Neopsychoanalyse
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Die Neopsychoanalyse (englisch: Neo-Freudian) ist die Weiterentwicklung der Psychoanalyse von Sigmund Freud. Sie hat sich der Individualpsychologie angenähert und Konzepte von Alfred Adler integriert. Die Neo-Psychoanalytiker haben keine Schule gebildet. Jeder hatte eigene Theorien, Stufenmodelle und Konzepte, die von bestimmten Grundideen Freuds abwichen.
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[Bearbeiten] Geschichte
In den zwanziger Jahren gab ein wachsender Pessimismus über die therapeutische Wirksamkeit der Psychoanalyse Anlass, die psychoanalytische Behandlungsmethode neu zu überdenken. In den USA gaben Kulturvergleiche den Anstoß, die gesellschaftlichen und kulturellen Aspekte bei der Behandlung psychischer Störungen einzubeziehen.
Der aufkommende Faschismus in Europa zwang viele der führenden Psychologen (Adler, Freud, Fromm, Horney) in die Emigration. 1926 übernahm Alfred Adler eine Gastprofessur an der Columbia University in New York und führte eine rege Vortragstätigkeit in den USA durch. Beides trug dazu bei, dass die Erkenntnisse der Psychologie damals in den USA eine grössere Verbreitung fanden, als in Europa.
1943 gründeten Frieda Fromm-Reichmann, Erich Fromm, Harry Stack Sullivan, Clara Thompson und Janet und David Rioch das William Alanson White Institute of Psychiatry, Psychoanalysis and Psychology in New York. Dies war das erste Institut der loyalen Opposition zum psychoanalytischen Establisment in den USA.
[Bearbeiten] Vertreter der Neopsychoanalyse
Karen Horney (1885-1952), Psychotherapeutin, bezog die Erkenntnisse der Soziologie und der Kulturanthropologie ein und wies auf den soziokulturellen Einfluss bei der Entstehung von Neurosen hin.
Frieda Fromm-Reichmann (1889-1957), Psychiaterin und Psychotherapeutin, gilt als Pionierin der analytisch orientierten Psychotherapie (Intensive Psychotherapie) und der Behandlung von Schizophrenie.
Harry Stack Sullivan (1892-1949), Psychiater, begann bereits 1925 mit der Behandlung psychotischer Patienten. Er hob den interpersonalen Bezug und den kulturellen Faktor bei der Persönlichkeitswerdung hervor.
Clara Thompson (1893-1958), Psychotherapeutin und Ärztin, trug als Begründerin des William-Alanson-White-Instituts in New York und mit unzähligen Publikationen und Vorträgen wesentlich zur Verbreitung der neopsychoanalytischen Bewegung bei.
Erich Fromm (1900-1980), Soziologe und Psychoanalytiker, stellte die Wechselwirkung von Individuum und Gesellschaft in den gesellschaftlich-ökonomischen Rahmen und leitete davon den für jede Gesellschaft typischen Sozialcharakter ab.
Erik H. Erikson (1902-1994), Psychologe und Psychoanalytiker, widmete sich besonders der Kinderpsychologie und verfasste das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung.
Schultz-Hencke (1892-1953), Arzt und Psychotherapeut, beschäftigte sich eingehend mit Fragen wie Antrieb und Hemmung und mit der Therapie von Psychosen sowie der Interpretation von Träumen.
[Bearbeiten] Literatur
- Clara Thompson, Die Psychoanalyse: ihre Entstehung und Entwicklung, Dt. Erstauflage im Pan-Verlag, Zürich 1952, ISBN 3-85999-011-X
- Jack L. Rubins, Karen Horney – Sanfte Rebellin der Psychoanalyse, Fischer Tb., ISBN 3-596-25624-0
- Karen Horney, Neue Wege in der Psychoanalyse, Kindler Tb., ISBN 3-463-02090-4
- Harry Stack Sullivan, Die interpersonale Theorie der Psychiatrie, Fischer Tb., ISBN 3100765044
- Josef Rattner (Hrsg.), Pioniere der Tiefenpsychologie, Europaverlag, ISBN 3-203-50715-3