Mungiki
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Mungiki heißt "Masse" - und zu einer Massenbewegung hat sich in Kenia die vorher belächelte oder verhöhnte Jugendbewegung mittlerweile gemausert. Der Weg der Bewegung verlief vom sozial-politischen Aktionsprogramm in die Kriminalität.
Die traditionalistische Mungiki-Gruppierung hat sich ab etwa 1985 meist unter den jungen und verarmten Kikuyu besonders in den Slums schnell verbreitet. Zu Hilfe kam ihr dabei, dass mit der neuen Demokratiebewegung ab 2002 eine Art Machtvakuum durch weniger Polizeipräsenz entstanden war. Die Jugendsekte versucht in Aussehen und Geheimritualen an den großen Mau-Mau-Aufstand der fünfziger Jahre anzuknüpfen. Zunächst war die Sekte eine soziale Bewegung, die für Sicherheit, Anti-Korruption, konkrete Hilfe und Wertorientierung stand. So betrieb Mungiki Musterfarmen für arme Bauern. Dies änderte sich aber bald. Ihr Mitbegründer und Anführer war der etwa 1970 geborene Hezekiah Ndura Waruinge, ein Enkel des berühmten Mau-Mau-Generals Waruinge.
13 der Führer (u.a. auch Waruinge) traten 2002 in einer als radikal geltenden schiitischen Moschee von Mombasa zum Islam über. Islamische Führer der verschiedenen Flügel haben sich sowohl für als auch gegen die Sekte ausgesprochen.
Schon unter der Regierung von Präsident Moi war die Sekte im März 2002 erfolglos verboten worden. Die Sekte lebt im Untergrund und mag heute schätzungsweise zwei Millionen Anhänger haben. Waruinge hat mittlerweile die Gruppe verlassen (stützt sie aber noch), ist als "Ibrahim" islamischer Prediger geworden und plant, bei den nächsten Wahlen 2007 den Parlamentssitz von Raila Odinga im Kibera-Slum zu erobern. Zunächst aber muss er noch eine Strafe im Gefängnis absitzen; es war ihm im Dezember 2006 vor dem Berufungsgericht nicht gelungen, das Verfahren wieder zu eröffnen.
Die häufig durch Brandstiftungen, Zwangs-Beschneidungen, Schutzgeld-Erpressung oder Mord gewalttätig werdenden Mitglieder verlangen, alles Christliche abzulegen und zu traditionellen afrikanischen Bräuchen bzw. zur Stammesreligion zurückzukehren. So praktizieren Mungikis Polygamie und zwingen Mädchen und Frauen zur (offiziell) längst aufgegebenen Beschneidung bzw. Genitalverstümmelung, selbst wenn diese keine Anhänger der Sekte sind. Tabak und Alkohol, aber auch Hosen und Miniröcke für Frauen sind verboten. Es kann vorkommen, dass Frauen westliche Kleider öffentlich vom Leib gerissen werden. Dissidenten, die sich wieder von der Sekte befreit haben, wurden in Dutzenden von Fällen brutal ermordet.
2002 wurde in Kenia mit dem “Childrens Act” eine moderne Kinderschutzgesetzgebung verankert. Hiernach ist die Genitalbeschneidung an unter 16-Jährigen Mädchen gesetzlich verboten und wird in Artikel 14 unter Strafe gestellt. Es ist nicht bekannt, ob dieser Artikel vor Gericht schon einmal zur Anwendung kam. Dagegen sind nach Feststellungen von amnesty international Mungiki-Mitglieder schon wegen Mordes verurteilt worden. Die kenianische Regierung hat im Übrigen einen “Nationalen Aktionsplan zur Abschaffung der [weiblichen] Genitalbeschneidung von 1999 bis 2019” aufgestellt.