinisch manifestus, "handgreiflich gemacht") und latent (von lat. latens, "verborgen") werden in der Soziologie je nach Kontext folgende Gegensatzpaare bezeichnet:

der Gegensatz zwischen den behaupteten (manifesten) und tatsächlichen (latenten) Zielen bestimmter Handlungen;
der Gegensatz zwischen bewussten (manifesten) und unbewussten (latenten) Motiven;
der Gegensatz zwischen beabsichtigten (manifesten) und unbeabsichtigten (latenten) Ergebnissen von Handlungen.

Diese Definitionen sind nicht klar voneinander abzugrenzen, sondern gehen in einander über. In der soziologischen Literatur werden sie - teilweise auch bewusst - oft unscharf und nicht konsequent verwendet.

Etabliert wurde die Unterscheidung im Strukturfunktionalismus von Robert K. Merton, wo sie jeweils zur Kennzeichnung von Funktionen eines sozialen Systems diente. Sie geht jedoch zurück auf Formulierungen Sigmund Freuds.

Zitat: [...] die Unterscheidung zwischen manifesten und latenten Funktionen wurde konzipiert, um die in der soziologischen Literatur oft zu findende Verwechslung von bewussten Motivationen für soziales Verhalten und ihren objektiven Konsequenzen zu vermeiden. Unsere Untersuchung des aktuellen Wortschatzes von funktionalen Analysen hat gezeigt, wie leicht der Soziologe leider Motive mit Funktionen gleichsetzen kann. Weiter wurde gezeigt, dass Motiv und Funktion unabhängig voneinander variieren können, und dass die mangelnde Wahrnehmung dieser Tatsache in der etablierten Terminologie zu der Tendenz beigetragen hat, dass Soziologen die subjektiven Kategorien der Motivation mit den objektiven Kategorien der Funktion verwechseln. Dies ist der wichtigste Grund, warum wir [mit dem Begriffspaar "latent/manifest"] der nicht immer empfehlenswerten Praxis folgen, neue Begriffe in das schnell wachsende Vokabular der Soziologie einzuführen; einer Praxis, die von vielen Laien als ein Affront gegen ihre Intelligenz und ein Verstoß gegen das Gebot der allgemeinen Verständlichkeit empfunden wird. Aus: Merton 1957 (siehe unten), S. 60.

In Talcott Parsons' AGIL-Schema ist Latent Pattern Maintenance - also der "Erhalt eines latenten Musters" bzw. einer latenten Struktur - eine der vier Grundfunktionen jedes sozialen Systems.