Benutzer:Matthäus Wander
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[Bearbeiten] Der Rabe
Nach Edgar Allan Poe.
- Mitternacht war's schwarz und schaurig, lustlos saß ich träg und traurig
- stöbernd in uralten Büchern und die Augen wurden schwer.
- Plötzlich hörte ich ein Scharren und ein Klopfen und ein Knarren
- deutlich von der Türe her. Ein Besucher, dacht' ich, wo kommt der denn jetzt noch her?
- Ja, das dacht' ich, und nicht mehr...
- Ach, wie kalt fühl ich noch heute die Dezembernacht, ihr Leute,
- im Kamin die Flammenmeute warf Gespenster rings umher.
- Nutzlos der Versuch vor Morgen von der Büchern Trost zu borgen
- für die größte meiner Sorgen: ob Lenore ein Engel wär -
- ob Lenore, die ich verloren, wiederum ein Engel wär,
- jetzt im Himmel, hier nicht mehr...
- Doch das Wispern von Gestalten in den Purpurvorhangfalten
- weckte Angst mir vor Gewalten, die ich nie gespürt vorher.
- Herz, hör auf wie wild zu schlagen, lass es dir noch einmal sagen:
- ein Besuch ist für mich draußen, mich zu seh'n ist sein Begehr.
- Das ist alles und nicht mehr...
- So verschwand mein banges Zagen und ich konnte furchtlos sagen:
- Werter Herr, verehrte Dame, bitte gleich und bitte sehr,
- und verzeiht mir, denn ich machte grad ein Schläfchen und so sachte,
- dass ich wohl nicht gleich erwachte, war ihr Klopfen da vorher.
- Und mit diesen Worten riss ich weit die Türe auf:
- Alles leer und gar nichts mehr...
- Zu die Tür! Als ich erkannte, dass mein Herz wie Feuer brannte,
- hört' ich wieder dieses Pochen, etwas lauter als vorher.
- Schluss jetzt mit den Eskapaden! Richtig ja, der Fensterladen,
- nahm womöglich heute Schaden, dann kommt da das Pochen her.
- Auf stieß ich das hohe Fenster und wie rauschende Gespenster
- flatterte ein stolzer Rabe just aus alter Sage her...
- Keinen Gruß, keine Verbeugung, nicht die kleinste Gunstbezeugung -
- gleich mit hoheitsvoller Miene flog hinauf zur Türe er,
- setzt' sich auf die Pallastbüste, die dort thronte marmorschwer,
- flog und saß da, und nicht mehr...
- Etwas Pflege, alter Knabe, fehlt zu deinem Wohlgehabe,
- aber sag mir, grimmer Rabe, Wanderer aus Plutos Sphär' -
- sag, welch edlen schwarzen Namen gab man dir in Plutos Sphär'?
- Sprach der Rabe: nimmermehr!
- Und dann schwebten durch die Lüfte plötzlich wundersame Düfte
- und Serafins Schritte klangen aus des Raumes Tiefe her.
- Himmel!, rief ich, sieh!, Gott sendet einen Engel her
- und spendet dir Vergessen und so endet die Erinnerung an Lenore.
- Trink!, oh trink das freundliche Vergessen, setz nicht länger dich zur Wehr!
- Sprach der Rabe: nimmermehr!
- Bleib! Dies war dein Abschiedszeichen, Teufelsvogel ohne Gleichen,
- lass dich nicht mehr bei mir sehen, kehr zurück nach Plutos Sphär'!
- Pack dich, hörst du, du sollst fliegen, und lass keine Feder liegen
- als Beweisstück der Intrigen, pack dich ohne Wiederkehr!
- Friss nicht weiter mir am Herzen, pack dich ohne Wiederkehr!
- Sprach der Rabe: nimmermehr!
- Friss nicht weiter mir am Herzen, pack dich ohne Wiederkehr!
- Sprach der Rabe: nimmermehr!
- Und der Rabe, er fliegt nimmer, sitzt noch immer, sitzt noch immer
- auf der bleichen Pallastbüste, über'm Türsims wie vorher.
- In den bösen Blick verwoben eines Dämons Träume toben
- und das Licht wirft mir den groben rabenschwarzen Schatten her.
- Es erhebt sich aus dem Schatten aus des Rabens Schatten her
- meine Seele nimmermehr...